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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen
Autoren: Thomas Kielinger
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werden, sind es vor allem «andere Kinder, die eine ernorme Faszination ausüben, wie mystische Wesen aus einer anderen Welt. Die beiden kleinen Mädchen lächeln die, deren Aussehen ihnen gefällt, immer scheu an.» Dann fährt sie fort: «Sie hätten so gerne mit ihnen gesprochen und Freundschaft geschlossen, aber dazu wurden sie [von den Eltern] nie angehalten. Wie schade, habe ich oft gedacht. Die holländischen und belgischen Königskinder können wie selbstverständlich in den Straßen ihrer Länder spazieren gehen.»
    Die liebe Crawfie. England war und ist in monarchischen Dingen weder Holland oder Belgien noch wie andere radelnde Königsfamilien. Als man der Queen am Abend des 31. Januar 1980 zusteckte, die holländische Monarchin Juliana habe soeben am Fernsehen mitgeteilt, sie wolle zum 30. April zugunsten ihrer Tochter Beatrix abdanken, gab Elizabeth Berichten zufolge knapp zur Antwort: «Typisch holländisch.» Eine leicht ungnädige Bemerkung, die Äpfel mit Birnen vergleicht. Die britische konstitutionelle Monarchie betrachtet – das hatte die Erfahrung mit Edward VIII. bekräftigt – Abdankungen als den größten anzunehmenden Unfall, auch wenn dieser Schritt so geordnet vonstatten geht wie im holländischen Fall die Übergabe des Zepters von der Mutter an die Tochter.Fällt in England der Monarch durch Krankheit oder gar geistige Debilität aus, wie zeitweilig George III., dann wird der Nachfolger «Regent», aber nicht König – es kann keine zwei Monarchen gleichzeitig geben. Das wird von denen immer übersehen, die so angelegentlich fragen, warum die 85-jährige Queen die Geschäfte nicht schon jetzt an Charles oder, besser noch, an dessen Erstgeborenen, William, abgibt. Die Queen kann dergleichen gar nicht verfügen, das verbieten die souveränen Rechte des Parlaments, und dieses wird kein Gesetz erlassen, das eine Abdankung des Staatsoberhauptes möglich macht. Auch das Commonwealth, das in solchen Fragen Mitspracherecht hat, wird es nicht tun. Wie der Papst in Rom muss der britische Monarch in den Sielen sterben. Im Übrigen fehlt in der Windsor-Tradition ein wichtiges Element: Bürgernähe, wie sie in den übrigen europäischen Königshäusern gepflegt wird. Das dürfte sich wahrscheinlich erst unter einem König William V. und seiner Königin Catherine ändern.
    Bürgernähe? Es fiel Marion Crawford schon schwer genug, bei den Eltern auch nur den Wunsch der Kinder durchzusetzen, einmal in Londons Underground zu fahren. Eine Detektivin wurde diskret abgestellt für die Gruppe, aber die Prozeduren «hätten jemanden glauben machen können, wir begäben uns auf eine Expedition zu den prächtigen Kuppeln des Kubla Khan und nicht auf eine Fahrt in der Londoner U-Bahn». Die Mädchen kauften ihre eigenen Tickets – «das ganze Unternehmen war feierlich wie eine Investitur».

    Unterricht fand in neun Vormittagsstunden pro Woche statt, der Nachmittag stand Spielen zur Verfügung, auch Nadelarbeiten oder dem unverzichtbaren
outdoors –
Reiten im Windsor Great Park, Gartenarbeit, Bauen und Basteln, dem Ausgehen mit den Hunden, Ausflügen, später Tanzunterricht. Elizabeth wurde nach den Usancen der edwardianischen Ära zu Anfang des 20. Jahrhunderts erzogen – eine perfekte Lady sollte herauskommen, nach Art der Tausenden von Debütantinnen aus den Kreisen der Aristokratie und der High Society, die jährlich bei Erreichen ihrer Volljährigkeit beiHof vorgeführt wurden und von da an nur noch nach einer Qualität beurteilt wurden: ihrer Heiratsfähigkeit. Crawfie in ihrer Ehrlichkeit hatte ja beschrieben, was den Yorks wichtig war: «eine glückliche Kindheit, mit einer Menge angenehmer Erinnerungen für kommende Tage, und später dann eine glückliche Heirat.»
    Als Erziehungsideal war das in den 30er Jahren mindestens um zwei Generationen überholt, wie der Historiker Robert Lacey 2002 in seiner überarbeiteten Biografie ohne Umschweife feststellt – auch wenn niemand etwas gegen «eine glückliche Kindheit» hätte einwenden wollen. Eine praktische, keine intellektuelle Prinzessin war das Ziel, gemäß der traditionellen Aversion des Königshauses gegenüber allem Intellektuellen. Bloß keinen Blaustrumpf! In der Tat beruhte die Wirkung, die Elizabeth schon als Jugendliche auf ihre Generation ausübte, vor allem auf dieser Vermeidung jeglicher intellektueller Ambition: Es kam darauf an, die Monarchie populär zu erhalten unter allen Schichten, vor allem – und das fällt in der Geschichte des
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