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Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Georg Haderer
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Schrankinhalts vor: Stifte, Zettel, Blöcke, steinhartes Studentenfutter, ein Taschenmesser, ein paar Muscheln, ein Fremdwörterbuch, tja, haha, und die quasi nur mehr verdeckt eingesetzte Kaffeetasse, die Schäfer zu Weihnachten 2006 in zehnfacher Ausführung in einem Souvenirladen als Geschenk für sie hatte anfertigen lassen: „Ich sehe tote Menschen“ stand groß drauf, darunter „ EB Leib & Leben – Gruppe Schäfer“. Einen Monat nach dieser gelungenen Bescherung mussten sie auf Anweisung von oben die Tassen aus den Büros entfernen: zynisch, rücksichtslos, es galt doch zu bedenken, dass auch polizeifremde Personen, möglicherweise Angehörige von Opfern et cetera. Verklärt lächelnd nahm Bergmann die Tasse zum Waschbecken mit, wusch sie aus, bereitete sich einen Tee und setzte sich wieder an Schäfers Platz.
    Um viertel vor acht gab er auf – wenn wer in diesem belanglosen Bürokram ein Indiz finden konnte, dass Schäfer einem Verbrechen zum Opfer gefallen war, dann Schäfer, Punkt.
    Mit fünfzehnminütiger Verspätung betrat er das Lokal im 5. Bezirk. Martin hatte bereits einen Tisch besetzt, sein Bierglas war mehr als halbleer, er blätterte in einem Magazin, zu schnell, als dass er etwas vom Inhalt mitbekommen konnte. Er hatte Bergmanns Eintreffen bemerkt, ließ sich jedoch nichts anmerken, bis dieser sich ihm gegenübersetzte und vorerst nichts, gar nichts zu sagen wusste.
    „Nette Begrüßung …“
    „Hallo …“
    „Grüß dich … willst du was essen?“
    „Ja, warum nicht …“
    „Zwingen tu ich dich nicht.“
    „Hast du schon was bestellt?“
    „Nein, ich habe auf dich gewartet …“
    Sie blätterten schweigend in der Karte, deren Gerichte nicht halb so einfallsreich waren wie die Namen dafür.
    „Ich glaub, ich nehm die Tagliatelle … sollen wir eine Flasche Wein bestellen?“
    „Mir reicht ein Glas … aber wenn du …“
    Der Kellner trat an den Tisch, sie bestellten, warteten, bis der Wein kam, von dem Bergmann hoffte, dass er die Stimmung zumindest ein wenig lockern würde.
    „Und? Habt ihr ihn schon gefunden, deinen …“
    „Nein. Können wir über etwas anderes reden, bitte …“
    „Nur zu gern …“
    „Wie war dein Tag?“
    „Ts … Stress, wie immer … jetzt haben wir auch noch das Projekt in Oberwart gewonnen, das Einkaufszentrum …“
    „Gratuliere … war das dein Entwurf?“
    „Vom Team … wundert mich eh, dass die sich an so was rantrauen …“
    „Am Land sind sie doch inzwischen wesentlich progressiver als in der Stadt … zumindest, was die Architektur angeht …“
    „Ja … wir beide bräuchten nicht aufs Land zu ziehen“, Martin lächelte und versuchte Bergmanns Hand zu nehmen, die dieser rasch zurückzog.
    „Okay … so weit ist es schon.“
    „Entschuldigung … es ist nicht … es ist nur … Scheiße …“
    „Das kannst du laut sagen … also was, was denkst du?“
    Bergmann starrte durch seinen Freund hindurch. Er hasste diese Frage. Mit siebzehn, als er noch glaubte, auf Frauen zu stehen, hatte er eine Freundin aus dem Nachbardorf. Immer, wenn sie irgendwo allein waren und er ein paar Minuten schwieg, fragte sie ihn: Was denkst du denn? Und „nichts“ als Antwort war natürlich genauso unzureichend wie das Ausweichen hin zu „dass du schön bist“ oder ähnlichen Banalitäten.
    „Dass es mir momentan alles ein bisschen zu viel ist“, bemühte er sich um die Wahrheit.
    „Und was genau?“
    „Die Arbeit … unsere Streitereien …“
    „Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass das vielleicht zusammenhängt … die Sorge um dein Schäferlein und …“
    „Halt die Klappe!“
    „Ah, da wird der Herr Chefinspektor plötzlich emotional … gut zu wissen …“
    Bergmann war danach, aufzustehen und zu gehen. Diese beschissene Eifersucht und diese dummen Sticheleien und dieses zwanghafte Umkreisen der immer gleichen Themen – als ob man auf einem zugefrorenen See mit Schlittschuhen so lange exakt dieselbe Runde lief, bis die Kufen das Eis durchbrachen. Er mochte darauf wetten, dass innerhalb der folgenden Stunde das Gespräch erneut auf diesen Samstag Anfang Mai käme, wo er mit Schäfer zum Ikea gefahren war. Martin wollte mit ihm das Wochenende verbringen, doch Bergmann war danach, zwei Tage für sich zu sein, ein paar Sachen für die Wohnung zu kaufen, aufzuräumen und nichts zu tun. Und dann ruft am Vormittag Schäfer an: „Was machen Sie heute, gehen wir spazieren in den Wienerwald? … Zum Ikea? Ah, da komme ich mit,
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