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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter
Autoren: J Carey
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Erniedrigung, zwischen Recht und Unrecht.
    Zwischen allen Dingen.
    Er hielt seine Gedanken verschleiert, während er dahinritt, und niemand hielt ihn auf, als er das Tal von Gorgantum hinter sich ließ.
    Vor ihm erstreckte sich gen Osten die Ebene von Curonan. Er ritt darüber hinweg, suchte sich seinen Weg an den Toten vorbei.

    Über ihm ertönte ein Geräusch.
    Uschahin, der zwischen der Dämmerung des Abends und des Morgens wandelte, sah den kreisenden Raben und begriff, dass dieser ihn ebenfalls sah. Er hielt inne und wartete. Der Rabe stieg herab und landete auf seiner linken Schulter: Seine Krallen stachen in Uschahins Fleisch. Er spürte die Trauer des Tieres und blickte in seine Gedanken, wie es ihn die Graufrau der Wehre vor so langer Zeit gelehrt hatte.
    Er sah den Tod und wusste, dass er der Letzte der Drei war.
    Der Rabe stieß ein klagendes Krächzen aus. Uschahin strich ihm mit einem verkrümmten Finger über den Kopf und das widerspenstige Federbüschel.
    Beruhigt hockte sich der Rabe nieder.
    Uschahin-der-im-Dazwischen-wandelt setzte seine Reise fort. Er war erfreut über die Gesellschaft des Raben. Später würde er an Rache denken – und an das neue Muster, das in der Welt Gestalt annehmen würde, an das Versprechen, das er vor dem Fürsten Satoris abgelegt hatte, und an die Erinnerungen des namenlosen Kindes, das er einst gewesen war, bevor ein Stein in der Faust eines Fremden seine Welt zerschmettert hatte.
    Heute fand er Trost im Teilen gemeinsamer Trauer.
    Die Zeit für alles andere würde noch kommen.
    Mit Finsterflucht im Rücken ritt Uschahin auf das Delta zu, wo Calanthrag die Älteste ihn erwartete.
    In der gespaltenen Welt von Urulat ging die Sonne über einem vergangenen Zeitalter unter.
    Morgen würde ein neues heraufdämmern.

LESEPROBE
aus
     
    JACQUELINE CAREY
KUSHIEL · DAS ZEICHEN
    D amit niemand annimmt, ich sei ein Kuckuckskind, das von lüsternem Bauernvolk unehelich gezeugt und in einem schlechten Erntejahr in die Leibeigenschaft verkauft wurde, will ich vorausschicken, dass ich einem der Dreizehn Häuser entstamme und im Nachtpalais selbst großgezogen wurde, auch wenn es mir nicht viel genützt hat.
    Es fällt mir schwer, meinen Eltern dafür böse zu sein, obgleich ich sie um ihre Naivität beneide. Niemand hatte ihnen bei meiner Geburt gesagt, dass sie mich mit einem Unglück verheißenden Namen bedacht hatten. Sie nannten mich Phèdre, ohne zu wissen, dass dies ein hellenischer Name ist, auf dem ein Fluch lastet.
    Bei meiner Geburt hatten sie, so glaube ich, noch Grund zur Hoffnung. Als ich die Augen zum ersten Mal aufschlug, waren sie noch von unbestimmter Farbe, und schließlich ändert sich das Aussehen eines neugeborenen Kindes ununterbrochen, verwandelt sich von Woche zu Woche. Blonde Strähnen weichen pechschwarzen Locken, anfängliche Blässe reift zu einem satten Goldbraun und so fort. Doch nachdem ich alle Stufen meiner frühkindlichen Wandlung durchlaufen hatte, war es offenkundig.
    Ich hatte einen Makel.
    Natürlich fehlte es mir nicht an Schönheit, selbst als Säugling nicht. Immerhin bin ich eine D’Angeline, und seit der Heilige Elua damals den Boden unserer großen Nation betrat und sie zu seiner Heimat ernannte, ist auf der ganzen Welt bekannt, was es bedeutet, ein D’Angeline zu sein. Die sanften Züge meiner Mutter spiegelten sich in zierlicher Vollkommenheit in meinem Gesicht wider. Auch wenn meine Haut für den Kanon des Jasmin-Hauses zu hell war, gab
es gegen ihren elfenbeinfarbenen Teint nichts einzuwenden. Mein Haar, das sich anmutig und in üppiger Pracht lockte, war schwarz wie die Schatten der Nacht, was in manchen Häusern als besonderer Vorzug erachtet wurde. Meine Glieder waren gerade gewachsen und geschmeidig, meine Knochen ein Wunder an anmutiger Kraft.
    Nein, das Problem war ein anderes.
    Es waren meine Augen; und nicht einmal beide, sondern lediglich das eine.
    Ein so kleines Detail bestimmte über ein ganzes Schicksal. Es war nichts weiter als ein winziges Körnchen, ein kleiner Fleck, ein bloßer Farbpunkt. Hätte er eine andere Färbung gehabt, wäre vielleicht alles anders gekommen. Als meine Augen sich klärten, leuchteten sie in der Farbe, welche die Dichter Bister nennen, dunkel und glänzend wie ein Waldweiher im Schatten uralter Eichen. Außerhalb von Terre d’Ange würde man vielleicht braun dazu sagen, doch die Sprache jenseits der Grenzen unseres Landes ist äußerst unzureichend, wenn es um die Beschreibung von Schönheit
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