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Endstation Wirklichkeit

Endstation Wirklichkeit

Titel: Endstation Wirklichkeit
Autoren: Stephan Klemann
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Kühlschrank geholt hatte, verließ er wortlos die Küche und ging hinauf in sein Zimmer, wo er die Tür lautstark zuschlug.
    Er stellte die Sachen auf den Tisch und ließ sich auf sein Bett fallen. Erneut nahm er den Brief in die Hand und las die wenigen Zeilen durch. Aber auch dieses Mal wollte sein Verstand nicht wahrhaben, was seine Augen ihm schwarz auf weiß vermittelten.
    Nach ihrem Streit vor zwei Tagen war Alan nicht wieder zurückgekommen, und so war David schließlich nach Hause gegangen. Seither hatte er von seinem Freund nichts mehr gehört oder gesehen. Wenn er bei ihm anrief, war Alan nicht da oder er ließ sich verleugnen. Heute Morgen hatte ihn dann dieser Brief von ihm erreicht.
    Geistesabwesend goss David sich etwas zu trinken ein und nahm einen Schluck. Sein Hals war trocken, und seine Zunge klebte an seinem Gaumen.
    Auch nachdem er den Brief zum x-ten Mal gelesen hatte, war er sich über die Bedeutung der Worte nicht klar. Zumindest wollte er es nicht wahrhaben. Alles in ihm wehrte sich gegen den Inhalt, gegen das, was der kurze Text ihm mitteilte – obwohl Alan eigentlich schon in den ersten Sätzen alles gesagt hatte:
     
    Hallo David!
     
    Ich habe lange mit mir gerungen, bevor ich dir diesen Brief geschrieben habe. Auch wenn es mir unendlich wehtut, halte ich es für besser, wenn wir unsere Beziehung beenden. Ich kann es einfach nicht mehr ertragen, wenn dich alles von hier fortzieht – oder sollte ich sagen: fortdrängt?
    Ich kann nicht mehr mit dieser Angst leben, und ich denke, wir sollten einen Schlussstrich ziehen. Die Vorstellung, dass ich deinem Glück im Weg stehe und damit dein Leben verhindere, wie du es dir wünschst, verletzt mich. Ich glaube, es würde irgendwann ohnehin der Zeitpunkt kommen, an dem du es nicht mehr aushalten und gehen würdest.
    Auch wenn es mir nicht einfach fällt, diese Entscheidung zu treffen, so will ich es doch so. Ich habe es mir reichlich überlegt, und ich bin es, der unser Glück nun zerstört. Vielleicht wird es mir dadurch leichter fallen und weniger wehtun, damit zu leben. Ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass wir beziehungsweise ich nicht so weiterleben kann. Ständig mit der Angst, dich zu verlieren und mich immer wieder fragend, ob du am nächsten Tag noch bei mir bist.
    Machen wir uns nichts vor: Du gehörst nicht in diese Welt. Du kannst hier nicht glücklich sein. Ich denke, du brauchst den Trubel der Stadt, und es wird dir nicht schwerfallen, dort das zu finden, was du benötigst. Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft – und viel Glück beim Film! Pass auf dich auf!
     
    Alan
     
    PS: Ruf mich nicht an – ich weiß nicht, ob ich das aushalten könnte!
     
    David wusste nicht, ob es Enttäuschung oder Wut war, die ihn heimsuchte. Enttäuschung darüber, dass ein wunderschönes Jahr zu Ende ging. Dass Alan alles, was sie verband – verbunden hatte – mit Füßen trat.
    Oder war es einfach nur Wut, weil es sich Alan ziemlich einfach machte? Er lief vor dem Problem davon und vertraute nicht darauf, es gemeinsam lösen zu können.
    War er wirklich so schlimm gewesen? Hatte er den Bogen seiner Schwärmereien und Träumereien so weit überspannt, dass er jetzt zerbrochen war? War es tatsächlich Alan, der alles mit Füßen trat, oder hatte er selbst alles kaputtgemacht?
    David seufzte schwer und sah aus dem Fenster. Passend zur Stimmung prasselten dicke Regentropfen gegen die Glasscheibe. Die Felder hinter dem Haus waren mit einem grauen Wolkenband bedeckt. Er war fassungslos, konnte oder wollte nicht glauben, dass Alan ihre Beziehung beendet hatte.
    Was sollte er jetzt tun? War nun alles verloren? Oder war damit der Weg offen? Offen dafür, endlich seine Träume zu verwirklichen, wie er es sich immer gewünscht hatte?
    Er unterbrach seine Gedanken, als es an der Tür klopfte.
    „David?“ Die Stimme seines Vaters klang besorgt. „Darf ich reinkommen?“
    David sah zur Tür und überlegte, was er tun sollte. War jetzt der richtige Augenblick mit dem Vater zu sprechen? War er bereit?
    Müde erhob er sich und entschied sich zu öffnen.
    „Komm rein!“ Ohne auf eine Reaktion zu warten, drehte er sich um und stellte sich ans Fenster. Stumm vergrub er seine Hände in den Hosentaschen und sah in den Regen hinaus.
    „David, was ist los mit dir? Mutter sagte mir, dass irgendetwas nicht stimmt. Hast du ein Problem? Kann ich dir helfen?“
    David schloss die Augen und senkte den Kopf.
    „Es geht schon!“, murmelte er, merkte aber
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