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Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Georg Haderer
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entweder tot oder verschollen sind.
    „Dann bleibt das auch weiterhin so“, Kamp bemüht sich um einen forschen Ausdruck, dem jedoch seine Trunkenheit entgegensteht. „Den Teufel werden wir und ihm einen Mord anhängen, wo ohne ihn … das können wir nicht tun, oder?“
    „Nein … zumindest nicht, bis alle Details aufgeklärt sind und sein Zustand sich gebessert hat … ich denke, wir können ihn ruhig wieder als Held dastehen lassen“, Bergmann sieht Kamp in die Augen und versucht zu erkennen, was dieser wirklich weiß. Wie oft hat er das schon probiert. Und auch diesmal scheitert er.
    „Ja, aber … wie gesagt: Von Ihrer Aussage hängt sehr viel ab …“, Kamp hält die leere Flasche hoch und betrachtet sie wie eine Wahrsagerin ihre Kugel. „Schlafen Sie drüber …“
    Bergmann sitzt an seinem Schreibtisch, das Kinn in die linke Hand gestützt, der Kugelschreiber in der rechten zählt auf der Schreibunterlage die Tage von Schäfers Abwesenheit. Dann nimmt er seine Handschellen und schleudert sie auf die gegenüberliegende Wand, wo sie ein Loch in den Verputz schlagen. Er steht auf, öffnet das Fenster und möchte hinausschreien: Ihr Trottel, ihr alle, ihr bornierten Scheißer, keine Ahnung habt ihr, überhaupt keine!
    Dann setzt er sich, greift wie in Zeitlupe zum Telefon und ruft Kovacs an. Die Gruppe soll sich um halb sechs im Besprechungsraum treffen. Dort wird er ihnen erzählen, dass Schäfer … lebt, sein Zustand stabil, aber eben vorübergehend in ärztlicher Behandlung und abzuwarten bleibt … und solange … also vorerst bleibt er, Bergmann, in seiner Funktion als Gruppenleiter und am nächsten Tag werden sie … vielleicht, falls die Umstände es zulassen, wird er sich ein paar Tage Urlaub nehmen, aber das wird sich dann ohnehin zeigen, wenn sie im Laufe der folgenden Tage … also: einen schönen Abend.
    Er fürchtet sich davor, in seine Wohnung zu gehen. Nachdem er bestimmt zwanzig Minuten auf den Bildschirmschoner gestarrt hat, ruft er Martin an. Nein, meint der kühl, er hätte heute schon was vor – Pause –, und das ist offenkundig nichts, wobei Bergmann erwünscht ist. Für einen Moment überlegt er, Isabelle anzurufen; vielleicht ist sie noch in Wien, sie könnten etwas trinken gehen, viel trinken, dann könnte er ihr, würde er ihr alles sagen wollen, was er sich zu verschweigen schriftlich verpflichtet hat; er kann sich gerade noch zurückhalten, mit seinem Handy das Loch in der Wand zu vergrößern, knallt es auf die Tastatur, was den Computer aus dem Ruhestand holt. Arbeit, alles, was mir bleibt, murmelt er, öffnet ein Browserfenster, gibt in eine Suchmaschine „Waldviertel, Ottenstein, Mountainbike-Guide“ ein und klickt auf die Bildersuche. Bereits auf der zweiten Seite wird er fündig: Eine Gruppe von vier jungen Frauen aus Bielefeld hat ihren Österreichurlaub auf einem Blog zusammengefasst und eine Galerie von über hundert Bildern eingestellt. Und auf einem sind sie gemeinsam mit Selma zu sehen, am Rand eines blühenden Mohnfelds, grinsend, strahlend, Bergmann speichert das Bild auf seine Festplatte und druckt es aus. Als er zum Drucker geht, klopft es, im nächsten Moment steht Lorenz im Raum, klopft Bergmann wortlos auf die Schulter und lässt sich in Schäfers Sessel sinken. Fertig sieht er aus, das Hemd zerknittert, das Gesicht farblos und faltig, Bergmann sieht, wie er die Hände zu Fäusten ballt, um das Zittern in den Griff zu bekommen.
    „Willst du einen Tee?“, fragt Bergmann anstelle einer Begrüßung, „ich habe so eine Entspannungsmischung da … Hopfen, Melisse, Minze … hat mir der Wolkinger geschickt …“
    „ Der Wolkinger?“
    „Ja … baut jetzt auf dem Hof seiner Eltern Heilkräuter an und verkauft sie an Bioläden … scheint ganz gut zu laufen …“, Bergmann füllt den Wasserkocher und setzt ihn auf.
    „Wenn du mir das vor zehn Jahren erzählt hättest …“
    „Wenn du mir vor drei Monaten erzählt hättest, was auf uns zukommt, hätte ich auch an deinem Verstand gezweifelt …“
    „Kräuter anbauen im Mühlviertel …“, Lorenz steht auf und stellt sich ans Fenster, „vielleicht braucht er noch einen Partner …“
    „Hat dein Ausstiegsszenario nicht immer irgendwas mit dem Bau eines Segelschiffs in Südfrankreich zu tun gehabt?“, Bergmann nimmt die Packung mit den Kräutern, zerreibt ein paar zwischen den Fingern, riecht daran und gibt sie in die Teekanne.
    „Eh … aber je älter ich werde, desto mehr Angst bekomme ich vor dem
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