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Engelsgesicht

Engelsgesicht

Titel: Engelsgesicht
Autoren: Jason Dark
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zahlreichen Eindrücke, die ihn überrascht hatten.
    Dann hörte er eine Männerstimme, die aber nicht John Sinclair gehörte. Der Mann meldete sich von einem zweiten Eingang her, hinter dem wohl wieder eine andere Welt lag.
    »Seid ihr denn wahnsinnig!«, keuchte er. »Um Himmels willen, seid ihr denn alle wahnsinnig? Das darf nicht wahr sein! Ihr könnt euch doch nicht verstümmeln! Das ist gegen das Leben. Das ist ein Affront gegen Gott!«
    Schon an der Stimme hatte Suko den Pfarrer erkannt. Lintock verließ seine dunkle Insel und bewegte sich in den Schein der leicht flackernden Flammen hinein. Er sah aus wie jemand, der aus der Kältekammer in einen heißen Ofen hineintrat. Die Augen starrten voller Entsetzen, das Gesicht war totenbleich, er schüttelte fassungslos den Kopf und verharrte dann.
    »Keine Sorgen, Mr. Lintock, das bekommen wir in den Griff«, erklärte Suko.
    Ob der Pfarrer zugehört hatte, war nicht klar. Jedenfalls drehten sich dessen Gedanken um eine andere Person. »Wo?«, keuchte er, »wo ist meine Tochter? Wo ist sie?« Die Frage klang wie ein Aufschrei. »Habt ihr sie schon getötet? Oder hat sie sich selbst umgebracht? Verflucht noch mal, ich will wissen, wo sie ist!«
    Suko gab ihm die Antwort mit ruhiger Stimme. »Sie ist in das Museum gelaufen.«
    »Warum?«
    »Ist nicht wichtig.«
    »Doch! Denn ich...«
    »Sie wird überleben, Mr. Lintock.« Suko kümmerte sich nicht mehr um den Mann, denn eine andere Person stand längst auf seiner Liste. Es war das in der Wanne stehende Engelsgesicht. »Nicht wahr, Lisa Barton, sie wird überleben.«
    Die Nachfolgerin der ungarischen Blutgräfin antwortete nicht. Sie lächelte plötzlich, und Suko hatte den Eindruck, es mit einer Wahnsinnigen zu tun zu haben. Dieses Lächeln war nicht normal. Man konnte es als faunisch und hintergründig bezeichnen. Es machte ihr auch nichts aus, sich nackt zu zeigen. Sie bewies zudem, was sie eigentlich vorhatte, und fing wieder damit an, mit den Handflächen das Blut auf ihrem Körper zu verteilen.
    Es war plötzlich ruhiger geworden. Niemand sprach. Auch der Pfarrer hielt sich zurück. Er und auch Suko spürten, dass die nächsten Minuten dem Auftritt der Lisa Barton gehörten.
    »Ich bestimme die Regeln!«, erklärte sie mit scharfer und flüsternd gesprochener Stimme. »Ich lasse mir meine Welt nicht zerstören, versteht ihr? Ich will es nicht. Ich bin mächtig, und wir alle zusammen sind noch mächtiger. Es ist mir scheißegal!«, schrie sie, »wessen Blut fließt. Das Blut gehört mir, nur mir!« Sie schlug mit der flachen Hand zweimal gegen ihr Schlüsselbein.
    »Sie werden kein Blut mehr bekommen!«, erklärte Suko. »Das Spiel ist vorbei. Zwei Tote reichen. Zwei junge Frauen in der Blüte des Lebens. Sie werden sich damit abfinden müssen, dass es für Sie kein Blut mehr gibt.«
    Lisa lachte schrill. »Wer sagt das? Du? Sagst du das, verdammter Chinese?«
    »Genau.«
    Lisa lachte ihm ins Gesicht. »Weißt du, was meine Freundinnen mit dir machen? Schau auf ihre Messer. Damit werden sie dich erstechen. Darauf kannst du dich verlassen. Du wirst keine Chance haben!« Sie reckte ihr Kinn vor. »Und dieser verdammte Pfarrer auch nicht!«
    Lintock hatte zugehört. Leicht geduckt stand er auf seinem Platz zwischen den Kerzen. »Krank!«, keuchte er ihr zu. »Sie sind krank, Lisa Barton.«
    »Krank? Nein, nein, ich bin völlig gesund. Ich bin etwas Besonderes und Großes. Ich will sein wie mein Vorbild, und das habe ich schon so gut wie erreicht.«
    »Wer ist es?«, fragte Suko.
    In der Wanne stehend breitete sie die Arme aus wie ein Guru, der seine Gemeinde begrüßen wollte. »Bathory!«, rief sie in den Raum hinein. »Elisabeth Bathory. Eine Adelige, die in Ungarn gelebt hat. Es liegt schon einige Jahrhunderte zurück, aber ihr Schatten reicht weit, sehr weit sogar. Bis hinein in unsere Zeit. Er hat mich getroffen, und ich fühle mich in seiner Nähe wohl.«
    »Ich kenne die Frau nicht!«, erklärte der Pfarrer.
    »Aber ich«, sagte Suko. »Die Bathory wurde auch die Blutgräfin genannt. Sie war ebenso schlimm wie der Vlad Dracula. Sie berauschte sich am Blut junger Mädchen und Frauen. Sie glaubte fest daran, dass nur deren Blut ihr die Frische und die Schönheit erhalten würden. Soviel zu dieser Bathory.«
    »Oh nein!« Der Pfarrer stöhnte auf. »Jetzt verstehe ich. Jetzt ist mir vieles klar. Sie hat hier das Gleiche vor – oder?«
    »So ist es!«
    Lisa lachte leise. »Ihr seid schlau, Kompliment. Nicht jeder
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