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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Elbel
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wie ihr unvermeidbares »Leute, seid friedlich. Wir sind doch eine Familie, wir drei, oder?«, das sie gerade wieder von sich gab.
    Brent verdrehte unsichtbar für die hinter ihm stehende Stacy die Augen. Cooper schoss ihm dafür einen missbilligenden Blick zu, den er wiederum mit einem Achselzucken quittierte. Zwar ging Stacys Nesttrieb Cooper nicht weniger auf die Nerven als Brent, aber sie war sich bewusst, dass dahinter ein gutes Herz steckte. In Momenten wie diesen verstand sie nicht, warum Brent und Stacy überhaupt ein Paar waren. Aber so war es nun einmal. Unzertrennlich wie Licht und Motte, hatte ihr der kleine Georgie bei der vorgestrigen Dieselparty im Compton Warehouse ins Ohr geflüstert.
    Tja, der gute Georgie. Ebenjener Georgie von der Marshall Plaza. Jetzt war er entweder mausetot oder irgendwo dort draußen bei den Elysiern, wie sie sich selber nannten. Für Cooper und die anderen Stadtbewohner ein besseres Wort für Malachim-Sklaven oder hirnamputierte Waldfreaks oder faschismussüchtige Opferlämmer. Was auch immer, jedenfalls etwas, das Cooper nie werden würde, und wenn, dann nur als verwesende Leiche.
    Sie versetzte Brent den obligatorischen Ellbogenstoß in die Rippen, drehte sich um und bahnte sich wieder den Weg voran durch das Unterholz. Höchste Zeit, noch mal zu checken, ob die beiden an ihren Teil der Ausrüstung gedacht hatten.
    »Feldgenerator geladen?«
    »Klar doch, bis zum Anschlag, Coop.«
    Cooper wich einem Gecko aus, den wohl der Anblick der drei Wanderer hatte erstarren lassen. Allmählich kam es ihr vor, als ob der Wald lichter wurde. Der Gedanke hob ihre Stimmung ein wenig.
    Doch es waren weniger die drei, deren Anblick das Tier versteinert hatte, als vielmehr der des Mannes, der ihnen schon seit ungefähr einer halben Stunde unbemerkt folgte und dessen kräftiger Körper einen auch für Geckos verstörenden Mangel aufwies:
    Er hatte keine Haut.

    Das kleine Mädchen watete tapfer durch den Schnee, der den Waldboden fast bis zur Höhe seiner Knie bedeckte. Unsicher spähte es zwischen den Fichtenstämmen hindurch, die sich zu lichten begannen. In die Vorfreude, nach einem anstrengenden Schultag im Dorf und einem Heimweg von gut einer Meile die Blockhütte seiner Eltern zu sehen, mischte sich eine leichte Beklommenheit. Irgendetwas war anders. Selbst im Winter hätte man hier und dort das Geräusch eines Tieres vernehmen müssen, das Klopfen eines einsamen Spechts, den Ruf eines Dompfaffs. Heute war alles seltsam still. Allmählich wurde die Hütte hinter den Bäumen sichtbar.
    Oft hatte sich die Kleine gefragt, warum sich ihre Eltern in diese Abgeschiedenheit begeben hatten, statt wie die Eltern der anderen Kinder im Dorf oder in der riesigen Stadt nicht weit von hier im Westen zu wohnen. Sie selbst hätte jedenfalls gern dort bei all den anderen Kindern gelebt.
    Links vom Weg erhob sich in einiger Entfernung deutlich der »Hügel der grünen Männer«. Das Mädchen hatte ihn so getauft, weil die Männer, die den Eingang zu dem kleinen Gelände auf der Hügelkuppe bewachten, grüne Kleidung trugen, bis hin zu den Mützen auf ihren Köpfen. Nur zu gern hätte das Mädchen gewusst, was sich hinter der hohen Mauer verbarg, die die Hügelkuppe umgab und über deren Krone nur ein kleiner Teil des seltsamen Gebäudes auszumachen war, das sich dahinter befand. Jedes Mal, wenn sie an dem Gelände vorbeiging, kam ihr das Gebäude hinter der Mauer wie eine riesige Schlange vor, die sich eingerollt hatte, allerdings eine aus Stein und Eisen.
    Sie hätte sich zu gern selbst davon überzeugt, aber als sie eines Tages ihren Vater darauf angesprochen hatte, war er sehr ärgerlich geworden und hatte ihr verboten, dorthin zu gehen und auch nur davon zu sprechen. Natürlich hatte das ihre Neugier nur noch gesteigert, und so hatte sie sich oft vorgestellt, einfach zu den grünen Männern zu gehen und sie zu fragen, ob sie wirklich eine riesige Schlange bewachten.
    Seit einiger Zeit allerdings war es am Zugang zu dem Gelände merkwürdig still geworden, und die grünen Männer waren nirgendwo mehr zu sehen. Auch an diesem Tag konnte sie keinen von ihnen ausmachen.
    Überhaupt schien in diesen Tagen einiges anders zu sein. Zum Beispiel war ihr Vater schon seit Wochen zu Hause. Normalerweise bekam sie ihren Vater nur an den Wochenenden zu Gesicht, denn an den anderen Tagen der Woche war er bei der Arbeit, oft bis spät in die Nacht. Sie hatte versucht, ihn über diese Arbeit auszufragen, mit der ihr
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