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Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Georg Haderer
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eine Tageslichtlampe gekauft, die dieser tatsächlich jeden Tag bei Arbeitsantritt einschaltete. Das grelle kühle Licht ließ das Büro von außen erscheinen wie das Treibhaus eines Marihuanazüchters. War Schäfer gut gelaunt, brummte er nach Einschalten der Lampe immer ein paar Minuten dieses Hank-Williams-Lied … I wandered so aimless, my life filled with sin, I wouldn’t let my dear saviour in. Then Jesus came like a stranger in the night, praise the Lord, I saw the light. I saw the light, I saw the light … Jemand klopft an die Tür.
    „Haben Sie gerade gesungen?“, fragte Kovacs grinsend, während sie einen Stuhl an den Schreibtisch stellte.
    „Nein … was gibt’s?“
    „Ist gerade gekommen“, Kovacs legte eine Akte auf den Tisch, die fast so dick war wie das Wiener Telefonbuch.
    Bergmann schlug das Deckblatt zurück und überflog die ersten paar Seiten.
    „Wiener Neustadt … liegt meines Wissens immer noch in Niederösterreich … was geht uns das an?“
    „Das ist der Fall von diesem Bürgermeister, der mit zwei Promille in ein Möbelhaus gekracht ist …“
    „Ja … das war in Niederösterreich, das war ein Unfall, das ist ein halbes Jahr her, also: was geht uns das an?“
    „Ein Freund des Opfers hat den Unfallhergang noch einmal untersucht und …“
    „Dieser wahnsinnige Richter?“
    „Genau der … jedenfalls hat er offensichtlich ein paar Ungereimtheiten und polizeiliche Versäumnisse aufgedeckt und die Staatsanwaltschaft so lange bearbeitet, bis sie den Fall wieder aufgenommen hat … und aufgrund einer möglichen Befangenheit der Ermittler dort …“
    „Die spinnen … der Alte ist hinüber, der gräbt in der Pension alte Akten aus und will nachweisen, dass Franz Fuchs ein Agent des Mossad war …“
    Kovacs kicherte – kicherte dämlich, fand Bergmann –, sie nahm die Akte und legte sie aufgeschlagen zurück. Bergmann starrte auf ein Foto des Unfallwagens von Lady Diana, aufgenommen im berühmten Pariser Tunnel. Darunter zum Vergleich der Mercedes des verunglückten Bürgermeisters inmitten zerfetzter Sitzgarnituren.
    „Nein, nicht mit mir“, sagte Bergmann, als wäre er ein Kind, das vor einem Teller Kohlgemüse sitzt.
    „Schreyer?“, fragte Kovacs schelmisch.
    Bergmann überlegte einen Augenblick. Schreyer. Schäfers Hofnarr. Ihr halbautistischer Inspektor, der sich zwar als wahres Recherchegenie etabliert hatte, aber in diesem Fall … nein, zu komplex … außerdem war der ohne seinen Herrn und Meister zu störanfällig.
    „Sie machen das“, Bergmann packte die Akte und drückte sie Kovacs in die Hände, „filtern Sie aus, was kompletter Schwachsinn ist, und erstellen Sie mir eine Kurzfassung … maximal zehn Seiten … zwei Tage?“
    Kovacs sah ihn verblüfft an. Offensichtlich hatte sie damit gerechnet, dass der Akt ein paar Wochen zur Belustigung im gesamten Dezernat rotierte und dann als krude Verschwörungsfantasie abgetan würde. Vielleicht meinte er das nur als Scherz. Nein, Bergmann machte in puncto Arbeit nie Scherze.
    „Sonst noch was?“
    „Ja … gibt’s …“
    „Nein, es gibt nichts Neues“, erwiderte Bergmann, ohne ihr in die Augen zu sehen.
    Jetzt blickt er auf die Wanduhr. Sieben nach elf. Drei Stunden, ohne eine Leistung erbracht zu haben, für die der Steuerzahler aufzukommen hat. So geht’s auch nicht. Er zieht einen Stapel Akten heran und legt sie nebeneinander auf die Tischplatte.
    Alsdann: Obdachloser mit Bruststich, dafür ohne Erinnerung, aufgefunden am 7. Mai am Lerchenfelder Gürtel auf der Grünfläche zwischen Straße und U-Bahn. Tatzeit gegen vier Uhr früh, entdeckt um halb sechs von einem Morgenspaziergänger – Typus Hundausführer, der regelmäßig die medial verkündeten grausigen Funde macht. Anschließend Notoperation, eine Woche später lag der Mann schon wieder im Billigwein-Koma in verwahrlosten Hauseingängen und pflegte das langsamere Sterben. Ohne Zeugen oder Zufall würden sie den Täter nicht kriegen. Bergmann platziert die Akte links oben auf der Tischplatte – die Ecke, wo die Prioritäten so hoch sind wie seine momentane Motivation.
    Fall zwei: Ein toter Kroate am Hernalser Gürtel, verblutet nach einer Schnittverletzung am Oberschenkel, die ihm die Arterie durchtrennt hatte. Da sie am Fundort weder Kampf- noch Blutspuren gefunden hatten, sah das Ganze nach einer Kofferraumfahrt mit anschließender Deponierung aus. Warum ausgerechnet an einer Stelle, wo auch in der Nacht der Verkehr relativ stark und zudem
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