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Ella und die falschen Pusteln

Ella und die falschen Pusteln

Titel: Ella und die falschen Pusteln
Autoren: Carl Hanser Verlag
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und das Kind auch.«
    »Genau wie ich, und trotzdem hab ich Pusteln«, sagte der Lehrer. »Nein, kommt nicht infrage. Das ist viel zu gefährlich.«
    »Hör zu, Liebling«, sagte die Frau des Lehrers geduldig. »Ich erwarte ein zweites Baby und muss mich um zwei Hunde, ein Kleinkind und einen Ehemann kümmern, der sich für ein gepunktetes Zebra hält. Das kann ich nicht zu Fuß – bitte!«
    »Und die Kinder dort drüben, die an diesem schrecklichen Ort niemand anderen haben als mich?« Der Lehrer zeigte durch die Scheibe auf uns. »Wie sollen sie jemals von hier wegkommen, wenn du unser schönes neues Auto mitnimmst?«
    »Erst mal gar nicht«, sagte die Frau des Lehrers streng. »Sie sind schließlich in Quarantäne – genau wie du.«
    Und dann spazierte sie einfach in sein Zimmer und holte den Autoschlüssel aus der Nachttischschublade.
    »Gute Nacht!«, sagte sie und gab dem Lehrer ein Küsschen auf die Stirn.
    »Fahr bitte vorsichtig!«, seufzte der Lehrer.
    Dann stand er lange am Fenster und sah seiner Frau und seinem Kind und seinen Hunden nach, die in seinem nagelneuen Auto davonfuhren. Der Lehrer tat uns leid. Wir konnten uns gut vorstellen, was er für ein schlimmes Heimweh hatte.

Die richtige Medizin wirkt Wunder
    Die Nacht war ruhig, außer dass der Lehrer uns zweimal weckte. Beim ersten Mal sagte er, wir sollten die Mathebücher aufschlagen, und beim zweiten Mal sollten wir irgendwelche Autodiebe fangen. Wahrscheinlich hatte er aber nur schlecht geträumt.
    Am Morgen unterhielt er sich dann mit Pekka.
    »Schön, zu sehen, dass du so munter bist«, sagte er durch die Scheibe.
    »Danke, gleichfalls«, sagte Pekka.
    »Ich hab mir schon Sorgen um dich gemacht.«
    »Danke, gleichfalls«, sagte Pekka.
    »Aber jetzt bist du ja in guten Händen.«
    »Danke, gleichfalls«, sagte Pekka.
    »Und wie fühlst du dich?«
    »Ich bin ein bisschen aufgeregt, was die Ärzte sagen«, sagte Pekka.
    »Mach dir keine Sorgen. Es ist bestimmt nichts Ernstes«, sagte der Lehrer.
    »Da wär ich mir nicht so sicher«, sagte Pekka.
    »Ich bin jedenfalls hier, falls du mich brauchst.«
    »Danke, gleichfalls«, sagte Pekka.
    »Die richtige Medizin wirkt Wunder«, versicherte der Lehrer.
    »Hoffentlich«, sagte Pekka.
    »Du wirst sehen, bald ist alles wieder heil.«
    »Bei der Nachttischlampe und dem Fenster bin ich mir da nicht so sicher«, sagte Pekka.
    Dann gab es Frühstück, und danach kamen jede Menge Ärzte auf unsere Station. Der Lehrer versuchte, als Erster dranzukommen und ihnen seine Pusteln zu zeigen, aber die Ärzte beachteten ihn gar nicht, nicht mal, als er sich auf den Boden schmiss und röchelte, dass man es bestimmt im ganzen Krankenhaus hörte. Anscheinend wollten die Ärzte alle erst Pekka untersuchen.
    »Kinder und Frauen zuerst gilt nur für Rettungsboote!«, rief der Lehrer, aber da waren sie schon an seinem Zimmer vorbei.
    Ehrlich gesagt, wäre es uns auch lieber gewesen, wenn sie erst den Lehrer untersucht hätten. Wo er schon mal da war, wäre das schließlich der schnellste Weg gewesen, um herauszufinden, was ihm fehlte.
    Aber die Ärzte gingen schnurstracks in Pekkas Zimmer und schlossen die Tür. Wir schlichen zum Fenster und sahen, dass drinnen ein ziemliches Gedränge war. Es war ein bisschen so, als hätte man sechs dicke Brachsen und einen Putzerfisch in ein zu kleines Aquarium gequetscht. Der Putzerfisch hatte sich unterm Bett versteckt. Wahrscheinlich hatte er gesehen, dass einer der Ärzte einen Schraubenzieher und eine Kombizange dabeihatte. Wir draußen wunderten uns auch ein bisschen, wozu er die wohl brauchte.
    »Und wo ist bitte der Patient?«, fragte der Oberarzt. Dass er das war, sah man an seiner schönen Fliege. Die anderen trugen alle Krawatten bis auf zwei, eine Frau mit einer Perlenkette und ein Mann mit einer blauen Latzhose, zu der keine Krawatte gepasst hätte. Wir vermuteten, dass der mit der Latzhose der Kinderarzt war, aber was er mit dem Schraubenzieher und der Kombizange vorhatte, wussten wir trotzdem nicht.
    »Ich sehe auch niemanden«, wunderte sich die Ärztin mit der Perlenkette.
    Das fanden wir ganz schön komisch, weil ja das ganze Zimmer voller Leute war. Die Ärztin hätte vielleicht mal zum Augenarzt gehen sollen. Oder sie war selbst Augenärztin, und Augenärzte können sich vielleicht selbst nicht untersuchen.
    »Ein unsichtbarer Patient in Quarantäne – äußerst interessant!«, sagte einer der Ärzte mit Krawatte. Auf seiner war Mickymaus abgebildet.
    Unserer
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