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Elsa ungeheuer (German Edition)

Elsa ungeheuer (German Edition)

Titel: Elsa ungeheuer (German Edition)
Autoren: Astrid Rosenfeld
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vergessen, was ich einmal gewusst habe. Alles zusammen ist die Ewigkeit. Was heißt das? Was heißt das?«
    Dann legte er auf.
    Der Tod setzte seine Serie fort. Dieses Mal überschritt er die Grenzen meines Dorfes.
    Ich betrat als Erster das Notarbüro van Burden, nur wenige Gehminuten von Mrs.   Grahams Villa entfernt. Ein kalter Februarwind strömte durch das halbgeöffnete Fenster.
    Fünf Stühle, fünf Erben.
    Vera, Lorenz und Jaap trafen kurz nach mir ein.
    Das erste Wiedersehen mit meinem Bruder, seitdem er mich zusammengeschlagen hatte. Von der Sonne geküsst – die Worte wollten nicht mehr zu ihm passen. Es war, als hätte jemand den zauberhaften Glanz einfach abgewischt.
    »Danke für deinen Anruf aus Marrakesch«, sagte ich.
    Er schien sich nicht zu erinnern.
    »Weihnachten«, half ich ihm auf die Sprünge.
    »Ach so, Weihnachten. Weihnachten war ich in Marrakesch.«
    Jaap, der nicht wusste, wie die Dinge zwischen den Brauer-Brüdern lagen, unterbrach unser Gespräch. Der Gärtner berichtete von Windspiel und schloss mit der inständigen Bitte, den Hund behalten zu dürfen. Ich willigte ein, bereute es aber schon in der nächsten Minute.
    Fünf Stühle, fünf Erben.
    »Dann wären wir komplett«, sagte der Notar, als Sebastian Mirberg durch die Tür schritt.
    Während Vera fassungslos ihren Exmann anstarrte, begrüßte uns van Burden auf Niederländisch und auf Deutsch.
    »Kommen wir zur Testamentseröffnung.« Der untersetzte Mann räusperte sich ein wenig zu laut und ein wenig zu lang.
    »Die gesamte Graham-Sammlung vermache ich dem Museum of Modern Art.«
    Vera klappte der Mund auf, mein Bruder spielte nervös mit seinen Fingern, Mirberg senkte das Haupt.
    »Karl Brauer erhält sein Erbe im Anschluss an die Verlesung. Es ist im Notarbüro Robrecht van Burden für ihn hinterlegt.« Der Notar klopfte auf einen schwarzen Karton, der auf seinem Schreibtisch lag.
    »Jaap van Dohl hinterlasse ich mein Grundstück und mein Haus in Wassenaar.
    Sebastian Mirberg übereigne ich die Aevum-Stiftung sowie das Recht, sich ein jährliches Gehalt von 80   000 DM aus den Stiftungserträgen auszuzahlen.
    Lorenz und Vera Brauer vermache ich das Fabrikgebäude in der Spielmannstraße 5, zeitlich befristet bis zum Jahr 2041. Anschließend geht das Objekt in den Besitz der Stiftung über. Außerdem wird Lorenz Brauer sein 1998 verliehenes Aevum-Stipendium, dotiert mit 60   000 DM , ausgezahlt.
    Das ist mein letzter Wille. Und bitte, liebe Freunde, legt keine Blumen auf mein Grab.«
    Der Notar sah in die Runde. »Gibt es noch Fragen? Keine Fragen? Karl Brauer, wären Sie so freundlich.«
    Er überreichte mir den Karton.
    »Eine Bombe?«, fragte ich.
    »Ein Scherz?« Er lächelte.
    »Man weiß ja nie.«
    »Würden Sie mir den Erhalt hier quittieren.«
    Die anderen hatten derweil van Burdens Büro verlassen.
    Ich nahm meinen Mantel und schloss die Tür.
    Auf dem Flur versperrte Vera mir den Weg.
    »Was ist da drin?« Sie sah aus wie ein gehetztes Tier.
    »Keine Ahnung.«
    »Hast du noch Irinas Kreditkarten?«
    »Ja.«
    »Funktionieren deine noch?«
    »Keine Ahnung.«
    »Was heißt das, keine Ahnung?«
    »Dass ich es nicht weiß. Ich habe sie nicht mehr benutzt, seit ich das Schiff verlassen habe.«
    »Welches Schiff?«
    Ich holte die Karten aus meinem Portemonnaie und drückte sie Vera in die Hand. »Nimm sie, probier es selbst aus.«
    Ihre Finger umschlossen das schwarze Plastik, ahnten, dass es vollkommen wertlos war. Das Projekt Brauer gab es nicht mehr. Seine Entourage, seine Macher waren arbeitslos.
    »Warum hat Irina das getan?«, schrie sie hysterisch.
    »Vera, sie hat die Sammlung ihrer Eltern in gute Hände gegeben, ihrem Gärtner ein Zuhause geschenkt, Mirberg eine zweite Chance und Lorenz die Möglichkeit, sein Werk zu vollenden.«
    »Und was ist mit mir?«
    »Du sollst bei ihm bleiben. Das Atelier gehört euch beiden. Du hast kein Geld mehr für Medizin und ich einen schwarzen Karton. Vielleicht sollten wir zufrieden sein.«
    Sie lachte laut auf. »Und jetzt werden wir alle gute Menschen, ja? Ich hätte alleine weitergemacht… bis es… bis…«
    »Bis es zu Ende ist?« Ich drängte mich an der Frau meines Bruders vorbei.
    Um niemandem mehr begegnen zu müssen, suchte ich den Hinterausgang des Gebäudes.
    Im Zug siegte die Neugier über meinen Vorsatz, den Karton erst zu Hause aufzumachen. Den ersten Klebebandstreifen entfernte ich sorgfältig, dann schwand meine Geduld und ich zerriss die Pappe mit Gewalt.
    Die
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