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Emilia Galotti

Emilia Galotti

Titel: Emilia Galotti
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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PRINZ. Alles, Marinelli, alles, was diesen Streich abwenden kann.
    MARINELLI. So lassen Sie uns keine Zeit verlieren. - Aber bleiben Sie nicht in der Stadt. Fahren Sie sogleich nach Ihrem Lustschlosse, nach Dosalo. Der Weg nach Sabionetta geht da vorbei.
    Wenn es mir nicht gelingt, den Grafen augen-27
    blicklich zu entfernen: so denk' ich - Doch, doch; ich glaube, er geht in diese Falle gewiß. Sie wollen ja, Prinz, wegen Ihrer Vermählung einen Gesandten nach Massa schicken? Lassen Sie den Grafen dieser Gesandte sein; mit dem Bedinge, daß er noch heute abreiset. - Verstehen Sie?
    DER PRINZ. Vortrefflich! - Bringen Sie ihn zu mir heraus. Gehen Sie, eilen Sie. Ich werfe mich sogleich in den Wagen. (Marinelli geht ab) Siebenter Auftritt

    DER PRINZ
    Sogleich! sogleich! - Wo blieb es? - (sich nach dem Porträte umsehend) Auf der Erde? das war zu arg! (indem er es aufhebt) Doch betrachten?
    betrachten mag ich dich fürs erste nicht mehr. -
    Warum sollt' ich mir den Pfeil noch tiefer in die Wunde drücken? (Setzt es bei Seite) - Ge-28
    schmachtet, geseufzet hab' ich lange genung, -
    länger als
    ich gesollt hätte; aber nichts getan! und über die zärtliche Untätigkeit bei einem Haar' alles verloren! - Und wenn nun doch alles verloren wäre?
    Wenn Marinelli nichts ausrichtete? - Warum will ich mich auch auf ihn allein verlassen? Es fällt mir ein, - um diese Stunde, (nach der Uhr sehend) um diese nämliche Stunde pflegt das fromme Mädchen alle Morgen bei den Dominikanern die Messe zu hören. - Wie wenn ich sie da zu sprechen suchte? - Doch heute, heut' an ihrem Hochzeittage, - heute werden ihr andere Dinge am Herzen liegen, als die Messe. - Indes, wer weiß? - Es ist ein Gang. - (Er klingelt, und indem er einige von den Papieren auf dem Tische hastig zusammen rafft, tritt der Kammerdiener herein) Laßt vorfahren! - Ist noch keiner von den Räten da?
    DER KAMMERDIENER.Camillo Rota.
    DER PRINZ. Er soll herein kommen. (Der Kammerdiener geht ab) Nur aufhalten muß er mich nicht wollen. Dasmal nicht! - Ich stehe gern seinen Bedenklichkeiten ein andermal um so viel 29
    länger zu Diensten. - Da war ja noch die Bittschrift einer Emilia Bruneschi - (sie suchend) Die ists. - Aber, gute Bruneschi, wo deine Vor-sprecherin --

Achter Auftritt
    (Camillo Rota, Schriften in der Hand. Der Prinz)

    DER PRINZ. Kommen Sie, Rota, kommen Sie. -
    Hier ist, was ich diesen Morgen erbrochen.
    Nicht viel Tröstliches! - Sie werden von selbst sehen, was darauf zu verfügen. - Nehmen Sie nur.
    CAMILLO ROTA. Gut, gnädiger Herr.
    DER PRINZ. Noch ist hier eine Bittschrift einer Emi-lia Galot -- Bruneschi will ich sagen. - Ich habe meine Bewilligung zwar schon beigeschrie-ben. Aber doch - die Sache ist keine Kleinigkeit -
    Lassen Sie die Ausfertigung noch anstehen. -
    Oder auch nicht anstehen: wie Sie wollen.
    CAMILLO ROTA. Nicht wie ich will, gnädiger Herr.

    30
    DER PRINZ. Was ist sonst? Etwas zu unterschreiben?
    CAMILLO ROTA. Ein Todesurteil wäre zu un-terschreiben.
    DER PRINZ Recht gern. - Nur her! geschwind.
    CAMILLO ROTA (stutzig und den Prinzen starr ansehend). Ein Todesurteil, sagt' ich.
    DER PRINZ. Ich höre ja wohl. - Es könnte schon geschehen sein. Ich bin eilig.
    CAMILLO ROTA (seine Schriften nachsehend).
    Nun hab' ich es doch wohl nicht mitgenommen!
    --Verzeihen Sie, gnädiger Herr. - Es kann Anstand damit haben bis morgen.
    DER PRINZ. Auch das! - Packen Sie nur zusammen: ich muß fort - Morgen, Rota, ein mehres! (Geht ab)
    CAMILLO ROTA (den Kopf schüttelnd, indem er die Papiere zu sich nimmt und abgeht). Recht gern? - Ein Todesurteil recht gern? - Ich hätt' es ihn in diesem Augenblicke nicht mögen unterschreiben lassen, und wenn es den Mörder meines einzigen Sohnes betroffen hätte. - Recht gern! recht gern! - Es geht mir durch die Seele dieses gräßliche Recht gern!

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ZweiterAufzug
    (Die Szene, ein Saal in dem Hause der Galotti) Erster Auftritt
    (Claudia Galotti. Pirro)

    CLAUDIA(im Heraustreten zu Pirro, der von der andern Seite hereintritt). Wer sprengte da in den Hof?
    PIRRO. Unser Herr, gnädige Frau.
    CLAUDIA. Mein Gemahl? Ist es möglich?
    PIRRO. Er folgt mir auf dem Fuße.
    CLAUDIA. So unvermutet? - (Ihm entgegen ei-lend) Ah! mein Bester! -

Zweiter Auftritt
    (Odoardo Galotti, und die Vorigen)

    ODOARDO.Guten Morgen, meine Liebe! -
    Nicht
    wahr, das heißt überraschen? CLAUDIA. Und auf die angenehmste Art! - Wenn es
    anders nur eine Überraschung sein soll.

    32
    ODOARDO.Nichts weiter! Sei unbesorgt. - Das Glück
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