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Endstation Oxford

Endstation Oxford

Titel: Endstation Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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Monate. Höchstens«, wiederholte Jon.
    »Ich muss dieses Buch schreiben«, gab Kate zurück. »Verstehst du das denn nicht? Es ist vielleicht meine letzte Chance.«
    »Du könntest stattdessen ein paar niedliche Kinder bekommen«, wandte Jon ein.
    Er musste jedoch einsehen, dass für Kate zumindest im Augenblick die Produktion eines Buches Vorrang vor der von Nachwuchs hatte.
    In einer aufwändig und mit viel Sinn für Details ausgestatteten Bauernhausküche, in der getrocknete Kräuter von der Decke hingen und fünf verschiedene Sorten Olivenöl auf einer Marmoranrichte standen, spielte sich fast zeitgleich ein ganz anderes Frühstücksszenario ab.
    An einem langen Holztisch saßen Myles und Cathy Hume nebeneinander und fühlten sich unbehaglich. Sie hatten ihren Dauerstreit nur kurz unterbrochen. Estelle soll nicht gleich zu Beginn mit den unangenehmen Seiten einer zwölfjährigen Ehe konfrontiert werden, dachte Myles. Warum zum Teufel musste sein Bruder nun doch noch heiraten, nachdem er dieser Falle so lange hatte ausweichen können?
    »Du willst doch nicht ernsthaft mit dieser Krawatte in die Kirche gehen?«, mäkelte Cathy.
    »Warum nicht? Meine Mutter hat sie mir zu Weihnachten geschenkt.«
    »Sicher, aber das ist fünf Jahre her. Nimm sie ab, Myles.«
    So war Cathy immer, wenn sie eine Diät machte. Obwohl sie in letzter Zeit geradezu verbissen versuchte abzunehmen, sah man ihrer hübsch gerundeten Figur keine Veränderung an.
    »Und was zum Teufel soll ich sonst umbinden?« Natürlich hatte sie sich wieder ein teures, neues Kleid gekauft. Dabei waren sie so klamm, dass er sich das ganze Jahr hindurch nicht einmal eine neue Krawatte geleistet hatte.
    »Mir geht es so was von am Arsch vorbei, was du anziehst!«
    Das sagt sie nur, weil sie ihr neues Kleid anprobiert hat und den Reißverschluss nicht zubekommt, dachte Myles.
    »Mami, was bedeutet am Arsch vorbei?«
    Ein zierliches, engelsgleich aussehendes Kind war in die Küche getreten und blickte die Mutter interessiert an. Nicht, dass die Kleine das nicht ahnen würde, dachte Myles. Sie wollte vermutlich nur testen, wie ihre Mutter sich aus der Affäre zog.
    »Barsch. Ich habe Barsch gesagt. Das ist ein Fisch, weißt du?«, improvisierte Cathy. »Seid ihr denn immer noch nicht angezogen, Portia?«
    »Also, ich bin in drei Minuten fertig, aber Juliet trödelt mal wieder.«
    »Dann steh hier nicht rum. Mach dich fertig und sag Juliet, dass wir nicht ihretwegen zu spät kommen wollen.«
    Portia rannte aus der Küche und rief die Treppe hinauf: »Hau rein, du faule Socke. Mami hat eine Scheißlaune.«
    »Ich brauche jetzt erst mal einen kleinen Whisky«, sagte Myles und hielt Cathy sein Glas hin.
    »Um diese Uhrzeit? Einer von uns muss aber nüchtern bleiben.«
    »Wo du recht hast, hast du recht.« Er nickte. »Und heute bist du an der Reihe.« Ehe sie etwas einwenden konnte, stürzte er einen guten Fingerbreit Whisky hinunter und machte sich auf den Weg zum Cottage seines Bruders, dessen Trauzeuge er an diesem Tag sein sollte.
    Nachdem die Haustür ins Schloss gefallen war, räumte Cathy das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine und ging dann hinauf in ihr Schlafzimmer, um sich für die Hochzeit umzuziehen. Mist! Myles war fort. Wie sollte sie jetzt den Reißverschluss ihres Kleides schließen? Wie hatte sie das nur vergessen können! In einer Schublade stöberte sie nach einer Häkelnadel. Erst gut fünf Minuten und mehrere schmerzhafte Verrenkungen später saß das Kleid. Als Cathy schließlich fertig war, perlten Schweißtropfen über ihr hochrotes Gesicht. Noch schlimmer aber fand sie, dass Portia ihren Affentanz die ganze Zeit von der Tür aus beobachtet hatte.
    »Verschwinde!«, giftete sie und knallte dem Kind die Tür vor der Nase zu.
    Nachdem sie sich das Gesicht abgetupft und ihren Hut aufgesetzt hatte, ging sie hinunter und warf einen Blick auf die Uhr im Korridor. Oben stritten sich die Kinder.
    »Aufhören!«, zeterte sie.
    Plötzlich stand Portia neben ihr. Sie trug jetzt ihr Brautjungfern-Kleidchen und hatte ihr Haar gebürstet, bis es wie gesponnenes Gold aussah. Ein geübtes Lächeln lag auf ihrem makellosen Gesicht.
    »Sie hat angefangen«, behauptete die Kleine und ließ ein paar zerdrückte Rosenblätter zu Boden segeln.
    »Das interessiert mich nicht. Und hör endlich auf mit dem Quatsch, sonst hast du nicht mehr genügend Blüten für Estelle übrig.« Nun erschien auch Juliet auf dem Treppenabsatz. Der Kranz aus Rosen saß schief
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