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Elfenkind

Elfenkind

Titel: Elfenkind
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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vertraust. Papa hat heute Spätdienst und ist vor morgen früh nicht zurück», fügte sie noch im Flüsterton hinzu. «Sei trotzdem vorsichtig. Übrigens, mir gefällt, was du anhast. Du siehst hübsch darin aus.»
    «Merci, maman.» Aliénor hauchte ihrer Mutter spontan einen Kuss auf die Wange, eine Geste, die ein glückliches Strahlen auf deren Gesicht zauberte.
    Dann eilte sie hinaus.

2
    Der Himmel war wolkenverhangen und eine düstere Stimmung lag auf der Umgebung des Châteaus, als Frédéric, Duc de Bonville, heimkehrte. Wie schon in den Nächten zuvor war er von einer merkwürdigen Unruhe befallen, deren Ursache er sich nicht erklären konnte.
    Deshalb hatte er in dieser Nacht Mirka, eine seiner bevorzugten virgines sanguinum , aufgesucht, um sich an ihrem reinen Blut zu laben. Aber während er sich im Bereich des Tempelbezirks, in dem die virgines – jungfräuliche und keusch lebende Vampirinnen – kleine exquisit eingerichtete Pavillons bewohnten, normalerweise schnell entspannte, gelang es ihm diesmal nicht. Die virgines waren gebildet, freundlich und wurden von ihrer Oberin den Vampiren zugeteilt, die sich an ihnen nähren durften. Ihr Blut war stärker und reiner als das von Menschen und in den Genuss dieser Gunst kamen nur vom Hüter Erwählte, die eine besondere Aufgabe für die Vampirgesellschaft zu erfüllen hatten.
    Sonst unterhielt Frédéric sich gerne noch ein wenig mit Mirka. Sie scherzten miteinander oder sprachen sogar über die Prophezeiung, was erlaubt war, da die virgines über das, was in ihrem Pavillon geredet wurde, einem heiligen Gebot der Schweigepflicht unterlagen. Heute jedoch hatte ihr Gespräch fast nur aus Höflichkeitsfloskeln bestanden und Mirka war ganz offensichtlich ein wenig enttäuscht gewesen, als Frédéric sich bald verabschiedete. Eine unerklärliche innere Unruhe trieb ihn voran.
    Eine Weile war er durch die Straßen rund um den Montmartre geschlendert, danach erst durch die Altstadt von Chartres, dann durch Orléans. Er war sehr dankbar für seine Fähigkeit, sich von Ort zu Ort zu transformieren, die ihm diese kleinen Ausflüge ohne großen Aufwand ermöglichte. Aber die Unruhe blieb trotz dieses Streifzugs, als läge etwas in der Luft, was sein Instinkt längst erkannt hatte, und er war lediglich zu verblendet, es zu erkennen. Dieser Instinkt hatte ihn im Kampf oftmals richtig geleitet.
    Frédéric schlug die Haustür hinter sich zu und eilte die Treppe hinunter, in Richtung seiner privaten Zimmer. Es gab letztlich nur eine Erklärung für seine Nervosität: das sich unaufhaltsam zusammenbrauende Unheil. Es würden keine zwei Nächte vergehen, bis die Erde zum dritten Mal in diesem Jahr bebte.
    Nicht dort, wo man es erwartete, in San Francisco oder Los Angeles oder an einem der immer noch aktiven Vulkane auf der Welt. Nein, hier, direkt vor ihrer Haustür, und in ganz Europa braute sich eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes zusammen, falls es ihnen nicht bald gelang, Licht in das Dunkel um die mysteriöse Prophezeiung zu bringen und vor allem die Lösung zu finden, wie das Unheil aufzuhalten war.
    Hagelkörner prasselten auf die Erde und er wusste, die Folgen würden diesmal noch verheerender sein als sonst. Vor allem für die Bauern. Am nächsten Morgen würden die Nachrichten in sämtlichen Medien voll von Schadensmeldungen und Todesfällen sein. Doch das war erst der Anfang.
    Im Technikraum, einem kleinen unscheinbaren Zimmer im Erdgeschoss, musterte er prüfend die Wand mit den Monitoren der Überwachungskameras, die rund um das Schloss aufgestellt waren. Alles unauffällig.
    Dann ging er nach unten in seine eigenen Räume. Es erwog kurz, sich gleich hinzulegen, aber er war viel zu angespannt, um Ruhe zu finden. Wenige Minuten später betrat er nur mit einer weiten Kampfhose bekleidet den Dojo des Schlosses. Er ging zur gegenüberliegenden Seite und gab auf einem in die Wand eingelassenen Tastenfeld eine Zahlenkombination ein. Mit einem kaum wahrnehmbaren Klick öffnete sich eine der großen Holzplatten der Wandtäfelung und fuhr hinter die daneben liegende zurück.
    Nachdenklich betrachtete Frédéric die Waffen, die sich vor ihm ausbreiteten. Er hatte mit einem Breitschwert kämpfen gelernt, über die Jahre aber auch die Vorzüge anderer Waffen schätzen gelernt. Heute wählte er eines seiner japanischen Schwerter, weil er wusste, dass die strenge Formensprache der Kata die meiste Aufmerksamkeit erfordern würde. Vielleicht würde die Konzentration auf das
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