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Elfenmeer: Roman (German Edition)

Elfenmeer: Roman (German Edition)

Titel: Elfenmeer: Roman (German Edition)
Autoren: Sabrina Qunaj
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Marinel mit einer Geschichte über seinen berühmten Verwandten unterhalten, auch wenn er sonst nicht gerne über ihn sprach. »Zusammen mit einem Ritter namens Cerelmin aus Riniel«, erzählte er ihr leise und darum bemüht, sich seine Atemlosigkeit in der dünnen Luft nicht anmerken zu lassen. Gerne hätte er diese Geschichte aufgebauscht, sie mit verstellter Stimme und gewichtigen Kunstpausen vorgetragen, aber dazu fehlte ihm die Kraft. »Die beiden wurden auf der Sonnentaler Seite des Gebirges ausgesetzt. Ihre Aufgabe bestand darin, je ein Drachenei unversehrt nach Valdoreen zu bringen. Kannst du dir das vorstellen? Diesen Berg zu überqueren ist schon schwer genug, aber dann noch mit einem großen, schweren und zerbrechlichen Ei …« Er schüttelte den Kopfund lächelte schließlich. »Warum müssen wir beide wohl keine Eier behüten?«, fragte er sich laut, obwohl er die Frage gar nicht hatte aussprechen wollen. Marinel rührte sich und blickte nun, dem Klang ihrer Stimme nach zu urteilen, wieder zu ihm hoch. Er müsste sich nur hinabbeugen, seine Hand an ihre Wange legen, ihre Lippen berühren …
    »Wir sollen lediglich Kameradschaftlichkeit beweisen«, antwortete sie ihm, was ihn kaum merklich zusammenzucken ließ – er fühlte sich ertappt. So konnte es nicht weitergehen. Er würde noch verrückt werden.
    »Und der Vetter meines Vaters?«, hüstelte er und strich sich das Haar unter die Kapuze zurück. »Wie erklärst du dir seine Aufgabe?«
    »Ich glaube, er und sein Gefährte sollten lernen, unabhängig voneinander zu handeln, sich auf sich selbst zu konzentrieren, auf ihren eigenen Verantwortungsbereich. Womöglich waren sie gute Freunde und verließen sich zu sehr aufeinander. Sie sollten eigenständig handeln, obwohl sie zu zweit waren.«
    Valuar hob die Augenbrauen. »Erstaunlich«, murmelte er bewundernd. »Du würdest eine phantastische Ausbilderin abgeben.«
    Sie schnaubte. »Ich will keine Ausbilderin werden«, bemerkte sie hart. »Ich möchte ein Ritter werden, davon habe ich schon immer geträumt. Ich bin zweihundertacht Jahre alt, es wird Zeit, dass ich endlich meinen Eid leiste.«
    Valuar widerstand dem Drang, ihr über den Kopf zu streicheln. Nicht zum ersten Mal sprach sie davon, dass sie ihren Eid gerne schon früher abgelegt hätte, und er wusste immer noch nicht, weshalb. Er hatte auch keine Ahnung, wie alt er war. Für ihn hatten Geburtstage nie eine große Rolle gespielt. Er wusste lediglich, dass er jünger als Marinel war. Vielleichtzählte er hundertdreißig Jahre. Seine Familie hatte großen Wert darauf gelegt, dass er seine Ausbildung so früh wie möglich begann, um in die Fußstapfen seines bedeutenden Verwandten zu treten. Einzig seine Mutter nannte ihn auch jetzt noch ein Kind und hatte seinen Fortgang als verfrüht empfunden.
    »Ich habe ihn einmal getroffen«, brach Marinel mit sanfter Stimme das Schweigen. »Den Vetter deines Vaters, meine ich. Nevliin von Valdoreen.«
    Valuar verkniff sich ein Seufzen. Wie sehr er diesen Namen verabscheute. »Ach ja?«, murmelte er und hörte Marinel nur noch mit halbem Ohr zu. Er hatte ja selbst von ihm angefangen, das hatte er nun davon. Er hasste es, ständig mit Nevliin verglichen zu werden, ihm nacheifern zu müssen und dabei immer als ungenügende Nachbildung beurteilt zu werden. Valdoreen braucht einen neuen Helden, pflegte sein Großvater zu sagen, ich habe aus Nevliin einen Ritter gemacht, ich werde dich auch noch zurechtschleifen.
    Der Tod des einstigen Fürsten hatte ganz Valdoreen in tiefe Trauer gestürzt, und die Romantiker unter ihnen hatten wehmütig geseufzt, denn nun war der Weiße Ritter wieder mit seiner Prinzessin vereint. Alle Bewohner des schneeverhangenen Landes hatten ihren Fürsten geliebt und bewundert. Alle bis auf Valuar.
    »Es war im Wiedervereinigungskrieg«, erzählte Marinel voller Stolz, als wäre eine Begegnung mit diesem Elfen etwas ganz Besonderes, »vor dem Massaker von Tantollon, bei dem der Fürst – also Nevliin – beinahe umgekommen wäre. Ich bereitete sein Pferd vor, und dann sprach er mit mir!«
    Valuar verdrehte die Augen. »Ach.«
    »Ja! Und nicht nur das! Er schenkte mir seinen Talisman! Kannst du dir das vorstellen?« Sie löste sich aus seiner Umarmungund saß ihm nun gegenüber. In der Enge ihres Lagers war sie ihm immer noch verstörend nah. In diesem Moment war er darüber aber gar nicht glücklich. Wenn er etwas noch weniger mochte als den ihm aufgezwungenen Ritterstand, dann waren
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