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Elixir

Elixir

Titel: Elixir
Autoren: H Duff
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eigene Achse drehte und das Bücherregal, den Ankleideraum, das Bett… jeden Teil des Zimmers ins Visier nahm. Mit zitternden Händen übertrug ich die Fotos auf meinen Rechner und begann, sie eins nach dem anderen zu studieren, auf der Suche nach irgendeinem unscharfen Umriss, einem Schatten.
    Nichts.
    Mein Herzschlag beruhigte sich langsam, als ich weitersuchte. Trotz meiner wilden Spekulationen schien es wohl so, als wäre der Mann einfach nur ein Stalker aus Fleisch und Blut, was mich tatsächlich erleichterte.
    Dann öffnete ich das zehnte Foto und schrie laut auf.
    Es zeigte meinen dunklen Ankleideraum … mit dem Mann in der Tür.

drei
    Ich starrte entsetzt auf den Bildschirm. Innerlich schalt ich mich. Ich hatte erwartet, ihn zu sehen, richtig? Es mir zumindest vorstellen können. Deshalb hatte ich ja die Bilder von meinem Zimmer gemacht.
    Doch sich etwas vorzustellen und es bestätigt zu sehen, sind zwei Paar Schuhe. Die Theorie konnte ich auf meinen Schlafmangel schieben, aber das…
    Noch immer hatte ich mich nicht vom Rechner abgewandt, um einen Blick auf den Ankleideraum zu werfen. Ich konnte nicht. Obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass er nicht wirklich da war, konnte ich den Gedanken nicht abschüttelt, dass doch. Und ich wusste: Wenn ich mich umdrehte und ihn sah, würde ich völlig durchdrehen.
    Ich hörte Schritte und spürte einen Lufthauch, als eine Hand sich ausstreckte und nach meinem Hals griff…
    Ich schrie und stieß mich mit dem Stuhl nach rechts ab. Da war nichts.
    Doch jetzt konnte ich den Ankleidraum sehen. Er lag direkt vor mir, die Tür stand einen Spaltbreit offen, genau wie vor zwei Minuten, als ich das Foto gemacht hatte.
    Ich musste Gewissheit haben. Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich zu der Tür ging, nach dem Knauf griff und sie mit Schwung aufriss, halb in Erwartung, dass der Mann mir entgegensprang.
    Aber natürlich geschah nichts dergleichen. Der Raum war leer.
    Was mich zu meiner unmöglichen Schlussfolgerung zurückbrachte: Dieser Mann mit den zusammengebissenen Zähnen war an keinem der Orte mit Rayna und mir gewesen… kam jedoch trotzdem auf jedem meiner Bilder vor.
    Nur wie?
    Hastig koppelte ich die Kamera von meinem Computer ab und schaltete den Bildschirm aus. Ich musste schlafen. Dann würde ich das alles vielleicht verstehen. Ich stolperte in mein Bett und machte mir vor, es sei völlig normal, vorher noch jede Lampe anzuschalten. Doch selbst als ich in meinem hell erleuchteten Zimmer lag, die Bettdecke wie einen schützenden Kokon eng um mich geschlungen, kam ich einfach nicht zur Ruhe. Sobald ich die Augen schloss, sah ich das Gesicht des Mannes vor mir und riss rasch die Augen wieder auf.
    Also stellte ich mich auf eine weitere schlaflose Nacht ein, tastete nach der Fernbedienung und suchte im Fernsehen nach irgendetwas Harmlosem.
    Food Network, der Kochkanal. Perfekt.
    Ich drehte den Ton bis zum Anschlag auf, um meine Gedanken zu übertönen. Dann setzte ich mich im Bett auf, stopfte mir einen Berg Kissen in den Rücken und überließ mich einem tranceartigen Vergessen.
    Irgendwann schlief ich doch ein. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten hatte ich keine Albträume– eher das Gegenteil.
    Ich stand in einer kleinen, illegalen überfüllten Kneipe am Klavier, mein Fransenkleid und mein Schwertlilienamulett strahlten mit mir um die Wette, als ich den unfassbar hohen letzten Ton schmetterte. Als ich geendet hatte, pfiffen und applaudierten alle begeistert und ich genoss es in vollen Zügen.
    » Delia Rivers!«, schrie Eddie stolz mit der Zigarre im Mund. Sein Anzug spannte über dem Bauch, als er aufstand und den Arm um meine Schultern legte.
    Eddie war der Besitzer der Bar. Ihm gehörte halb Chicago. Und ich natürlich auch. Er war die Art von Mann, mit dem man sich nicht anlegen sollte– nicht, wenn einem das Leben lieb war. Doch sogar als er mir einen feuchten Kuss auf die Wange drückte, konnte ich nicht widerstehen, dem Klavierspieler einen Blick zuzuwerfen. Er beugte sich tief über die Tasten, schielte aber herauf, um meinen Blick aufzufangen, und schenkte mir ein bittersüßes Lächeln, das mich im Innersten berührte.
    In diesem Moment platzte Eddies Handlanger Richie herein. » Boss!«, schrie er, doch während er noch sprach, fing er den Blick zwischen mir und dem Klavierspieler auf und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Richie wollte nicht, dass ich in Schwierigkeiten geriet. Er war ein guter Freund und ich hätte auf ihn hören sollen,
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