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Endstation Wirklichkeit

Endstation Wirklichkeit

Titel: Endstation Wirklichkeit
Autoren: Stephan Klemann
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wiederholten Mal hatte man ihm freundlich, aber dennoch bestimmt mitgeteilt, dass er für den Job nicht infrage käme. Ohne entsprechende Ausbildung würde er nicht die notwendige Qualifikation mitbringen, und die sei nun einmal immens wichtig für diesen Job.
    Immerhin hatte er eine klare Antwort bekommen, war nicht wie schon so oft mit dem Spruch „Wir melden uns bei Ihnen“ vertröstet worden, ohne dass die Zusage eingehalten worden war.
    Dabei hatte diesmal alles so vielversprechend begonnen. Vor Wochen hatte er in der Tageszeitung eine Anzeige eines Filmstudios gelesen. Sie suchten einen Requisiteur. Neben einer hinreichenden Berufsausbildung erwarteten sie mehrjährige Berufserfahrung, die Bereitschaft, sich in einem Team einzufügen, Mobilität und eine gehörige Portion Kreativität.
    David hatte sich trotz fehlender Ausbildung entschlossen, sich für den Job zu bewerben, denn er hatte in seinem früheren Leben einige handwerkliche Fähigkeiten erlernt. Tatsächlich hatte man ihn für heute zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.
    Und dann war alles anders gekommen. Wenn er wenigstens eine Lehre als Tischler, Maler oder Bühnenbildner hätte vorweisen können, ja, dann hätten sie vielleicht etwas für ihn tun können. Aber so, nein, so war er für den Job nicht qualifiziert. Er musste unverrichteter Dinge wieder gehen.
    David war frustriert. Seit Wochen lief er sich die Füße wund, klopfte an jede Tür, die ihm den Weg in die Welt des Films hätte freigeben können, und musste sich dennoch immer wieder Absagen anhören. Seinen Lebensunterhalt bestritt er mehr oder weniger gut durch einen Job in einem Schnellrestaurant, aber das Geld reichte nicht für viel mehr als für die Miete seiner Einzimmerwohnung und das Nötigste zum Leben.
    Heute war ihm zum ersten Mal der Gedanke gekommen, aufzugeben. Es schien, als müsste er sich von seinen Träumen lösen und auf den Boden der Realität zurückkehren. Und das tat weh. Es schmerzte tief in seinem Inneren.
    Aus diesem Grund hatte er sich entschlossen, am Abend seinen Kummer mit ein paar Glas Bier zu ertränken.
    Das Lokal, das er soeben betreten hatte, war eine der größten und bekanntesten Schwulenkneipen der Stadt. David war bereits mehrere Male hier gewesen, da ihm die Atmosphäre gefiel. In der Mitte des Raumes befand sich die im Quadrat aufgebaute Theke, und weiter hinten war ein abgetrennter Raum mit einer Tanzfläche, auf der sich zurzeit Technofreaks und Raver austobten.
    An diesem Mittwochabend war die Kneipe trotz des Wochentages gut besucht, und David war froh, noch einen Platz an der Bar zu finden.
    „Ein Bier, bitte“, rief er einem der Kellner zu und hielt mit einem dankbaren Lächeln die Luft an, als er kurz darauf sein Getränk bekam. Wie alle Angestellten hinter dem Tresen trug auch dieser kein T-Shirt. Der muskulöse Oberkörper gefiel David. Seine Augen glitten wie selbstverständlich über den ansehnlichen Leib nach unten und endeten bei der engen Pants. Der Barkeeper konnte sich wirklich sehen lassen.
    David nahm einen großen Schluck und besah geistesabwesend die umstehenden Gäste. Aber so richtiges Interesse wollte nicht aufkommen. Seine Gedanken hingen noch an der erneuten Absage von diesem Nachmittag und an seinen Zweifeln, ob er jemals noch einen Job beim Film finden würde. Vielleicht war alles umsonst gewesen.
    Sein Blick fiel auf die elektronische Anzeige an der Wand gegenüber. Zahlreiche Nummern liefen nacheinander ab. Kein Text, nur Zahlen.
    David wusste mittlerweile, was sie bedeuteten. Jeder Gast bekam am Eingang einen Zettel mit einer Nummer und konnte sich diese sichtbar am Körper anbringen. Wenn jemand einen anderen kennenlernen wollte, so konnte er ihm über die Leuchtanzeige mitteilen, dass eine Nachricht für ihn hinterlegt worden war. Wenn der „Auserwählte“ eine Antwort geben wollte, tat er das auf die gleiche Weise. Es war eine witzige Einrichtung, die David gut gefiel.
    Plötzlich glaubte er, seine Zahl auf der Anzeige erkannt zu haben. Aber noch ehe er sich dessen sicher war, war sie bereits wieder verschwunden. Gebannt schaute er auf die sich wiederholenden Nummern, und tatsächlich erschien nach wenigen Augenblicken wieder seine: 147!
    Überrascht sah er sich um, hoffte ein Gesicht zu entdecken, das ihn fragend anschaute. Aber er konnte niemanden ausmachen, der auf eine Reaktion zu warten schien. Also begab er sich neugierig zu dem Tisch, an dem ein Mann die Nachrichten verwaltete und die Anzeige
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