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Endstation Oxford

Endstation Oxford

Titel: Endstation Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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über ihrem mürrischen Gesicht. Cathy rückte den Kopfputz ihrer jüngeren Tochter zurecht. »In fünf Minuten machen wir uns auf den Weg zur Kirche«, erklärte sie.
    Es war ein Fehler gewesen, das Kleid in Größe 40 zu kaufen. Bloß weil sie und Myles wieder einmal eine Krise durchmachten, sollte sie nicht gleich zur Schokolade greifen, wenn sie sich über ihn ärgerte. Aber es war wirklich unerhört, welche Sparmaßnahmen er von ihr erwartete! Und dabei gönnte er sich den besten Whisky, während er sie anhielt, nicht mehr in teuren Delikatessenläden, sondern im Supermarkt einzukaufen. Wie sollte sie denn dort ihren Lieblings-Vacherin finden? Da durfte es wirklich niemanden wundern, wenn sie sich auf den Frust hin eine Familienpackung belgischer Pralinen leistete, oder?
    Nun spannte das asymmetrisch geschnittene Seidenkleid über Bauch und Hüften, während ihr Miederhöschen sich redlich bemühte, die Fettpölsterchen wegzumogeln, die sich um ihren Po angesiedelt hatten. Sie zog widerwillige Muskeln ein und hoffte, dass niemand etwas merkte. Den Hochzeitskuchen konnte sie jedenfalls vergessen. Oder vielleicht – Cathy kannte Estelle und ahnte, dass der Kuchen eine fantastische Köstlichkeit sein würde – würde sie sich ein ganz, ganz kleines Stück gönnen. Nur eines.
    Die Pralinenschachtel stand auf einem Tisch im Flur. Ohne sich dessen bewusst zu sein, fingerte sie sich durch leere Papierchen, immer in der Hoffnung, in einer Ecke könne sich doch noch eine vergessene Praline verstecken. Als ihr endlich klar wurde, dass die Schachtel tatsächlich leer war, seufzte sie tief.
    In einer anderen, etwas kleineren Küche, auf deren polierter Granitarbeitsfläche glänzende Küchengeräte standen, saß an einem ziemlich langen Tisch ein Mann und frühstückte. Im gesamten Raum herrschte eine fröhliche Unordnung, wie nur Kinder sie hinterlassen können. Und tatsächlich wurde kurz darauf lautes Kinderlachen vom Schrillen der Türklingel unterbrochen.
    »Könntest du bitte aufmachen, Gaby?«
    Der Mann saß am Tisch und schaufelte Rührei, Pilze und Speck in sich hinein. Er hatte die drei Bestandteile seines Frühstücks fein säuberlich auf seinem Teller getrennt und aß immer ordentlich der Reihe nach eine Gabel Ei, eine Gabel Pilze, eine Gabel Speck. Ein bisschen sorgte er sich, dass der Speck zur Neige gehen könnte, während noch Pilze und Rührei übrig waren, und daher schnitt er den Speck in kleinere Stücke, um die Symmetrie zu erhalten. Beim Essen las er Zeitung und bemerkte nicht, dass Gaby gerade Wäsche in die Waschmaschine stopfte. Doch sie beschwerte sich nicht, unterbrach ihre Arbeit und ging nachsehen, wer da am Samstagmorgen etwas von ihnen wollte.
    »Seid mal ein bisschen leiser«, sagte der Mann zu den Kindern, obwohl er nicht die geringste Hoffnung hegte, dass man ihm gehorchen würde. Und dann hielt er inne: Waren jetzt Pilze oder Rührei an der Reihe?
    »Es ist der Postbote!«, rief Gaby von der Eingangstür her. »Du musst hier was unterschreiben.«
    »Das kannst du auch tun, okay?« Er unterbrach weder seine Mahlzeit, noch blickte er von seiner Zeitung auf. An diesem Samstagmorgen trug er ein strahlend sauberes T-Shirt und eine frisch gebügelte Jeans. Vom Duschen glänzte seine Haut noch immer rosig. Seine nackten Füße steckten in Turnschuhen, die so weiß waren, dass er sie sicher nie bei einem Training getragen hatte.
    Gaby kam mit einem dicken Umschlag in die Küche zurück. Als der Mann den Brief sah, wurde seine Stimme scharf. »Gib her!«
    »Der Brief ist nicht für dich«, erklärte Gaby und brachte den Umschlag außer Reichweite. »Er ist für einen gewissen Jackson Cutter.«
    »Dann ist er doch für mich«, sagte der Mann so langsam und überdeutlich, als spräche er mit einem der Kinder.
    »Ich hätte vielleicht besser nicht unterschrieben. Aber die Adresse stimmt.« Immer noch hielt sie den Umschlag von ihm entfernt.
    »Nun gib schon her!«
    Gaby begutachtete die Adresse. »Wer mag dieser Jackson Cutter sein?«, sinnierte sie. »Und dann der Absender! Alpha UK Agency! Hört sich ganz schön zwielichtig an.«
    »So ein Quatsch! Was ist bloß mit dir los?«
    »Und warum schicken diese Alpha-Leute Herrn Cutter einen so dicken Brief an unsere Adresse? Ist der Mann vielleicht ein Spion?«
    »Jetzt hör schon auf, mich auf den Arm zu nehmen, Gaby.« Mit einem Seufzer entschloss er sich, ihr reinen Wein einzuschenken. »Jackson Cutter, das bin ich. Ja, ich habe mich Jackson Cutter
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