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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied
Autoren: Nalini Singh
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wurde, innerhalb von weniger Minuten aber schon wieder einsatzbereit war. Seinem Kopf war ein neuer Körper gewachsen, der alte hatte sich in Staub verwandelt.
    Eine Armee, gegen die kein Erzengel gern antreten würde.
    »Wir brauchen Quartiere für die Legion«, wandte sich Raphael an Dmitri.
    »Sire?«, meldete sich Handschwinge leise. »Wir schlafen nicht«, fuhr er fort, als Raphael ihm mit einem Nicken die Erlaubnis zum Sprechen erteilt hatte. »Wir schlafen nur, wenn es für uns Zeit ist, die Welt zu verlassen.«
    »Esst ihr?«, fragte Dmitri »Braucht ihr Wasser?«
    Eine weitere Pause, wie man sie manchmal bei älteren Engeln beobachten konnte, die erst einmal in ihren Erinnerungen forschen mussten, ehe sie eine Antwort parat hatten. »Ja.« Handschwinge schien selbst überrascht. »Wenn wir wach sind, müssen wir uns Energie zuführen. Aber wir können tagelang kämpfen, ohne zwischendurch ruhen oder Nahrung zu uns nehmen zu müssen.«
    Ich regele das mit der Logistik,
versicherte Dimitri Raphael mental. »Auch wenn ihr vielleicht keine Schlafplätze braucht«, wandte er sich danach an Handschwinge, »solltet ihr doch einen Ort haben, wo eure Männer und Frauen …« Er runzelte die Stirn. »Ich sehe keine Frauen.«
    »Wir sind die Legion«, kam die Antwort, als sei das Erklärung genug.
    Dmitri zog die Brauen hoch. »Auf jeden Fall braucht ihr einen Platz, wo ihr euch versammeln könnt.«
    »Ja«, sagte Handschwinge nach einer weiteren Pause – anscheinend hatte sein Geist die Jahre des Schlafs noch nicht ganz abgeschüttelt. »Wir … uns geht es nicht so gut, wenn wir so bald nach dem Erwachen von der Gruppe abgeschnitten werden.«
    »Nicht weit vom Turm gibt es zwei direkt nebeneinander liegende Lagerhäuser«, sagte Dmitri. »Wir benutzen sie als Vorratskammern, aber sie lassen sich leicht säubern und wären für eine vorübergehende Unterbringung durchaus geeignet.« Ein rascher Seitenblick auf Handschwinge. »Es sei denn, das ist euch zu primitiv? Ich rede hier von zwei leeren, großen Räumen, eigentlich nur jeweils vier Wände und ein Dach.«
    »Oh, das reicht vollkommen.«
    Die Lagerhäuser konnten nur eine vorübergehende Lösung sein, das war Raphael klar. Die Räume waren einfach nicht für über siebenhundert geflügelte Wesen gedacht, selbst wenn sich die Legionäre nur gruppenweise dort aufhielten. »Jetzt, da ihr wach seid, wie lange plant ihr zu bleiben?«, fragte der Erzengel.
    »Bis es Zeit wird, wieder zu schlafen.«
    Der Typ verdient auf jeden Fall einen Preis für mysteriöse Sprüche.
    Bei Elenas trockenem Kommentar konnte sich Raphael ein Schmunzeln nur mühsam verkneifen. »Sobald die Reparaturarbeiten in der Stadt und am Turm beendet sind, bauen wir euch eine euren Bedürfnissen angemessene Wohneinheit.« Raphael war Eigentümer eines großen Teils von Manhattan, ihm gehörte hier mehr Grund und Boden, als den meisten Leuten klar war. Es schien richtig und angemessen, die geheimnisvollen Grauen in Turmnähe unterzubringen. »In der Zwischenzeit seid ihr im Turm willkommen. Ihr gehört jetzt zu meinen Leuten.«

Epilog
    Fünf Tage lang hatte tiefe Trauer über der Stadt gelegen, während eine blumengeschmückte Bahre nach der anderen zur Zufluchtsstätte aufbrach und die gefallenen Jäger und Vampire begraben wurden. Elena hasste Beerdigungen – woran das lag, war leicht zu verstehen – aber sie nahm an jeder einzelnen teil, ebenso wie alle anderen überlebenden Krieger, die nicht ans Krankenbett gefesselt waren.
    Wir erweisen den Gefallenen die größte Ehre, wenn wir die Stadt wieder ins Leben zurückholen, bis in den Parks wieder Kinder spielen und in den Straßen Liebespaare spazieren gehen, während hoch oben Engel um die Wolkenkratzer kreisen und die Blutsverwandten ohne Furcht den Kuss des Lebens teilen können. Unsere Gefallenen starben, um dieses Leben zu verteidigen. Das dürfen wir nie vergessen.
    Diese Worte hatte der immer noch schwer verletzte Aodhan am Grab eines Vampirkommandanten gesprochen, der sein Freund gewesen war. Alle hatten sie sich zu Herzen genommen. In den vergangenen achtundvierzig Stunden war der Wiederaufbau der Stadt mit Höchstgeschwindigkeit vorangetrieben worden, was sehr viel zur Heilung aller Wunden beitrug. Aber Elena wusste, dass die endgültige Heilung der körperlichen und seelischen Verletzungen noch viel Zeit in Anspruch nehmen würde.
    Sie persönlich hatte Glück gehabt – verdammt großes Glück. Ihre engen Freunde in der Stadt und
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