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Elfenmeer: Roman (German Edition)

Elfenmeer: Roman (German Edition)

Titel: Elfenmeer: Roman (German Edition)
Autoren: Sabrina Qunaj
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woher er kam, wer seine Eltern waren oder welchen Beruf er ausübte. Diejenigen von hoher Geburt, so wie Valuar selbst, hatten es aber deutlich leichter, schließlich konnten sie sich voll und ganz auf die Ausbildung konzentrieren, während die von niederer Geburt oft noch einen Beruf nebenher ausüben mussten. Marinel war ein einfaches Stallmädchen aus der Hauptstadt Lurness, das seine zeitaufwendige und kräftezehrende Arbeit erledigte und dann auch noch die Übungsstunden und Lehreinheiten meisterte. Valuar hatte sie vom ersten Tag an dafür bewundert, dass sie so weit gekommen war. Schmutzig und nach Pferdestall riechend war sie zu ihrenWaffenübungen erschienen und hatte all die Großmäuler mit Leichtigkeit besiegt. Dabei hatte sie eine Leidenschaft an den Tag gelegt, für die er sie fast schon beneidete. Er selbst spürte solch eine Leidenschaft lediglich, wenn er ganz allein auf seiner Flöte spielte und mit der Musik eins wurde. Er wünschte, er hätte jetzt seine Flöte dabei, doch alle Anwärter hatten zu Beginn der Prüfung ihre persönliche Habe abgeben müssen. In dieser Kälte und der dünnen Luft wäre es ihm ohnehin unmöglich gewesen zu spielen.
    Valuar ließ sich gegen die Felswand in seinem Rücken sinken und starrte in die Dunkelheit, um Marinels Umrisse auszumachen. Zu seinem Verdruss konnte er sie nicht erkennen, doch er spürte ihre Gegenwart so warm und deutlich wie seinen eigenen Herzschlag.
    »Ist dir sehr kalt?«, fragte er sie mit rauer Stimme, er hatte in den letzten Tagen viel zu selten gesprochen. Das Rascheln von Stoff sagte ihm, dass sie entweder nickte oder den Kopf schüttelte. Er entschied sich für die ihm angenehmere Antwort und streckte seinen Arm zur Seite. Wie beiläufig, aber mit angehaltenem Atem und rasendem Herzen, ertastete er ihren Rücken, dann ihre Schulter und zog sie schließlich zu sich heran. Er spürte, wie sie sich einen Moment lang anspannte, und fürchtete sogleich die Vergeltung für seine ungewohnte Kühnheit, doch dann wurde ihr Körper nachgiebiger und sie ließ sich tatsächlich gegen seine Brust sinken und von seinen Armen umfangen. »So ist es wärmer«, flüsterte er und schloss die Augen, um die Intensität ihrer Nähe vollkommen auszukosten.
    Als die Paare für die Abschlussprüfung bekanntgegeben wurden, hatte er zunächst nicht zu glauben gewagt, dass ihm wirklich Marinel zugeteilt worden war. Damit war ihm sein sehnlichster Wunsch erfüllt worden, und er war sich sichergewesen, dass er ihr während der gemeinsamen Zeit endlich näherkommen würde. Nur leider hatte er bei seinen Träumereien nicht bedacht, wie schwer es ihm fiel, die richtigen Worte zu finden, und wie tollpatschig er sich in ihrer Gegenwart verhielt. Die beschwerliche Überquerung des Himmelläufers hatte seine ganze Konzentration erfordert, so dass die romantischen Gefühle nur selten den Schmerz und das Unbehagen aufgrund der Kälte überwogen hatten. Und nun lief ihm die Zeit davon. So lange hatte er sie nur schüchtern beobachtet, anstatt einen Schritt nach vorn zu wagen, und nun befanden sie sich bereits wieder beim Abstieg. Wenn er nicht bald handelte, wären sie zurück in Lurness, ohne dass er seinem Ziel näher gekommen wäre. Sie würden einander weiterhin aus der Ferne beobachten und lediglich belanglose Floskeln austauschen. Das könnte er nicht länger ertragen, und er war sich sicher, dass es Marinel nicht anders ging. Er mochte zwar zurückhaltend sein, aber blind war er nicht. Ihm war keineswegs entgangen, mit welcher Bewunderung sie seine Kämpfe verfolgt und ihm immer wieder verstohlene Blicke zugeworfen hatte. Auch hatte sie ihm im letzten Jahr, nachdem er sich bei einem Übungskampf eine Kopfverletzung zugezogen hatte, angeboten, sein Schwert einzufetten und es aufzubewahren, bis ihn die herrische Koboldfrau und Heilerin Finola wieder freigab. Und das, obwohl sie selbst doch schon genug zu tun hatte. Fast hundert Jahre verzehrte er sich nun schon nach ihr, und jetzt hatte ihm das Schicksal endlich den Weg bereitet, um seine Schüchternheit zu überwinden. Er musste diese Gelegenheit nur nutzen. Irgendwie.
    Seufzend öffnete er die Augen, auch wenn dies in der Dunkelheit keinen Unterschied machte, und dachte darüber nach, wie er ihr seine Gefühle offenbaren konnte. Sollte er frei heraus sprechen oder sich langsam vorantasten, um ihre Reaktionabzuschätzen? Wenn er sie nur ein einziges Mal küssen dürfte …
    »Was meinst du«, brach er das Schweigen, und er
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