Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Elf Arten der Einsamkeit - Short stories

Titel: Elf Arten der Einsamkeit - Short stories
Autoren: Richard Yates
Vom Netzwerk:
flattern, »'ne riesige Überraschungsparty«, sagte er und versuchte zu lächeln. »Bloß für mich. Is' das zu fassen, Gracie? Und dann ... und dann kommt Eddie auf einmal vor und ... dann kommt Eddie auf einmal vor und drückt mir die Tasche da in die Hand. Genau die Tasche, auf die ich die ganze Zeit 'n Auge gehabt hab'. Er hat sie von seinem Geld gekauft und nie 'n Wort gesagt, bloß um mich zu überraschen. Hier, Ralph, sagt er. Ein- fach damit du weißt, daß du der Allergrößte bist.« Seine Finger zitterten und griffen wieder fester zu. »Ich hab' geheult, Gracie«, flüsterte er. »Könnt' gar nix dagegen tun. Ich glaub' nich', daß die Jungs 's mitgekriegt haben, aber ich hab' einfach geheult.« Er wandte das Gesicht ab und bemühte sich mit bebenden Lippen, die Tränen zurückzuhalten.
     »Möchtst du einen Drink, Liebling?« fragte sie zärtlich.
     »Nee, laß mal, Gracie. Bin schon okay.« Er stellte die Tasche behutsam auf den Teppich. »Aber vielleicht 'ne Zigarette, hm?«
     Sie holte eine vom Beistelltisch, steckte sie ihm zwi- schen die Lippen und zündete sie an. »Ich mach dir 'nen Drink«, sagte sie.
     Er verzog hinter dem Qualm das Gesicht. »Was hast'n ... den Sherry da? Nee, das Zeug mag ich nich'. Hab eh schon 'ne Menge Bier intus.« Er lehnte sich zurück und schloß die Augen. »Und dann tischt uns Eddies Mutter auf einmal 'n Wahnsinnsessen auf«, fuhr er fort, und seine Stimme klang nun fast wieder normal, »'s gab Steaks; 's gab Pommes« – bei jedem Menüpunkt drehte er den Kopf auf der Sofalehne zur Seite –, »grünen Salat mit Tomaten, Gewürzgurken, Brot, Butter ... einfach alles. Die ganze Palette.«
     »Na«, sagte sie. »Das war ja bestimmt nett.«
     »Und hinterher gab's Eis und Kaffee«, sagte er, »und Bier satt. Ich mein', 's war 'n richtiges Festmahl.«
     Grace fuhr sich mit den Händen über den Schoß, teils um das Nylon glattzustreichen, teils um die feuchten Handflächen zu trocknen. »Also das war ja wirklich sehr nett von ihnen«, sagte sie. Eine ganze Weile saßen die beiden schweigend da.
     »Ich muß gleich wieder los«, sagte Ralph schließlich. »Hab nämlich versprochen, daß ich zurückkomm'.«
     Ihr Herz pochte unter dem Nylon. »Ralph, wie findest du's ... wie findest du's eigentlich?«
     »Was denn, Schatz?«
     »Mein Negligè. Ursprünglich solltest du's erst ... erst nach der Hochzeit zu sehen bekommen, aber ich hab' gedacht, ich...«
     »Hübsch«, sagte er und befühlte wie ein Händler den dünnen Stoff zwischen Daumen und Zeigefinger. »Sehr hübsch. Wieviel hast'n dafür hingelegt, Schatz?«
    »Oh ... keine Ahnung. Und, wie findest du's?«
    Er küßte sie und begann sie endlich zu streicheln.
    »Hübsch«, wiederholte er. »Hübsch. Hey, gefällt mir echt gut.« Seine Hand verharrte einen Moment am tiefen Aus- schnitt, schlüpfte hinein und griff nach ihrer Brust.
     »Ich liebe dich, Ralph«, flüsterte sie. »Das weißt du doch, oder?«
     Seine Finger kniffen sie kurz in die Brustwarze und glit- ten dann rasch wieder heraus. Die gewohnte, monate- lang geübte Zurückhaltung ließ sich nicht ohne weiteres überwinden. »Klar«, sagte er. »Und ich lieb' dich auch, Schatz. Aber jetzt sei 'n braves Mädchen und geh schön schlafen; morgen früh sehn wir uns wieder. Okay?«
     »O Ralph. Geh nicht fort. Bleib hier.«
     »Aber ich hab's den Jungs versprochen, Gracie.« Er
    stand auf und rückte seine Kleidung zurecht. »Die warten dort auf mich.«
     Sie fuhr hoch, aber der Schrei, der als weiblicher Protest gedacht war, kam zwischen ihren zusammengepreßten Lippen bloß als das Jammern einer Ehefrau hervor: »Sol- len sie doch warten!«
     »Spinnst du?« Er wich zurück, die Augen vor gerechtem Zorn weit aufgerissen. Sie mußte noch einiges lernen. Wenn sie sich schon vor der Hochzeit so benahm, wie zum Teufel würde es dann hinterher sein? »Du bist mir vielleicht eine! Ich soll die Jungs warten lassen? Nach allem, was sie für mich getan haben?«
     Nach ein paar Augenblicken, in denen ihr Gesicht lange nicht so hübsch gewirkt hatte, wie er es kannte, brachte sie ein Lächeln zustande. »Natürlich nicht, Liebling. Du hast recht.«
     Er trat wieder heran und strich ihr mit der Faust sanft über die Kinnspitze, ein lächelnder, beschwichtigter Ehe- mann. »So's schon besser«, sagte er. »Dann sehn wir uns morgen um neun an der Penn Station. Okay, Gracie? Halt, bevor ich geh'...«, er zwinkerte und schlug sich auf den Bauch. »Hab
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher