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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Elbel
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untergehende Sonne verlieh dem kleinen Erdhügel und dem schlichten Holzkreuz eine orange Korona. Cooper wischte sich ein paar Tränen vom Gesicht. Sie war vor nicht ganz einem Tag aus dem Elysion in die Stadt zurückgekehrt.
    Sie kniete sich nieder und legte eine kleine Schachtel auf das Grab.
    »Du hast Wort gehalten«, sagte Gregory hinter ihr.
    »Aber zu spät«, erwiderte Cooper.
    Er legte ihr die Hand auf die Schulter. »Du hast getan, was du konntest. Es sollte nicht sein. Sie hat gewusst, dass du sie nie im Stich lassen würdest.«
    Sie drehte den Kopf und sah ihn an. Sein Blick hatte wirklich etwas Tröstendes. Sie nickte. Dann wandte sie sich wieder dem Grab zu.
    Jimmy stand etwas abseits, am Rand eines der Klärbottiche. Sie konnte sehen, wie er die Nase rümpfte, und musste innerlich grinsen.
    »Ich muss dir noch etwas erzählen, Cooper«, sagte Gregory. »Sie ist vor ihrem Tod noch einmal aufgewacht.« Seine Stimme klang belegt. Es fiel ihm sichtlich schwer weiterzusprechen. »Es geht um den Tag, an dem … an dem sie dich gefunden …«
    »Ich weiß«, unterbrach ihn Cooper. »Ich weiß es. Brent hat es mir erzählt, kurz bevor Stacy sich …« Sie brachte den Satz nicht zu Ende.
    »Was empfindest du?«
    Cooper atmete tief durch. »Nichts. Ich kann es nicht sagen. Ich bin nicht wütend oder so. Vor ein paar Tagen wäre ich vielleicht wütend gewesen, aber heute …«
    »Du musst wissen, dass sie damals ein anderer Mensch war. Die Drogen hatten sie beinah zerstört. Aber später … Sie hätte alles getan, um es ungeschehen zu machen, und es tat ihr unendlich leid. Sie wollte, dass ich dir das sage.«
    Sie nickte. Es war schwer, sich Big Mama unter diesem Erdhügel vorzustellen. Es war noch schwerer, sich vorzustellen, dass sie und Stacy jene schemenhaften Gestalten waren, die sie an der Tür gesehen hatte, damals, als ihre Mutter in den Schnee fiel. Jedes Mal, wenn sie in den vergangenen Stunden diesen Gedanken in ihrem Kopf bewegt hatte, hatte sie förmlich darauf gewartet, dass irgendetwas explodierte, irgendetwas, das es ihr erlauben würde, Big Mama zu hassen, irgendetwas, das alles ganz klar werden ließ. Aber es passierte nichts. Vielleicht würde es irgendwann anders sein, vielleicht würde sie ihnen sogar irgendwann verzeihen können. Aber nicht hier, nicht heute.
    »Sie hat dich geliebt wie ihr eigen Fleisch und Blut«, sagte Gregory. »Das weißt du doch?«
    Cooper antwortete nicht. Sie wischte nur die Tränen weg, die beständig über ihre Wangen flossen. Wieder fiel ihr Blick auf Jimmy. Blitzartig senkte er den Kopf, als würde er seine Zehen betrachten. Sie lächelte still in sich hinein.
    »Der Kerl sieht aus, als könnte er was zu trinken gebrauchen«, flüsterte sie Greg zu.
    »Ja, da könntest du recht haben«, flüsterte er zurück.
    Sie schickte sich an, den Bottich zu umrunden, um zu Jimmy zu gehen, der immer noch dastand und angestrengt seine Füße betrachtete.
    »Mein Gott, Cooper«, erklang es hinter ihr.
    Sie fuhr herum.
    Greg starrte auf den schmalen Streifen Erde, den sie gerade durchquert hatte.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Sieh nur!« Er wies nach unten.
    Sie folgte seinem Fingerzeig. Dort waren auf der Erde eine Reihe Ovale auszumachen, die sich durch einen grünen Flechtenbewuchs von der staubigen Oberfläche abhoben.
    »Sind das …?«, begann sie.
    »Deine Fußspuren«, bestätigte Greg. »Es ist in Sekundenschnelle gewachsen. Wie, zum Teufel …?« Er starrte sie fassungslos an.
    »Es gibt da eine Sache, die ich dir noch nicht erzählt habe«, gestand sie.
    »Das scheint mir auch so«, sagte Greg, dessen eine Augenbraue dabei einen wundervoll konsternierten Bogen zeichnete.
    Sie setzten sich in Bewegung und gingen auf Jimmy zu.
    »Wo hast du den netten jungen Mann gefunden?«, fragte er.
    »Jimmy?« Sie lächelte. »Soweit ich mich erinnern kann, hat er mich gefangen genommen, unten im Labor meines Vaters.«
    »Hat einen guten Geschmack, der Kerl.«
    Cooper schmunzelte. »Sieht so aus.«
    Mittlerweile waren sie in Jimmys Hörweite.
    »Hey!«, begrüßte er sie. »Alles in Ordnung?«
    »Denke schon«, antwortete Cooper.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte er eifrig um Konversation bemüht.
    »Einfach ein bisschen hier im Abendwind stehen, wäre ganz okay, denke ich«, sagte Cooper.
    Zu dritt starrten sie in Richtung Zentrum.
    »Seht mal dort!«, rief Greg auf einmal.
    Er wies auf einen der Wolkenkratzer.
    »Wow!«, entfuhr es Cooper.
    »Was ist da?«, fragte
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