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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen
Autoren: Thomas Kielinger
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britischen Königshauses immer wieder auf – bei den einfachen Menschen, bei der Arbeiterklasse. Dort stand das praktische Ideal allemal über dem intellektuellen. Schon Bagehot hatte von der Krone verlangt, dass sie «die Loyalität des Arbeiters in Somerset nicht verliert». Auch ein berühmter Autor wie Rudyard Kipling, der 1897, im Jahr des diamantenen Thronjubiläums von Königin Victoria, das Empire bedroht sah durch die Hybris des Establishments, setzte seine ganze Hoffnung auf den gemeinen Mann: «Die Leute in der dritten Eisenbahnklasse – die werden uns retten.» Ein George Orwell glaubte, wie er in seinem Essay «The English People» schrieb, im Jubel um das Silberjubiläum von George V. 1935 «das Wiedererwachen einer Idee, die so alt ist wie die Geschichte selber», entdeckt zu haben: «dass der König und das einfache Volk sich in einer Art Bündnis befinden gegen die oberen Klassen». Orwell meinte damit auch die gebildeten Schichten, traditionell die Klasse, in der gerne herablassend über die Queen und die Monarchie gesprochen wird.
    Auf die denkbar liebenswürdigste Weise persiflierte Alan Bennett in seiner fantasievollen Novelle «The Uncommon Reader» von 2007 die bekannte Aversion der Queen gegenüber Büchern, soferndiese nicht mit Pferden und Pferdezucht zu tun haben. In letzterem Ressort ist sie eine weltweit anerkannte Expertin, für literarische Werke dagegen hat sie nie die Nähe, das Interesse oder die Muße gefunden. Bennett, der diese Situation in einer Art Fantasmagorie umkehrt und aus Elizabeth eine «souveräne Leserin» macht (so die deutsche Übersetzung des Titels), impliziert ganz leise auch die latente Arroganz der Intelligenzia, die sich gerne daran reibt, dass die Monarchin nicht so ist, wie die gebildeten Schichten sie gerne hätten.

    Elizabeth mit Margaret und den Eltern vor dem Miniaturhaus «Y Bwthyn Bach» («das kleine Haus»), einem Geschenk der Waliser an die königliche Familie, im Rose Garden der Royal Lodge, Windsor Great Park, Juni 1936 (Foto: ILN)
    Schule, etwa ein Internat für höhere Töchter, kam für die Prinzessinnen nicht in Frage, und als es doch einmal erwogen wurde, lehnte George VI. das Ansinnen ab, angeblich, weil man sich unter den möglichen Adressen für keine entscheiden konnte, ohne dass die nicht ausgewählten Internate sich zurückgesetzt gefühlt hätten. Margaret beschwerte sich später oft, manchmal bewusst in Hörweite ihrer Mutter, wie dürftig sie und Elizabeth doch erzogen worden waren, «stimuliert von nicht mehr als Crawfie, Corgies und Ausritten im Windsor Great Park».
    Immerhin gab sich die Erzieherin, selber keine Pädagogin mit Kompetenz in bestimmten Fächern, die größte Mühe, Allgemeinbildung zu vermitteln. Auf dem Lehrplan standen Englisch, Literatur, von den Kinderbuch-Klassikern angefangen, Geografie, Bibelkunde und Geschichte – bei Geschichte schaltete sich gerne die Großmutter Queen Mary ein, der es vor allem um die Geschichte des Empire ging, in der sie, die nach Britannien konvertierte Deutsche, eine geborene von Teck, sich vorzüglich auskannte. Die Großmutter hatte Elizabeth schon zu deren viertem Geburtstag einen Baukasten mit Hölzern aus allen zum damaligen Empire gehörenden Ländern geschickt – ein erster Kontakt der späteren Queen mit einer ihrer großen Lebensaufgaben.
    Als nach der Krönung Georges VI. im Juni 1937 eine nur auf
ladylike
abgestellte Erziehung, unterfüttert mit ein wenig Allgemeinbildung und abgestellt aufs Praktische, doch nicht mehr ausreichend erschien, erweiterte man die pädagogische Palette: Kunstbetrachtungen anhand der Schätze aus den königlichen Sammlungen kamen hinzu, auch Unterricht in Französisch, wofür eine eigene Lehrerin angestellt wurde, die Vicomtesse de Bellaigue. Diese wurde allmählich zur geschätzten Freundin der Heranwachsenden, die mit dem Französischen schnell vorankam; die Queen beherrscht es fließend. Im Sommer 1939, beim Besuch des französischen Präsidenten in London, war Elizabeth bereits in der Lage, eine öffentliche Grußbotschaft in fehlerfreiem Französisch vorzutragen. «Elizabeth besaß einen Instinkt für das Richtige», sagte die Vicomtesse später von ihrer Schülerin, «sie war immer sie selbst,
très naturelle,
aber im Muster ihres Charakters war strenges Pflichtbewusstsein
mit joie de vivre
gemischt». Von letzterer, von der Lebensfreude, erfuhr und erfährt die Öffentlichkeit allerdings weniger, weil sie sich meist hinter
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