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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied
Autoren: Nalini Singh
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einfach zu schön, wenn es diese Königin der Zombies wirklich nicht mehr gäbe.«
    Das sah Raphael genauso. Und dennoch: »Die Regeln für den Krieg wurden vor langer, langer Zeit aufgestellt«, erklärte er Elena, wobei er sich aber auch noch einmal selbst ins Gedächtnis rufen wollte, warum es diese Vereinbarungen gab. »Nach Erzengelkriegen, an die sich niemand mehr erinnert. Die Kriege finden zwischen Erzengeln statt, aber den endgültigen Tod auf dem Schlachtfeld finden die Engel und Vampire, die in unserem Dienst stehen.«
    Der General, den er enthauptet hatte, war ganz wie erwartet geborgen worden. Aber im Wasser trieben unzählige Vampire und gewöhnliche Engelskrieger, die niemand mehr retten konnte. Mindestens ebenso viele hatten in den Straßen der Stadt ihr Leben gelassen. »Man erzählt, dass wir während der Kriege damals achtzig Prozent unserer Bevölkerung verloren hatten. Nur die Erzengel und Nichtkombattanten überlebten. Niemand hat das Blut je vergessen, das damals an den Händen des Kaders klebte.«
    »Okay«, flüsterte Elena, die ganz bleich geworden war. »Okay, jetzt verstehe ich.«
    »Jasons Schwadron wird sie aus unseren Hoheitsgewässern hinausbegleiten.« Raphael strich mit seinem Flügel über den von Elena. »Wir müssen uns jetzt mit dieser seltsamen Truppe befassen und herausfinden, welchen Preis sie für die heutige Hilfe verlangen.«
    Seite an Seite wandten sie sich ihrer Stadt zu.

45
    Die Grauen waren auf Hausdächern gelandet. So weit das Auge reichte, sah man sie dort sitzen, lebenden Wasserspeiern gleich, wodurch das gesamte Stadtbild verändert wirkte. Vielen saßen Vögel auf Schultern und Köpfen, schweigend und aufmerksam.
    »Hast du so etwas jemals schon gesehen?«, erkundigte sich Elena bei Raphael. Sie hatte versucht, sich einen Reim auf die ganze Sache zu machen, aber bislang war ihr das nicht gelungen.
    Soweit sie die Grauen während der Schlacht hatte beobachten können, waren diese einheitlich farblos: graue Augen, blasse, weiche Haut, graue Haare, graue Flügel. Und doch waren sie menschenähnlich, mit klaren Gesichtszügen und markantem Knochenbau, wie die Unsterblichen. Nur ihre Flügel waren ganz anders als die anderer Engel, denn sie waren nicht gefiedert, sondern schienen aus einem lederähnlichen Stoff geformt, der Elena an die Flügel von Fledermäusen erinnerte. Auch von der Form her glichen diese Flügel eher denen dieser nachtaktiven Flugtiere als denen der Engel.
    »Nein.« Raphael hatte lange nachgedacht, ehe er antwortete. Über den beiden zogen schwarze Wolken dahin. Es schneite, ein schwerer, weißer Vorhang senkte sich über die Stadt. Die Sonne war nicht mehr zu sehen, die ganze Welt war in Dunkelheit gehüllt.
    Der perfekte Hintergrund für diese seltsamen Wesen, die sich jetzt überall in New York befanden.
    »Nein«, wiederholte Raphael. »Die Grauen sind mir ein Rätsel.« Seine lebhaften blauen Augen nahmen die gespenstische Szene aufmerksam in sich auf. Wie still es in der Stadt geworden war, als wohnten hier nicht zahllose Seelen. »Komm.«
    Keiner der grauen Engel hielt sie auf, als Elena mit Raphael und Illium durch das Schneetreiben hindurch zurück zum Turm flog. Auf dem Turmbalkon stellte sich Elena neben Raphael. Sie richteten den Blick auf Manhattan. Dmitri trat schweigend neben sie, während Illium als geflügelte Wache fungierte. Naasir war noch unterwegs, er kümmerte sich wohl um die feindlichen Vampire, die sich nach wie vor in der Stadt aufhielten.
    Tritt zusammen mit mir einen Schritt vor, Elena.
    Ohne eine Erklärung zu verlangen, kam Elena Raphaels Bitte nach. Wahrscheinlich ging es hier mal wieder um das Engelsprotokoll … Richtig: Kaum waren sie einen Schritt vorgetreten, da löste sich einer der Grauen von einem nahe gelegenen Dach und kam zu ihnen herübergeflogen. Er war groß und breitschultrig, seine Flügel bewegten sich lautlos im Schneefall, die Haare reichten ihm bis in den Nacken – Elena hätte ihn nicht von den anderen unterscheiden können. Als seien sie alle nach derselben Schablone hergestellt worden, einer wie der andere.
    Er landete direkt vor ihnen, hielt sein Schwert waagerecht vor den Körper und ließ sich mit gesenktem Kopf auf das rechte Knie fallen.
    Elena musste sich auf die Unterlippe beißen, um einen erstaunten Aufschrei zu unterdrücken.
Siehst du das Zeichen in seinem Nacken?,
fragte sie Raphael. Denn im Nacken des Mannes waren schwarze Linien sichtbar geworden, als das staubig graue Haar
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