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Engelsfeuer

Engelsfeuer

Titel: Engelsfeuer
Autoren: Jana Oliver
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Als er sie sah, kam er auf ihre Nische zu.
    »Hey«, sagte sie, unsicher, wie es zwischen ihnen stand.
    »Ich würde gerne mit dir reden. Ist das okay?«, sagte er ernster als gewöhnlich.
    »Klar.« Riley klappte ihr Buch zu und fragte sich, was er wollte.
    »Möchtest du noch eine heiße Schokolade?«
    Sie nickte, und sei es nur, um Zeit zu gewinnen und sich auf das vorzubereiten, was jetzt kam. Er wirkte nicht wütend oder feindselig, so dass es vielleicht ein gutes Gespräch werden würde, oder zumindest keines, das sie beide anschließend bedauern würden.
    Riley beobachtete Simon, als er am Tresen wartete, um die Bestellung aufzugeben. Er wirkte so viel älter als damals, als sie sich zum ersten Mal im Tabernakel getroffen hatten, obwohl seitdem nur ein paar Monate vergangen waren. Älter, stärker, mit mehr Narben als zuvor. Sie fühlte sich genauso.
    Ihr Exfreund schob sich auf die Bank, nachdem er ihr den Becher gereicht hatte. Als er nicht sofort anfing zu sprechen, naschte sie von den Schokoraspeln auf dem üppigen Haufen Schlagsahne.
    Schließlich räusperte er sich, fragte sie, wie es ihren Augen gehe, und sie beide stimmten darin überein, dass sie aussah, als sei sie auf der Sonnenbank eingeschlafen. Dann erkundigte er sich nach Beck, und sie ließ ihn wissen, dass bei ihm auch alles in Ordnung war, ohne die letzte Neuigkeit über ihren Freund zu verraten. Das musste Beck selbst bekanntgeben.
    Als die Höflichkeiten ausgetauscht waren, kam Simon endlich auf das zu sprechen, was ihn bewegte. »Ich habe meine Gesellenprüfung bestanden. Heute Morgen habe ich Bescheid bekommen.«
    »Das ist ja großartig, Simon. Herzlichen Glückwunsch«, sagte sie vollkommen aufrichtig.
    »Ja, das ist es.«
    »Du klingst nicht sonderlich glücklich.«
    »Alles hat sich geändert. Es ist ein Erfolg, aber nicht mehr so einer, wie es früher gewesen wäre.« Seine schlanken Finger umschlangen den Keramikbecher. »Ich … bin nur noch zwei Wochen hier, dann verlasse ich Atlanta. Ich muss eine Zeit hier weg. Ich muss den Kopf klar bekommen.«
    »Oh«, erwiderte Riley überrascht. »Wo gehst du hin?«
    »Ich möchte ein paar heilige Stätten aufsuchen. Rom natürlich, Lourdes. Ich fahre nach Israel und dann …« Er zögerte, obwohl seine Augen jetzt strahlten. »Indien. Ich möchte mit einigen ihrer heiligen Männer sprechen. Und dann vielleicht nach Tibet. Die Mönche wissen vielleicht das ein oder andere.« Er schwieg, um einen Schluck Kaffee zu trinken. »Ayden schlug vor, ich könnte in Irland einige Steinkreise aufsuchen.«
    Der alte Simon hätte der Hexe niemals zugehört oder wäre bereit gewesen, sich in die Nähe von Plätzen oder Menschen zu begeben, die nicht seinen Glauben teilten. Das war ein riesiger Fortschritt.
    »Wenn du schon einmal dabei bist, könntest du auch einige Zeit mit einem Rabbi oder einem Imam verbringen«, schlug Riley vor. »Vielleicht kann einer dieser Leute dir helfen, einige Dinge in einem neuen Licht zu sehen. Wenn ich keinen Grund hätte, hierzubleiben, würde ich glatt mitkommen.«
    »Der Grund ist Beck, nicht wahr?«, fragte Simon, und ihre Blicke trafen sich.
    »Ja. Wir lieben uns. Es ist … gut.«
    »Freut mich, das zu hören«, antwortete er. »Wir hatten nie eine Chance.«
    »Nein, die hatten wir nie.«
    Es dauerte eine Weile, doch schließlich kramte sie sein angekokeltes Kreuz vom Boden ihres Rucksacks hervor. »Ich habe es neulich im Tabernakel gefunden. Ich dachte, du wolltest es vielleicht haben.«
    Simon streckte die Hand danach aus, doch dann zog er sie wieder zurück. »Bewahr es für mich auf, tust du das? Wenn … ich es eines Tages vielleicht zurücknehmen kann, wird es für mich wieder die Bedeutung haben, die es einst hatte.«
    »Nein, wenn du es jemals wieder trägst, wird es für etwas völlig Neues stehen. Dann wirst du deine Prüfung bestanden haben.«
    Als sie seine Hand ergriff, drehte er sie sanft um. »Das Mal der Hölle ist verschwunden«, stellte er fest. »Was ist mit deiner Seele?«
    »Sie gehört wieder mir.« Riley drehte ihre linke Hand um. »Das Mal des Himmels ist noch dort. Vermutlich sind sie noch nicht fertig mit mir.« Sie verschränkten ihre Finger. »Schreib mir, wenn du unterwegs bist, ja? Ich will wissen, wie es bei dir läuft. Ich meine es ernst.«
    »Mach ich. Du verstehst es besser als sonst irgendjemand.«
    Sie hielten einander noch einen Moment an den Händen, ehe Simon sie allein ließ, nachdenklich wie eh und je.
    Wenn du deinen
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