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Emil und die drei Zwillinge

Emil und die drei Zwillinge

Titel: Emil und die drei Zwillinge
Autoren: Erich Kästner
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holte aus der Hausapotheke Baldriantropfen.
    Die mußte sie schlucken. Dann sagte sie: „Es ist ein Skandal, sich so unterkriegen zu lassen!“ und marschierte in die Küche.
    Dort kontrollierte sie die Bestandsliste der Jungens und die Speisekammer. Es war alles in tadelloser Ordnung. Sie wollte es erst gar nicht glauben. Später ging sie, leise schwankend, in den Ort, um fürs Mittagessen einzukaufen.
    Den anderen Reisenden war nicht übel geworden. Sie erzählten viel von Kopenhagen, Seeland und Bornholm, und Pony Hütchen las einiges aus ihrem Stichwort-Katalog vor. Im Grunde waren sie aber doch alle froh, wieder zu Hause zu sein. Emils Großmutter meinte: „Hotelbetten ble iben Hotelbetten. Ich werde mich mal probehalber bis zum Essen in meine Klappe legen.“ Sie stieg mit Pony nach oben. Der Justizrat fragte, ob in der Zwischenzeit irgend etwas Ernstes oder Bedenkliches vorgefallen sei.
    Die Jungen dachten an die Insel mit der Palme, aber auch an den Kapitän und dessen Rat und schüttelten verlegen die Köpfe.
    „Das habe ich nicht anders erwartet“, meinte der Justizrat.
    Und er erzählte ihnen von der Angst, die seine Frau am Dienstag abend befallen habe. Er lachte überlegen. „Daß Frauen immer gleich so ängstlich sind. Deine Mutter hatte richtiges Alpdrücken, mein Junge, und glaubte euch in einer großen Gefahr.
    Da sieht man wieder einmal ganz deutlich, wie falsch es ist, auf die innere Stimme zu hören, an der empfindsame Frauen leiden.
    Es handelt sich um depressive Phantasie, um weiter nichts!“ Die Detektive blickten einander an und schwiegen wohlweislich. Dienstag benutzte die Gelegenheit, aus der Villa Seeseite auszuziehen. Er holte seinen Schlafanzug und die Zahnbürste von nebenan, bedankte sich für die ihm erwiesene Gastfreundschaft und kehrte in die Pension zurück, in der seine Eltern wohnten.
    Dann berichtete der Professor seinem Vater in großen Zügen von der mißglückten Razzia auf Mister Byron und von ihren Plänen und Versuchen, Jackie auf die Beine zu helfen. „Außerdem“, erzählte er, „hat Jackie heute nacht bei uns im Feldbett geschlafen. Jetzt ist er bei Hans Schmauch zu Besuch. Wenn es euch recht ist, bleibt er vorläufig hier wohnen.“ Herr Haberland war einverstanden. „Ihr habt eure Selbständigkeit gut angewendet“, meinte er. „Da können wir Großen ja gleich wieder abreisen!“
    Sie dachten an die Robinsonade auf der kleinen Insel und fühlten sich nicht allzu wohl in ihrer Haut.
    Gustav war natürlich vorlaut und sagte: „Manchmal ist es trotzdem ganz praktisch, daß es Erwachsene gibt.“ Die Jungen erschraken. Emil trat Gustav energisch auf den Fuß.
    Gustav schnitt eine Grimasse.
    „Was hast du denn?“ fragte Justizrat Haberland.
    „Magenschmerzen“, erklärte Gustav notgedrungen.
    Der Justizrat stand sofort auf und holte die Baldriantropfen herbei. Und obwohl Gustav kerngesund war, mußte er Baldrian schlucken.

    Die Freunde grinsten vor Schadenfreude wie die Vollmonde.
    „Wenn dir nicht besser wird“, meinte der Justizrat, „kriegst du in zehn Minuten noch einen Löffel voll.“
    „Bloß nicht!“ rief Gustav außer sich. „Ich bin schon wieder völlig mobil!“
    Der Justizrat freute sich. „Ja, ja“, sagte er zufrieden. „Auf Baldriantropfen lasse ich nichts kommen.“ Nach dem Mittagessen erschien der Kapitän. Sie saßen noch zu Tisch. Er begrüßte die Dänemarkfahrer. Dann holte er die ,Bäder-Zeitung‘, die soeben erschienen war, hervor und sagte:
    „Jungs, ihr geht ja aufs Ganze! Mobilisiert die halbe Ostseeküste für diesen Jackie! Übrigens, wo ist denn der Knabe?“
    „Bei dem Pikkolo“, antwortete Emil. „Bei Ihrem Neffen.“ Der Kapitän gab die Zeitung den Erwachsenen. Die Jungen stellten sich dahinter. Und dann lasen sie alle miteinander den Aufruf des Professors. Nur der Verfasser selber, der blieb sitzen.
    Obwohl er für sein Leben gern gesehen hätte, wie sich sein Werk gedruckt ausnahm.
    Anschließend zeigte der Kapitän das große Inserat der Leuchtturm-Lichtspiele, in dem mitgeteilt wurde, daß Emil und die Detektive eine Woche lang allen Vorstellungen beiwohnen würden und daß die Einnahmen des ersten Tages für Jackie Byron bestimmt seien.
    Pony war begeistert. „Welches Kleid soll ich denn zum Verbeugen anziehen?“ fragte sie aufgeregt. „Ob ich mir mein neues aus Berlin schicken lasse?“
    „Wie einem so etwas Spaß machen kann!“ rief Gustav fassungslos.
    „Schrecklich“, meinte der Professor.
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