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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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sah. Leider wurde Sirius allmählich zu klein für mich. Als ich ihn bekommen hatte, war er mir noch groß vorgekommen.
    »Tut mir leid, mein Süßer. Du musst noch warten«, vertröstete ich das Pony, das den Kopf über die Boxentür geschoben hatte und mich erwartungsvoll mit gespitzten Ohren anblickte. In den vergangenen Jahren hatten Sirius und ich viele Schleifen in E- und A-Springen gewonnen. Papa mochte die Ponyreiterei nicht, denn er war der Meinung, dass Kinder lieber gleich auf Großpferden reiten lernen sollten. Mir war es egal. Ich ritt Sirius gern und hatte mich längst damit abgefunden, dass Papas Interesse hauptsächlich meinem Bruder galt, der in der letzten Saison mit Grandino und Ronalda sehr erfolgreich L- und M-Springen geritten war.
    Melike war mittlerweile auch eingetroffen und band Jasper neben Fritzi an. Wir begannen, unsere Pferde zu putzen. Nach kurzer Zeit schimmerte Fritzis Fell in einem leuchtenden Schokoladenbraun. Die regelmäßige Arbeit in den vergangenen Monaten hatte ihm gutgetan. Er war nun beinahe ausgewachsen und hatte ein Stockmaß von 165 Zentimetern. Der Hengst drehte den Kopf immer so, dass er mich im Blick hatte, und lauschte mit gespitzten Ohren jedem Wort, das ich sagte.
    »Ich bin so was von oberdämlich«, sagte ich zu Melike, als wir in der Sattelkammer unser Sattelzeug holten. »Ich hab Mama erzählt, dass wir mit den Jungbluts mitgefahren sind, und ausgerechnet in dem Moment kam mein Vater rein.«
    »Und?«
    »Kannst du dir ja denken. Der hat mich voll angemeckert.«
    »Ich kapiere nicht, was so schlimm daran ist.« Melike hängte sich Jaspers Trense über die Schulter und ergriff den Sattel.
    »Ehrlich gesagt, ich auch nicht.« Ich zuckte mit den Schultern. »Aber es war schon immer so.«
    »Der Tim ist doch voll süß«, meinte meine Freundin.
    Dazu konnte ich nichts sagen, denn so genau hatte ich mir Tim Jungblut noch nie angesehen. Außerdem hatte ein simples »Süß« bei Melike nicht viel zu bedeuten. Interessant wurde es erst, wenn sie etwas oder jemanden »supersüß« oder »total süß« fand. »Mega-Hammer-süß« war dann die ultimative Steigerung, die ihr aber bisher nur Robert Pattinson, der Hauptdarsteller aus »Twilight«, wert gewesen war.
    Wir sattelten und trensten unsere Pferde, gurteten nach und saßen noch in der Stallgasse auf. Twix sprang von dem Strohballen, auf dem er gesessen hatte, und lief voraus. In der Reithalle bog er nach rechts ab und suchte sich einen Platz auf der Tribüne, von dem aus er mich im Auge behalten konnte.
    Melike und ich hatten die ganze große Reithalle für uns. Es war wundervoll, allein in der Halle zu reiten. Der Regen rauschte auf das Dach, nur der dumpfe Hufschlag unserer Pferde war zu hören und hin und wieder ein Schnauben. Wie so häufig, wenn ich Fritzi ritt, überkam mich ein warmes Glücksgefühl. Er war mir so vertraut wie kein anderes Pferd. Ich liebte seine geschmeidigen, schwungvollen Bewegungen und genoss jede Minute auf seinem Rücken. Fritzi begriff immer schnell, was ich von ihm verlangte, auch beim Springen hatte er sich gleich sehr geschickt angestellt. Die bunten Stangen, über die er heute springen sollte, waren zwar etwas anderes als die Baumstämme, über die er schon früher im Gelände hatte hüpfen müssen, aber das Prinzip war das gleiche. Ich ließ ihn über die Stangen traben, die auf dem Boden lagen. Ein kleiner Steilsprung stand in der Mitte des unteren Zirkels. Abwechselnd ließen Melike und ich unsere Pferde über das kleine Hindernis hüpfen, mal aus dem Links-, dann aus dem Rechtsgalopp. So brachte auch Papa jungen Pferden den fliegenden Galoppwechsel bei, der für Springpferde wichtig war.
    »Ich mache euch mal etwas Licht, ihr beiden!«, ertönte auf einmal Opas Stimme. Er drückte auf den Lichtschalter und die großen Deckenscheinwerfer tauchten die Reitbahn in helles Licht. Ich zwinkerte Opa zu, als ich an ihm vorbeiritt. Wie jedem auf dem Amselhof hatte ich auch ihm das Versprechen abgenommen, Papa nichts von Fritzi zu erzählen. Opa hatte sein Wort gehalten und noch nie einen Ton über Fritzis Fortschritte verloren. Jens war es sowieso egal. Ihm war es nur recht, dass er nicht noch ein Pferd mehr reiten musste, und Christian grinste nur verächtlich, wenn er mich ohne Sattel auf meinem Pferd reiten sah. Kinderkram.

5. Kapitel
     
    Am Samstagmorgen fuhren Melike und ich mit Papa, Jens und Christian aufs Turnier. Um acht Uhr würde die Springpferdeprüfung beginnen, deshalb
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