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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Elbel
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hinter sich gelassen.
    Er wies mit dem Finger auf sie und sprach wieder zu den anderen. »Sie hat recht. Ihr seid schon einmal betrogen worden. Aber ich – ich bin nicht hier, um euch zu irgendetwas zu zwingen. Es ist eure Wahl. Bleibt hier in der Asche, wenn ihr wollt. Ich werde euch nicht daran hindern.«
    Maureen spürte, wie die Leute rund um sie herum nachdenklich wurden. Doch sie wollte nicht wieder einem Verführer aufsitzen.
    »Schöne Worte, aber ich weiß, was du vorhast. Du lockst uns in die Stadt, wo deine Leute über uns herfallen werden.«
    Es war in diesem Moment, dass sich ein langer, dünner Schatten aus der Gruppe Kinder löste.
    »Lass es gut sein, Mutter«, sagte der Schatten.
    Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Tränen füllten ihre Augen.
    »Jimmy!« Sie rannte, eilte, flog ihm entgegen. Ein paar Minuten später lagen sie sich in den Armen, während über ihnen der Bärtige mit seiner Rede fortfuhr.
    »Es tut mir leid, Mutter«, sagte er.
    »Nein«, flüsterte Maureen tränenerstickt. »Mir tut es leid.«
    Erst da fiel ihr auf, dass hinter Jimmy eine zweite Person stand. Lang, dürr, kurze Haare. Als Jimmy bemerkte, wie sie hinter ihn starrte, drehte er sich um.
    »Oh«, sagte er sichtlich verlegen. »Mum, darf ich vorstellen, das ist Cooper … äh … Cooper Kleinschmidt. Sie kommt aus der Stadt.«
    Das Mädchen lächelte scheu. Mechanisch ergriff Maureen die Hand, die sich ihr entgegenstreckte. Sie war darum bemüht, es sich nicht anmerken zu lassen, aber aus der Nähe irritierte sie das Aussehen des Mädchens noch viel mehr, ohne dass sie sagen konnte, warum.
    »Kenne ich dich irgendwoher?«, fragte sie.
    Jimmy und das Mädchen warfen sich einen kurzen Blick zu. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich glaube nicht. Wie Jimmy sagte, ich komme aus der Stadt.«
    Die Art, wie Jimmy das Mädchen anschaute, weckte in Maureen einen beunruhigenden Verdacht.
    »Seid ihr … äh … Freunde?«, fragte sie misstrauisch.
    Wieder sahen sich die beiden an. Jimmys Gesicht war auf einmal bemerkenswert gut durchblutet, wie Maureen ärgerlich feststellte.
    Das Mädchen erlangte die Fassung schneller zurück als er und sagte: »Ja, sind wir. Kumpels, Ma’am.«
    Maureen konnte an Jimmys Gesicht ablesen, dass diese Aussage nicht völlig nach seinem Geschmack war. Er sah fast so aus wie sein Vater damals, als er ihrem Vater gegenübergestanden hatte. Sie seufzte.
    »Na schön«, sagte sie schließlich. »Was haltet ihr von einer guten Tasse Tee?«

    Oben auf dem Felsen genoss McCann den Augenblick seines Sieges. Die Zweifler waren still geworden. Die Menge hing an seinen Lippen. Die Stadt würde sich wieder mit Menschen füllen. Die Ungeheuer, die sein Leben in den letzten Jahren bestimmt hatten, hatten sich geschlagen gegeben, und die alte Welt kehrte zurück.
    »Starke Rede«, sagte jemand neben ihm.
    McCann drehte sich um. Es war der orientalische Junge. Sarim oder so ähnlich. Klein und kräftig. Er hatte etwas angenehm Verschlagenes.
    »Findest du?«, fragte McCann.
    »Mich hast du jedenfalls überzeugt«, antwortete der Junge mit pubertärer Coolness.
    McCann drehte sich vollends zu ihm um und musterte den Jungen so lange, bis dessen Gesicht sich dunkelrot verfärbte. »Hör zu, du kleiner Furz«, sagte er dann. »Wenn ich einen Arschlecker bräuchte, würde ich mir einen Hund anschaffen und mir eine Wurst in den Hintern schieben.«
    Der Junge starrte ihn entsetzt an.
    McCann wandte sich wieder ab, damit er sein Grinsen nicht sah. Dann betrachtete er schweigend die Menge, in der nun heftig diskutiert wurde.
    »Wie heißt du, Junge?«, sagte er, als er meinte, dass er lange genug gewartet hatte.
    »Äh … Rasim, Sir.«
    »Nun, Rasim. Wie es der Teufel will, ist mir mein letzter Adjutant … äh … abhandengekommen. Sprich, ich habe Bedarf.«
    »Äh … verstehe, Sir. Was macht denn so ein Adjutant?«
    »Er bringt mir die Stiefel, wenn ich pfeife, zündet mir meine Zigarren an, wenn ich mit den Fingern schnippe, wird von mir zusammengeschissen, wenn irgendwas schiefläuft, und scheißt in meinem Namen andere zusammen.«
    »Klingt echt toll, Sir.«
    »Dann haben wir einen Deal?«
    Der Junge überlegte nicht lange. »Okay, Sir.«
    »Gut, Rasim. Aber ich warne dich. Solltest du jemals auf die Idee kommen, nach meiner Krone zu greifen, zwing ich dich dazu, deine eigenen Eier zu fressen.«
    »Keine Sorge, Sir. Ich bin kein Anführer.«
    McCann nickte. »Gut.«
    Es würde ein prächtiger Tag werden.

    Die
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