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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter
Autoren: J Carey
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wurde, konnte abermals errungen werden.
    Es würde Liebe geben. Daran hegte sie nicht den geringsten Zweifel. Sie war die Hohe Frau der Ellylon, und sie liebte nicht leichtfertig, genauso wenig wie Aracus. Sie würden fest und in Treue zueinander halten. Sie würden mit Weisheit und Leidenschaft über Urulat herrschen.
    Doch es würde auch Zweifel geben, hervorgerufen durch ihre lange Gefangenschaft in Finsterflucht.
    Ein Rufen ertönte von der anderen Seite des Hofes. Weitere Grenzwächter kamen aus den Gängen von Finsterflucht hervor und trugen zwei schlaffe Gestalten. Der Träger und sein Onkel waren gefunden und gerettet worden. Der eine regte sich. Es war nicht der Junge, der leblos dalag.
    »Aracus.« Malthus berührte ihn am Arm. »Verzeih mir, denn ich weiß, wie müde du bist. Aber es ist möglich, dass der Soumanië ihm helfen kann.«
    »Ja.« Unter großen Mühen riss sich Aracus zusammen. »Bringt mich zu ihm, Gesandter.«
    Cerelinde sah zu, wie die beiden dem ohnmächtigen Yarru halfen und die Köpfe in großer Anspannung all ihrer Kräfte gesenkt hielten. Der junge Träger war ausgemergelt und schwach, als ob seine Anstrengungen ihn vollständig ausgezehrt hätten.
    Sie versuchte zu beten und konnte es nicht. Stattdessen fragte sie sich, ob dieser Sieg seinen Preis wert war. Sie wollte weinen, aber ihre Augen blieben trocken. Dann beobachtete sie, wie der Träger Luft holte, plötzlich und keuchend, und sich seine schmale Brust hob und senkte. Sie wollte Freude darüber empfinden, aber sie verspürte nur Mitleid über die grausame Art, wie Haomane seine auserwählten
Werkzeuge benutzte. Sie hörte den Rufen der Männer zu, die ihre sinnlose Suche fortsetzten, und den Hörnern der Riverlorn, die in bittersüßen Tönen den Sieg verkündeten.
    Und sie wusste mit der absoluten Sicherheit, mit der sie einst an Haomanes unfehlbare Weisheit und Güte geglaubt hatte, dass sie, was die Zukunft auch immer bringen mochte, für den Rest ihrer Tage beständig die ausgestreckte Hand von Satoris dem Drittgeborenen sehen und spüren würde, wie der Dolch in sein Fleisch eindrang, und sie würde auf immer und ewig den Widerhall seines schmerzerfüllten Todesschreis hören. All dies wollte sie in einem stillen Platz in ihrem Herzen einschließen, den sie mit niemandem teilen würde – nicht mit Aracus, nicht mit Malthus dem Gesandten und auch nicht mit ihrem eigenen Volk.
    Sie fragte sich, warum er es zugelassen hatte, dass sie ihm das Leben nahm – und warum Tanaros das ihre verschont hatte. Sie fragte sich, ob es wirklich eine weitere Nachfahrin von Elterrions Linie auf dem Antlitz von Urulat gab. Sie fragte sich, ob ihre Mutter auf dem Totenbett zu Satoris gebetet hatte.
    Sie fragte sich, warum die Sechs Schöpfer es nicht wagten, Torath zu verlassen, und ob eine Welt, in der Satoris obsiegt hätte, wirklich schlechter gewesen wäre als jene, über die Haomane herrschte, der seinen Kindern ein stets abwesender Vater war.
    Sie fragte sich, wo die Lügen endeten und die Wahrheit begann.
    Sie fragte sich, ob sie an all jenen Wegscheiden, zu denen sie gekommen war, immer eine weise Wahl getroffen hatte.
    All das fragte sie sich und würde es nie wagen, die Antworten zu hören.
    Was hätte sein können?

EPILOG
    E in Schatten huschte durch die Verderbte Schlucht und brachte das Gewebe noch mehr durcheinander, das zerfetzt in der Kluft hing. Die kleinen grauen Weber zuckten bestürzt und wütend umher und machten sich wieder an die nie endende Aufgabe des Ausbesserns und Erneuerns.
    Niemand sonst bemerkte ihn.
    Uschahin, der zwischen der Dämmerung des Abends und des Morgens wandelte, ritt auf den Pfaden des Dazwischen – zwischen Traum und Wachen, zwischen Leben und Tod, zwischen den Rassen der Geringeren Schöpfer, zwischen einem sterbenden und einem neu erstehenden Zeitalter.
    Er ritt auf einem blutbraunen Hengst, dessen Mähne und Schweif so schwarz waren wie die Räume zwischen den Sternen. An seinen Sattel war ein ledernes Futteral gebunden, das einen gespaltenen Helm trug, dessen leere Augenhöhlen in die Dunkelheit starrten. Und in seinem Gürtel steckte ein Dolch, geformt aus einem einzelnen Splitter der Souma, dem Auge in der Stirn von Uru-Alat. Dieser Splitter war rot, pulsierte aus eigenem, innerem Licht, und er hätte seine Gegenwart verraten, wenn er nicht von Schatten umhüllt gewesen wäre, in einen Umhang vager Mehrdeutigkeit gewickelt, irgendwo zwischen Sieg und Niederlage, zwischen Stolz und
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