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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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Ohren spitzte, den Kopf schief legte und mich ansah, als ob er jedes Wort verstünde. »Hoffentlich gewinnt er das Springen und vergisst, dass er sauer auf mich ist.«
    Ich konnte mich nicht dazu aufraffen, meinen Schulkram aus dem Rucksack zu holen und mich an die Hausaufgaben zu setzen. Als kurz vor drei die beiden Lkws mit Papa, Christian und Jens vom Hof rollten, schlüpfte ich in meine Reithose und machte mich auf den Weg zu Fritzi.
     
    Twix und ich liefen durch den prasselnden Regen über den Hof, vorbei an der überdachten Führmaschine und der kleinen Reithalle, vor der sich eine riesengroße Pfütze gebildet hatte. Die Scheune lag ein ganzes Stück vom Hof entfernt. Unter dem Heuboden, auf dem sich bis unter das Dach die duftenden Heuballen stapelten, gab es zehn große Laufboxen, die zwar nicht so schön und hell, dafür aber billiger waren als die Boxen in den anderen Ställen. Hier waren ein paar alte Pferde untergebracht, die von ihren Besitzern das Gnadenbrot bekamen. Und in einer der Boxen stand mein Liebling, der dunkelbraune Hengst Fritzi.
    Er hatte mich natürlich längst kommen hören, streckte erwartungsvoll seinen Kopf über die Trennwand und wieherte ungeduldig, als ich nun das große Tor zur Seite schob.
    »Hey, Fritzi!« Ich nestelte ein zerbröseltes Zuckerstück aus meiner Jackentasche und gab es ihm, dann ergriff ich Halfter und Strick, die an einem Haken vor der Box hingen. Obwohl er erst vier Jahre alt war, hatte Fritzi schon eine tragische Lebensgeschichte. Im Mai vor vier Jahren war er genau an meinem neunten Geburtstag auf die Welt gekommen. Papa und Mama hatten große Hoffnungen in das Hengstfohlen mit dem großen Stern und den vier weißen Fesseln gesetzt, denn seine Mutter war Gretna, Mamas alte Stute, die ein tolles Springpferd gewesen war, und sein Vater der berühmte Fuchshengst For Pleasure, der auf Olympiaden und Weltmeisterschaften unzählige Goldmedaillen gewonnen hatte. Mein Geburtstag war durch Fritzis Geburt zu kurz gekommen, alles hatte sich um das Fohlen gedreht.
    »Weißt du was«, hatte Papa zu mir gesagt, als sie zusammen mit dem Tierarzt und ein paar Leuten im Stall Sekt getrunken hatten, »wir schenken dir das Fohlen zum Geburtstag, Elena. Dann ist es in guten Händen.«
    Ich war zunächst sprachlos gewesen. »Du meinst, es gehört ganz richtig mir? Mir ganz allein?«, hatte ich mich dann ungläubig vergewissert.
    »Na ja«, hatte Papa gesagt und mir zugezwinkert, »vielleicht lässt du mich später mal auf ihm reiten.«
    Alle hatten gelacht und es hatte noch mehr Sekt gegeben. Seit diesem Tag hatte ich mich sehr um Gretna und ihren kleinen Sohn gekümmert. Fritzi folgte mir bald auf Schritt und Tritt, und als er im Oktober von seiner Mutter getrennt und mit drei gleichaltrigen Hengstfohlen in einen Laufstall gebracht wurde, hatte er kaum getrauert.
    Doch kurz nach seinem ersten Geburtstag war etwas Schreckliches geschehen. Zusammen mit seinen drei Kumpeln war Fritzi auf die große Waldkoppel mit dem stabilen Holzzaun gebracht worden, wo sie den ganzen Sommer draußen verbringen konnten. Niemand hatte sich später erklären können, wie es den vier jungen Hengsten gelungen war, aus der Koppel auszubrechen. Neugierig und übermütig waren sie in den Feldern herumgaloppiert und ausgerechnet Fritzi war bei diesem Ausflug auf die Straße geraten und von einem Auto erwischt worden.
    Die Polizei war auf den Amselhof gekommen und hatte Papa gefragt, ob es eines von seinen Pferden sein könnte, das auf der Straße zwischen Steinau und Königshofen angefahren worden war. Papa hatte sämtliche Koppeln kontrolliert und dabei feststellen müssen, dass die Jährlinge fehlten. Drei von ihnen hatte man auf einer Wiese gefunden, aber Fritzi war verschwunden geblieben.
    Eine große Suchaktion hatte begonnen und am späten Abend hatten die Männer das Pferd im Steinauer Moor gefunden – schwer verletzt und halb verrückt vor Angst! Fritzi hatte nicht mehr auf sein linkes Hinterbein auftreten können, hatte aus tiefen Wunden geblutet; aber das Schlimmste war gewesen, dass er sich von niemandem mehr hatte anfassen lassen. Schließlich hatte Papa mich geholt und tatsächlich war es mir gelungen, an Fritzi heranzukommen, ihm ein Halfter anzulegen und ihn auf den Pferdeanhänger zu führen.
    »Am besten erschießen wir ihn gleich hier«, hatte Papa düster gesagt.
    »Nein, Papa, nein!«, hatte ich entsetzt geschrien. »Das kannst du nicht tun! Fritzi gehört mir! Du hast ihn mir
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