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Elfen wie Diamant

Elfen wie Diamant

Titel: Elfen wie Diamant
Autoren: Chris Evans
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und seine Erinnerung, befleckten seinen Charakter und seine Gedanken, und zwar in einem Maße, dass nicht einmal ein ganzes Leben des Trunks sie würde unterdrücken oder auslöschen können.
    Der Wind riss an den lockeren Strähnen seines langen, schwarzen Haares, das er streng nach Vorschrift zu einem Zopf gebunden auf dem Rücken trug. Offenbar zog ein Sturm herauf.
    Mit der linken Hand strich er sich zerstreut eine Haarsträhne aus den Augen und schob sie hinter sein Ohr. Er hielt inne, als seine Finger über die abgetrennte Spitze seines Ohres strichen. Er war von der Schattenherrscherin als Auserwählter gezeichnet worden; das hieß, seine Ohrspitze war im Mutterleib durch Frost geschwärzt worden. Er war einer der ersten auf diese Weise Gezeichneten, war jedoch bei seinem Stamm geblieben, obwohl ihm ein Stück des Ohres fehlte. Die Elfen des Hyntalandes hatten eine so große Angst vor der Macht der Schattenherrscherin, dass sie lieber ihre Babys, die mit diesem Makel geboren wurden, aussetzten und
in der Wildnis dem Tod überließen, als sie großzuziehen. Auf diese Art und Weise vermochte die Schattenherrscherin ihre Kinder um sich zu scharen, denn sie sammelte diese ausgesetzten Babys ein und zog sie als ihre eigenen auf. Mit der Zeit wuchsen diese Elfen heran und wurden ebenso pervers und düster wie die Silberne Wolfseiche, die den Mittelpunkt ihres Hohen Forsts bildete, des Waldes auf dem Berg.
    Weder Konowa noch irgendein Elf hätte dazu verdammt sein dürfen, ein solchen Schicksal zu ertragen, aber niemand hatte sie gefragt, ob sie ihre Bürde akzeptierten. Ein scharfer, kalter Schmerz bohrte sich in seine Brust, wo die schwarze Eichel auf seiner Brust lag, Quelle der ewigen Existenz der Stählernen Elfen. Es war eine Erinnerung daran, dass die Macht des Frostfeuers und der Fluch eines höllischen Lebens nach dem Tod eine Bürde war, die er sich selbst erwählt hatte.
    Er griff hoch, um seinen Tschako zurechtzurücken, diesen unverwechselbaren hohen schwarzen Helm mit den kleinen Flügeln an den Seiten, und registrierte, dass er ihm vom Kopf gefallen war. Als er hinabblickte, sah er ihn ein paar Meter entfernt auf dem Boden liegen. Er ging langsam darauf zu, ignorierte das quietschende Geräusch des Bodens unter seinen Stiefeln, bückte sich und hob den Helm auf. Als er ihn aufsetzen wollte, fiel ein silbernes Medaillon heraus und landete im Sand. Das ist nicht mein Tschako, dachte er.
    Nachdem er einen Blick in den Helm geworfen hatte, um nachzusehen, ob sich vielleicht noch etwas darin befand, setzte er den Tschako auf und hockte sich hin, um das Medaillon zu betrachten. Behutsam nahm er es mit Zeigefinger und Daumen hoch, als würde er eine Rose pflücken und fürchten, sich an den Dornen zu stechen. Das Metall fühlte sich kühl auf seiner Haut an, und im selben Moment erkannte Konowa, dass es keineswegs aus Silber, sondern aus Zinn bestand. Es war oval geformt und höchstens fünf Zentimeter
lang. Ein kleines Stück ragte am Rand hervor, eine zerbrochene Öse, an der eine Kette hätte befestigt werden können. Zweifellos erklärte das, warum der Soldat das Medaillon in seinem Tschako verwahrt hatte.
    Konowa richtete sich auf und zuckte zusammen, als sein linkes Knie sich verkrampfte und nachzugeben drohte. Er schlug mit der Faust auf das Gelenk, und der Krampf hörte auf. Als er seine Hand wieder öffnete, sah er, dass der Deckel des Medaillons aufgesprungen war. Er hob die rechte Hand, um es aus der Nähe zu betrachten, hielt dann jedoch überrascht inne. Er hatte immer noch seinen Säbel in der Hand.
    In dem blanken Stahl starrte ihm ein Ausschnitt seines Gesichts entgegen. Er drehte die Klinge langsam, sodass sich das Licht der Sterne darin fing. Schatten glitten über seine Miene, von der Nase zu den Augenhöhlen, verbargen und enthüllten Augen, die mehr gesehen hatten, als sie hätten sehen sollen.
    Trotzdem blinzelten sie nicht einmal.
    Er senkte die Klinge und schob sie mit einer einzigen, flüssigen Bewegung in die Scheide. Als er den Griff losließ, strömte das Blut prickelnd in seine Finger zurück. Er krümmte sie ein paarmal, dann öffnete er das Medaillon ganz. Das Scharnier brach, und die beiden Hälften lagen jetzt flach in seiner Handfläche. In der rechten Hälfte lag eine kleine Locke blonden Haars, das mit einem dünnen violetten Faden zusammengebunden war.
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