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Emilia Galotti

Emilia Galotti

Titel: Emilia Galotti
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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könnte nur ein Narr so sprechen -
    MARINELLI. Sie sind außer sich, gnädiger Herr. -Kennen Sie denn diese Emilia?
    DER PRINZ. Ich habe zu fragen, Marinelli, nicht Er. - Emilia Galotti? Die Tochter des Obersten Galotti, bei Sabionetta?
    MARINELLI. Eben die.
    DER PRINZ. Die hier in Guastalla mit ihrer Mutter wohnet?
    MARINELLI. Eben die.
    DER PRINZ. Unfern der Kirche Allerheiligen?
    MARINELLI. Eben die.
    DER PRINZ. Mit einem Worte - (indem er nach dem Porträte springt und es dem Marinelli in die Hand gibt) Da! - Diese? Diese Emilia Galotti?
    -Sprich dein verdammtes »Eben die« noch einmal, und stoß mir den Dolch ins Herz!
    MARINELLI. Eben die.
    DER PRINZ. Henker! - Diese? - Diese Emilia Galotti wird heute --

    23
    MARINELLI. Gräfin Appiani! - (Hier reißt der Prinz dem Marinelli das Bild wieder aus der Hand, und wirft es bei Seite) Die Trauung ge-schieht in der Stille, auf dem Landgute des Vaters bei Sabionetta. Gegen Mittag fahren Mutter und Tochter, der Graf und vielleicht ein paar Freunde
    dahin ab.
    DER PRINZ (der sich voll Verzweiflung in einen Stuhl wirft). So bin ich verloren! - So will ich nicht leben!
    MARINELLI. Aber was ist Ihnen, gnädiger
    Herr?
    DER PRINZ (der gegen ihn wieder aufspringt).
    Verräter! - was mir ist? - Nun ja ich liebe sie; ich bete sie an. Mögt ihr es doch wissen! mögt ihr es doch längst gewußt haben, alle ihr, denen ich der tollen Orsina schimpfliche Fesseln lieber ewig tragen sollte! - Nur daß Sie, Marinelli, der Sie so oft mich Ihrer innigsten Freundschaft ver-sicherten - O ein Fürst hat keinen Freund! kann keinen Freund haben! - daß Sie, Sie, so treulos, so hämisch mir bis auf diesen Augenblick die Gefahr verhöhlen dürfen, die meiner Liebe 24
    drohte: wenn ich Ihnen jemals das vergebe, - so werde mir meiner Sünden keine vergeben!
    MARINELLI. Ich weiß kaum Worte zu finden, Prinz, - wenn Sie mich auch dazu kommen lie-
    ßen - Ihnen mein Erstaunen zu bezeigen. - Sie lieben Emilia Galotti? - Schwur dann gegen Schwur: Wenn ich von dieser Liebe das geringste gewußt, das geringste vermutet habe; so möge weder Engel noch Heiliger von mir wissen! - Eben das wollt' ich in die Seele der Orsina schwö-
    ren. Ihr Verdacht schweift auf einer ganz andern Fährte.
    DER PRINZ. So verzeihen Sie mir, Marinelli; -
    (indem er sich ihm in die Arme wirft) und be-tauern Sie mich.
    MARINELLI. Nun da, Prinz! Erkennen Sie da die Frucht Ihrer Zurückhaltung! -»Fürsten haben keinen Freund! können keinen Freund haben!« -
    Und die Ursache, wenn dem so ist? - Weil sie keinen haben wollen. - Heute beehren sie uns mit ihrem Vertrauen, teilen uns ihre geheimsten Wünsche mit, schließen uns ihre ganze Seele auf: und morgen sind wir ihnen wieder so 25
    fremd, als hätten sie nie ein Wort mit uns ge-wechselt.
    DER PRINZ. Ach! Marinelli, wie konnt' ich Ihnen vertrauen, was ich mir selbst kaum gestehen wollte?
    MARINELLI. Und also wohl noch weniger der Urheberin Ihrer Qual gestanden haben?
    DER PRINZ. Ihr? - Alle meine Mühe ist vergebens gewesen, sie ein zweitesmal zu sprechen. -
    MARINELLI. Und das erstemal -
    DER PRINZ. Sprach ich sie - O, ich komme von Sinnen! Und ich soll Ihnen noch lange erzählen?
    -Sie sehen mich einen Raub der Wellen: was fragen sie viel, wie ich es geworden? Retten Sie mich, wenn Sie können: und fragen Sie dann.
    MARINELLI. Retten? ist da viel zu retten? - Was Sie versäumt haben, gnädiger Herr, der Emilia Galotti zu bekennen, das bekennen Sie nun der Gräfin Appiani. Waren, die man aus der ersten Hand nicht haben kann, kauft man aus der zweiten; - und solche Waren nicht selten aus der zweiten um so viel wohlfeiler. DER PRINZ.
    Ernsthaft, Marinelli, ernsthaft, oder-
    MARINELLI. Freilich, auch um so viel schlech-26
    ter- -DER PRINZ. Sie werden unverschämt!
    MARINELLI. Und dazu will der Graf damit aus dem Lande. - Ja, so müßte man auf etwas anders denken. -DER PRINZ. Und auf was? - Liebster, bester Mari-nelli, denken Sie für mich. Was würden Sie tun, wenn Sie an meiner Stelle wä-
    ren? MARINELLI. Vor allen Dingen, eine Kleinigkeit als eine Kleinigkeit ansehen; - und mir sagen, daß ich nicht vergebens sein wolle, was ich bin - Herr! DER PRINZ. Schmeicheln Sie mir nicht mit einer Gewalt, von der ich hier keinen Gebrauch absehe. - Heute sagen Sie? schon heute? MARINELLI. Erst heute - soll es geschehen. Und nur geschehenen Dingen ist nicht zu raten. - (Nach einer kurzen Überlegung) Wollen Sie mir freie Hand lassen, Prinz? Wollen Sie alles genehmigen, was ich tue? DER
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