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Emil und die drei Zwillinge

Emil und die drei Zwillinge

Titel: Emil und die drei Zwillinge
Autoren: Erich Kästner
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mich von ihrem Opfer weißt.
    Und sie wird nie erfahren, daß auch du ihr ein Opfer bringst! So wird die Last, die sie deinetwegen auf sich nimmt, leichter sein als jene, die du ihretwegen trägst. Verstehst du mich, mein Junge?“
    Er nickte.
    „Es ist nicht leicht“, fuhr sie fort, „ein Opfer dankbar anzunehmen, während man selber fröhlich und dem andern verborgen das größere Opfer bringt. Es ist eine Tat, die niemand sieht und keiner lobt. Aber eines Tages bringt sie dem andern Glück. Das ist ihr einziger Lohn.“ Die alte Frau erhob sich. „Tu, was du willst! Das eine oder das andre. Und überleg es dir genau! Ich lasse dich jetzt allein.“
    Emil sprang auf. „Ich komme mit, Großmutter! Ich weiß, was ich tue. Ich werde schweigen! Bis übers Grab.“ Die Großmutter sah ihm in die Augen. „Meinen Respekt!“ sagte sie. „Meinen Respekt! Heute bist du ein Mann geworden!
    Nun, wer früher als andre ein Mann wird, der bleibt’s länger als die andern. — So, und nun hilf mir gefälligst über den Straßengraben!“

FÜNFZEHNTES KAPITEL - SCHLUSS DER VORSTELLUNG
    Am Freitagmorgen führten die Detektive in Korlsbüttel die angekündigte Sammlung für Jackie durch. Dienstag und der Professor übernahmen den Strand und den Hafen, Gustav das Familienbad, Emil die Straßen im Ort und Pony den Bahnhof.
    „Es ist so aufregend“, erklärte sie, „wenn man sich vorstellt, daß jetzt überall an der ganzen Küste, viel weiter als man blicken kann, Kinder mit Listen und Bleistiften unterwegs sind und für Jackie Geld kassieren. Gebt mir rasch eine Liste und einen Bleistift. Da kann ich nicht ruhig zusehen!“ Als sie mittags zurückkehrten und sich in der Veranda zusammensetzten, um das Geld zu zählen, lief ihnen Klotilde über den Weg. Sie war total aus dem Häuschen. „Da soll der Mensch kochen können!“ rief sie. „Wißt ihr, wie oft es heute geklingelt hat? Dreiundzwanzigmal! Und jedesmal standen Kinder draußen, fragten nach euch und brachten Geld!“
    „Aber Schlips“, sagte der Professor, „das ist doch wunderbar.“
    „Vielleicht für euch“, entgegnete sie gereizt. „Fürs Mittagessen bestimmt nicht! Erst ist die Milch übergelaufen. Dann ist das Gemüse zerkocht. Und zum Schluß ist der Hammelbraten angebrannt. Ich bin eine Köchin und keine Bankfiliale!“
    „Für so ‘nen Zweck“, meinte Gustav, „schmeckt mir sogar angebrannter Braten, Fräulein Selbstbinder.“ Sie brummte etwas vor sich hin, holte aus der Schürzentasche einen Haufen Geldstücke und packte sie auf den Tisch. „Hier!
    Drei Mark und neunzig Pfennige. Zur doppelten Buchführung hatte ich keine Zeit.“ Sie hob die Nase hoch und schnupperte.
    „Entsetzlich! Da brennt ja schon wieder was an!“ Sie raste in die Küche. (Daß fünfzig Pfennige von ihrem eigenen Geld dabei waren, hatte sie absichtlich verschwiegen. Sie war eine Köchin mit vornehmem Charakter.)
    Die Kinder holten aus allen möglichen Taschen Geldstücke hervor, schütteten sie auf den Tisch und sortierten den Berg aus Kupfer, Nickel und Silber. Sie häuften die gleichartigen Münzen übereinander. Dann zählten sie. Es waren dreiundvierzig Mark.
    Sie addierten die Listenbeträge. Die Rechnung stimmte. Der kleine Dienstag legte schmunzelnd einen Zwanzigmarkschein dazu und sagte: „Von meinem Vater. Vom großen Dienstag.“ Der Professor rannte in den Garten, stöberte seinen Vater im Treibhaus bei den Tomaten auf und kam mit einem Zehnmarkschein zurück.
    Dann kramten sie in ihrem Taschengeld, machten Kassensturz und gaben nicht eher Ruhe, als bis insgesamt fünfundsiebzig Mark auf dem Tisch des Hauses lagen.
    Sie strahlten vor Begeisterung.
    Dienstag holte ein sauberes Taschentuch hervor und schippte das Geld auf das Tuch. Dann knotete er das Tuch fest zu.
    „Willst du Zauberkunststücke machen?“ fragte Emil. „Willst du bis drei zählen und die fünfundsiebzig Mark verschwinden lassen?“
    „Ich nehme das Geld mit“, erklärte Dienstag.
    „Wieso denn?“ fragte der Professor.
    „Das kann doch hierbleiben!“ rief Pony.
    Gustav sagte: „Laßt den Kleinen nur machen. Wir haben mit dem Geld etwas vor. Es ist ein Einfall von mir.“ „O je“, rief Pony. „Jetzt hast du auch schon Einfälle! Du bist doch nicht etwa krank ?“
    „Ich nicht“, sagte er und krempelte die Ärmel hoch. „Komm mal näher ‘ran. Wir besuchen dich morgen im Krankenhaus.“ Er rückte ihr zuleibe. Sie rannte zu Klotilde in die Küche.
    „So eine
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