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Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Titel: Elfennacht 01. Die siebte Tochter
Autoren: Frewin Jones
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hätte Musik, Gesang und Gelächter hören und Paare hätten sich im Tanze drehen müssen. Auf dem Fluss sollten eigentlich Kähne, Barkassen und Boote fahren.
    Dort unten hätte Leben sein müssen!
    Doch während Anita zum Himmel aufstieg, während ihr Tränen über die Wangen liefen und sie einen furchtbaren Stich im Herzen spürte, wurden ihre Flügel immer kraftloser.
    Die Muskeln auf ihrem Rücken schienen zu schrumpfen. Erschrocken warf Anita einen Blick über die Schulter: Das in allen Regenbogenfarben schillernde Gewebe ihrer Flügel war glanzlos geworden und die herrlich hauchdünnen Schwingen wurden faltig und welkten.
    Vor ihren Augen zerfielen ihre Flügel.
    Entsetzt versuchte sich Anita sich daran zu erinnern, welche Muskeln sie angespannen musste, um aufzusteigen.
    Doch sie konnte nicht mehr fliegen. Ihre Flügel waren weg.
    Wie ein Stein stürzte sie trudelnd in die Tiefe.

III
    » A nita? Komm, Mädchen, steh auf!«
    Sie war völlig durchgefroren. Sie lag mit dem Gesicht nach unten auf einer kalten, harten Fläche.
    Sanfte, aber starke Hände halfen ihr hoch, sodass sie sich aufsetzen konnte.
    Sie öffnete die Augen. Die Nachtschwester kniete neben ihr und hielt sie an den Schultern fest. Anita befand sich wieder in der Toilette des Krankenhauses.
    »Was ist passiert?«, fragte sie.
    »Du warst kurz ohnmächtig, Anita«, sagte die Krankenschwester. »Schaffst du es oder soll ich jemanden rufen?«
    »Nein, ich glaube, ich kann allein aufstehen.« Sie rappelte sich hoch, wobei sie sich auf die Schulter der Krankenschwester stützte.
    »Du hättest jemanden rufen sollen, als dir auf einmal schwindlig wurde«, sagte die Schwester und musterte sie forschend.
    »Hab ich nicht«, sagte Anita. »Mich schwindlig gefühlt, meine ich. Wie lange bin ich denn schon hier drin?«
    »Höchstens zehn Minuten«, sagte die Schwester. »Du hast so lange gebraucht, dass ich dachte, ich sehe besser mal nach. Musst du immer noch?«
    »Was?«
    Die Krankenschwester deutete mit dem Kopf auf die Toilettenkabinen.
    Anita schüttelte den Kopf, dann schaute sie zum Fenster. Es war geschlossen und verriegelt.
    Sie lachte überrascht auf.
    Alles hatte so real gewirkt.
    Sie sah sich im Spiegel an.
    Keine Flügel.
    Natürlich nicht ! – Bist du völlig durchgedreht?
    »Zurück ins Bett«, sagte die Schwester. Sie legte einen Arm um Anita. »Was ist denn das?«, rief sie da und zog den Arm zurück. »Dein Schlafanzugoberteil ist ja kaputt.«
    Anita erschrak. »Was meinen Sie damit?«
    »Da sind zwei lange Risse«, sagte die Krankenschwester und strich mit dem Finger über den zerfetzten Stoff. »Wie dumm. Das muss passiert sein, als du hingefallen bist.«
    Anita warf einen Blick auf die Krankenschwester. »Da haben sich meine Flügel durchgebohrt«, sagte sie.
    Erstaunen stand der Krankenschwester ins Gesicht geschrieben. »Na, das erklärt natürlich alles«, sagte sie. »Sollen wir zurück ins Bett?«
    »Ist da denn irgendwas auf meinem Rücken?«
    Die Schwester lächelte. »Du hast keine Flügel, wenn du das meinst.«
    »Nein. Irgendwas. Rote Schrammen?«
    Die Krankenschwester untersuchte Anitas Rücken durch die Risse im Oberteil. »Nein, nichts«, berichtete sie. »So glatt wie ein Babypopo.«
    Anita drehte sich zu ihr und sah ihr direkt in die Augen. »Woran merkt man eigentlich, dass man verrückt wird?«, fragte sie leise.
    Die Krankenschwester musterte sie eine ganze Weile. »Du hast einen anstrengenden Tag hinter dir«, sagte sie. »Komm, wir bringen dich jetzt zurück in dein Bett.« Sie führte Anita aus der Toilette und durch die Station zu ihrem Bett.
    Anita suchte den Blick der Krankenschwester. »Wollen Sie mir nicht die Wahrheit sagen?«
    »Natürlic h – wenn ich kann«, sagte die Schwester.
    »Kommt Evan wieder in Ordnung?«
    Die Krankenschwester betrachtete sie nachdenklich. »Die Ärzte wundern sich ein bisschen, dass er noch nicht aufgewacht ist«, gab sie schließlich zu. »Man hat eine CT bei ihm gemacht, und soweit man sehen kann, fehlt ihm nichts.«
    »Eine CT ?«
    »Eine Computertomografie, das heißt, dass sie sich sein Gehirn ganz genau angeschaut haben. Und damit ist so weit alles in bester Ordnung, aber er scheint einfach noch nicht aufwachen zu wollen.«
    Anita schluckte. »Ich habe mal irgendwo gehört, je länger jemand im Koma liegt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwas in seinem Kopf nicht mehr funktioniert.«
    »Das ist grundsätzlich richtig«, sagte die Schwester. »Aber
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