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Engelsgesicht

Engelsgesicht

Titel: Engelsgesicht
Autoren: Jason Dark
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Raum weiter unten hörte ich Geräusche, von denen ich mich nicht ablenken ließ.
    Lisa hatte längst ihre Freundin Silvia entdeckt, die leblos auf dem Boden lag. »So bin ich nicht, Bulle. Keine Sorge, ich bin anders.«
    »Weiß ich. Du bist feige!«
    Ich wollte sie provozieren, und ich schaffte es auch. Sie sah aus, als wollte sie mich anspringen, dann aber zog sie sich mit einer blitzschnellen Bewegung zurück.
    Ich hatte meine Beretta weggesteckt, denn auch Lisa war nicht bewaffnet gewesen. Das änderte sich in den folgenden Sekunden. Bevor ich mich versah, hatte sie sich eine Waffe geschnappt. Es war eine Folterlanze, die sicherlich im Feuer noch heiß gemacht wurde, bevor sie in Aktion trat. Als sie die Waffe festhielt, da sah ich zum ersten Mal eine Regung in ihrem Gesicht.
    Hass strahlte mir entgegen. Ein menschenverachtender Hass, und sofort griff sie an.
    Sie stürmte auf mich zu. Die Distanz war nicht groß. Sie hätte mich rammen können, aber sie tat etwas ganz anderes. Sie schleuderte die Waffe nach vorn, um mich in Höhe des Gürtels zu treffen.
    Ich wich aus. Dennoch erwischte die Lanze meine Kleidung. Sie rammte durch meine Jacke an der Seite. Es riss mich durch ihr Gewicht in die Schräglage, und ich musste sie los werden.
    Als ich zugriff, trat mich Lisa. Der Fußtritt schleuderte mich auf die andere Seite. Die Lanze hatte nicht nur die Jacke aufgerissen, sondern auch die Tasche an der linken Seite. Zusammen mit dem Futter. Und durch diese Lücke war das Messer gefallen.
    Lisa Barton sah es. Und sie griff zu. So schnell, dass ich es nicht verhindern konnte. Aus ihrem Mund drang dabei ein schriller Triumphschrei. Sie zog sich zurück, um aus meiner Reichweite zu entkommen.
    Ich lag halb und saß halb am Boden. Eine nicht eben günstige Lage, aus der ich zuschaute, wie sie die Klinge aus dem Holzgriff zog und dabei vor Freude bibberte.
    »Kehle... ich schneide dir die Kehle durch!« Sie fuchtelte mit dem Messer und visierte mich an.
    Das Engelsgesicht war noch immer ein Mensch, aber sie fühlte anders. In ihr musste ein Tier ausgebrochen sein, das sie in einen wahren Blutrausch versetzt hatte. Möglicherweise war sie wirklich vom elenden Geist der Bathory erwischt worden.
    Mit dem Messer in der Hand stürzte sie mir entgegen. Ich war durch die verdammte Behinderung noch nicht dazu gekommen, meine Pistole zu ziehen und wehrte mich zunächst mit den Füßen, die ich von links nach rechts schlug.
    Damit geriet ich zwischen Lisas Beine. Sie stolperte, aber sie fiel auch hin.
    Ich riss die Arme hoch, winkelte sie an und versuchte, die Frau mit den Ellenbogen abzuwehren. Es gelang mir zwar, aber es gelang mir nicht völlig, denn die scharfe Klinge schlitzte den Jackenärmel auf, auch das Hemd darunter und hackte in die Haut.
    Ich stand unter einem derartig starken Stress, dass ich den Schmerz nicht spürte. Für mich ging es jetzt um das reine Überleben, denn Lisa sollte nicht gewinnen.
    Sie holte wieder aus.
    Da traf sie meinen rechten Fuß. Der Tritt brachte sie aus dem Gleichgewicht. Sie stolperte zurück. Es dauerte, bis sie sich gefangen hatte, und in dieser Zeit zog ich meine Beretta.
    Mit einer raschen Drehung fuhr Lisa Barton herum. Sie sah mich, aber sie sah auch meine Waffe. Sie senkte den Blick, sah das kleine Loch der Mündung, und dann schüttelte sie den Kopf.
    »Nein, nein, Bulle, du hältst mich nicht auf. Nicht mich. Nicht Lisa Barton. Ich gewinne immer, verstehst du?«
    »Gewonnen hat auch die Blutgräfin nicht!«
    »Darin unterscheide ich mich von ihr.« Plötzlich hatte sie kein Interesse mehr, mich anzugreifen. Sie schritt einfach zurück, und wenn sie so weiterging, würde sie den Ausgang erreichen.
    Entkommen lassen wollte ich sie nicht. Ich kam nur nicht so schnell auf die Beine, weil die Lanze in meiner Kleidung feststeckte und mich behinderte.
    »Keinen Schritt mehr!«
    »Leck mich, Bulle!«
    Ich brauchte keinen zweiten Befehl mehr zu geben. Lisa wollte es nicht anders. Sie drehte sich um. Sie rannte weg.
    Ich schoss!
    Es war genügend Helligkeit vorhanden, um auch zielen und das Ziel treffen zu können. Die Kugel schlug von hinten her in ihren rechten Oberschenkel hinein.
    Mitten im Lauf war Lisa erwischt worden. Zuerst hatte es ausgesehen, als würde sie noch weiterlaufen. Nach einem Schritt klappte sie zusammen und landete auf dem Boden.
    Lisa entkam mir nicht mehr. Ich erhielt die Zeit, mich von der verdammten Lanze zu lösen. Dabei riss ich noch ein Stück meiner Jacke ab,
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