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Endstation Wirklichkeit

Endstation Wirklichkeit

Titel: Endstation Wirklichkeit
Autoren: Stephan Klemann
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Der Unfall war wohl vorgetäuscht.“
    David schlug die Hände vor sein Gesicht. Tränen quollen aus seinen Augen.
    Mike war tot! Einfach tot! Nie wieder würde er ihn in den Armen halten, sein Lachen hören und seine liebevollen Liebkosungen spüren können. Und das Schlimmste war: Mike hatte es bewusst getan!
    „Mr Edwards? ... David! ... Können Sie vielleicht etwas Licht in dieses Dunkel bringen? Wissen Sie, warum Ihr Freund freiwillig aus dem Leben geschieden ist?“

4
     
    M it allem hatte David gerechnet, aber nicht mit dieser Mitteilung. Sie war eine Katastrophe, ein Schock, wie er ihn noch nie in seinem Leben erlebt hatte.
    Als er nun erneut in Gedanken die Geschehnisse durchlebte und ihn Mikes Tod wieder wie ein Stich ins Herz traf, war er sich endlich sicher, dass es nur noch einen Ausweg gab, seine Qualen zu beenden.
    Ja, er kannte den Grund für Mikes Selbstmord. Und nicht nur das. Er war sich auch sicher, dass er diese fatale Reaktion ausgelöst hatte.
    David blickte auf seine Armbanduhr. Es war jetzt fünf Minuten vor sechs. Schon bald musste er eine Entscheidung treffen. Dieser eine wichtige und finale Entschluss, der die Gefühle seiner Schuld und die quälenden Vorwürfe beenden und ihn endlich von den Schmerzen erlösen würde. Vielleicht wäre er sogar wieder mit Mike vereint.
    Ja, das war das Wichtigste, das Sehnlichste, das er sich erhoffte. Endlich wieder bei Mike zu sein, ihn zu sehen, mit ihm zu reden und ihn zu spüren. Vor allem, ihm nochmals sein Bedauern über den Vorfall in Moskau, sein Versagen und die aus reiner Lust getriebene Dummheit zu erklären. Er wünschte sich, die Gelegenheit zu haben, sich bei Mike, den er noch immer über alles liebte, zu entschuldigen.
    Damals war er sich sicher gewesen, dass Mike enttäuscht, sauer und vielleicht auch wütend sein würde. Auch, dass Mike ihn eine Weile nicht sehen wollte oder sogar, im schlimmsten Fall, ihre Beziehung beenden würde. Er war sich bewusst gewesen, dass er sich dem stellen und die Konsequenzen hätte ertragen und hinnehmen müssen, denn Mike zu belügen, wäre nicht infrage gekommen. Er hatte einen Fehler nicht durch weiteres Fehlverhalten verschleiern wollen.
    Aber mit dem, wie Mike darauf reagiert hatte, hatte er nicht gerechnet. Heute verstand er, er konnte Mike keinen Vorwurf machen. Es war nicht Mikes Versagen, nicht dessen Schuld. Natürlich hatte er extrem reagiert, hätte vielleicht stärker sein müssen, aber er hatte auch Mikes Sensibilität in diesem Punkt unterschätzt. Er hatte schließlich gewusst, dass dieser so etwas schon einmal erlebt und sehr darunter gelitten hatte. Letztendlich war es auch egal, wie er Mikes Entscheidung im Nachhinein bewertete. Zum einen war sie endgültig, und zum anderen änderte sie nichts an dem Auslöser und an der Ursache. Nein, so sehr er auch grübelte, nichts konnte Mikes Entschluss mehr ändern. Nichts konnte die Schuld von ihm nehmen und ihn davon abhalten, den Preis dafür zu zahlen.
     
    ***
     
    „Bist du wirklich sicher, dass du das tun willst?“
    David schreckte aus seinen Gedanken hoch und sah sich verwundert um. Neben ihm stand ein junger Mann, fast noch ein Jugendlicher. Er hatte seine Hände tief in den Hosentaschen vergraben und spielte mit dem Fuß belanglos mit einem Steinchen, das auf dem Boden lag. Er sah David nicht an.
    „Was? Was meinst du?“
    „Ich beobachte dich jetzt schon eine ganze Weile. Und du machst nicht den Eindruck, als würdest du hier die schöne Aussicht genießen.“ Als er die Worte aussprach, ließ er seinen Blick über das Panorama der Stadt gleiten.
    „Ich verstehe nicht“, hörte David sich wieder sagen.
    „Weinst du ständig, weil die Aussicht hier so schön und ergreifend ist? So eine Bahnstrecke ist ja auch wirklich eine herzerweichende, landschaftliche Schönheit.“ Über das Gesicht des Fremden huschte der Ansatz eines Lächelns. Er sah David nun direkt in die Augen.
    David erwiderte den Blick, fand jedoch keine passende Antwort. Was wollte der Typ von ihm?
    „Kommst du öfter hierher?“, erkundigte sich der Mann weiter.
    David schüttelte verneinend den Kopf.
    „Dachte ich mir. Es gibt reizvollere Ausblicke auf die Stadt, als diesen hier. Hier draußen lässt es sich lediglich gut joggen. Und du siehst nicht aus, als wärst du dazu hier.“
    Wie recht er doch hatte, dachte sich David.
    „Nein“, antwortete er mit leiser Stimme und wandte seinen Blick wieder auf die unter ihm liegenden Gleise.
    „Dann willst du es also
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