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Eleanor Rigby

Eleanor Rigby

Titel: Eleanor Rigby
Autoren: Douglas Coupland
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meine Augen waren rot wie die eines Bluthundes.
    »Du siehst ja furchtbar aus, Liz. Als hättest du Mumps.« »Danke, Leslie. Das kann man von dir nicht sagen.«
    »Das liegt an dieser Jacke - sie ist neu. Wie findest du sie?« Leslie drehte eine Pirouette auf meinem Teppich. Neben ihrer Schönheit wirke ich wirklich wie ein genetischer Witz. Als wir noch klein waren, waren wir davon überzeugt, dass wir keine leiblichen Schwestern sein konnten.
    »Steht dir super.« Oje. Wenn Leslie kotzt, kommen Brocken von unverdauten Vanity Fair- Artikeln zum Vorschein — aber mir kann sie mit dieser Fashion-Victim-Masche nichts vormachen. Ich durchschaue sie, und deshalb entspannt sie sich, wenn wir zusammen sind.
    »Wie sieht das hier bloß aus, Liz! Zieh die Vorhänge auf.«
    »Nein.«
    »Na gut, dann werd ich mal eine rauchen.«
    »Gute Idee.« Ich mag Zigarettenrauch im Zimmer. Wenigstens kommt es mir dann nicht tot vor.
    Wir steckten uns eine an, und Leslie inspizierte die Wohnung mit dem Blick einer geschäftstüchtigen Immobilienmaklerin.
    Norgate Park / reizende 2-Zimmer-Wohng. /VB / originelle Küche / renovierungsbed./ I.Hd.
    »Hat Mutter dir gestern sehr zugesetzt?«
    Ich drückte die Pausetaste des Videorecorders. »Sie musste ihr Essen mit Sylvia absagen.«
    »Ein Essen mit Sylvia absagen? Ist ja furchtbar. Hattest du deswegen wenigstens ein noch schlechteres Gewissen?«
    »Ich ... Ach, hör bloß auf.«
    »Ich hätte dich ja gefahren, wenn die Kinder nicht diese Aufführung gehabt hätten.«
    Leslie zuckte andauernd so merkwürdig verkrampft mit den Schultern. Das kannte ich gar nicht an ihr. »Leslie, warum zappelst du so herum? Und was ist mit deinen Schultern los?«
    »Meine Titten bringen mich um.«
    »Immer noch?«
    Ich glaubte, sie würde die ganze Zigarette in einem Zug inhalieren. »Und wie.« Die Rauchwolke, die sie ausstieß, erinnerte an die Challenger-Explosion. »Wäre ich doch bloß so flach wie du, Liz. Du kannst echt von Glück sagen.«
    »Danke. Kannst du dir nicht einfach die ... Beutel oder was immer das ist, rausnehmen lassen?
    »Zu, spät. Mike hat sich mit ihnen angefreundet.« Sie warf einen Blick zu meiner Küche hinüber. »Gibt's hier was zu essen?«
    »Schokoladenpudding, ein bisschen Götterspeise ...und Hühnersuppe mit Reis.«
    Sie schnüffelte in meiner Küche herum:; stabverleimte Echtholzarbeitsplatten und Edelstahlarmaturen — der einzige Luxus, mit dem die Baufirma die Wohnung ausgestattet hat. »Liz, du ernährst dich, als würdest du von Sozialhilfe leben. In deiner Küche gibt es überhaupt nichts Frisches.« Sie öffnete die Kühlschranktür und machte sie gleich wieder zu. »Und du hast noch nicht mal einen Magneten oder ein Foto an deinem Kühlschrank. Wo ist die Valentinskarte, die Brianna dir gebastelt hat? Willst du, dass deine Gäste Depressionen kriegen?«
    »Ich habe keine Gäste. Nur dich. Mutter. Und William.«
    »Liz, jeder hat Gäste.«
    »Ich nicht.«
    Sie änderte ihre Taktik und holte die Pyrex-Schüssel mit Götterspeise heraus. »Ich werd deine Götterspeise essen. Welche Geschmacksrichtung ist die rote?«
    »Rote Götterspeise ist rote Götterspeise.«
    Ihre goldenen Armreife klirrten, als sie den Wackelpudding weglöffelte, den ich mir für Zeit der Zärtlichkeit aufgespart hatte. Sie fragte: »Hast du schon meine Bushaltestelle gesehen?«
    »Deine was?«
    »Ich habe jetzt meine eigene Werbung. Auf einer Bank an einer Bushaltestelle klebt ein großes Schwarzweißfoto von mir.
    Nur auf der einen Bank, aber es ist ein Anfang. Ein schmeichelhaftes Foto. Doch weil wir es vor meiner Busen-OP gemacht haben, bin ich das eigentlich gar nicht mehr wirklich.« »Wo ist das denn?«
    »An der Kreuzung Capilano und Keith Road. Die Rotphase dort ist die längste von ganz Kanada. Da ist mir das Publikum sicher. Aber ich weiß, dass irgendein kleiner Scheißer mit Filzstift ein Hitlerbärtchen draufmalen wird.«
    »Filzstifte sollten verboten werden.«
    »Ganz meine Meinung. Die Kinder heutzutage sind wahre Monster.« Sie aß den Rest von meinem Wackelpudding auf und schaffte es irgendwie, dem verbliebenen Stummel ihrer Zigarette noch einen Zug zu entringen. »Ich muss los.«
    »Ich glaube, da ist noch ein Löffel voll übrig.«
    Sie war schon fast zur Tür hinaus. »Du siehst furchtbar aus, Liebes. Das hält noch mindestens drei Tage an, meinst du nicht?«
    »Ja, Leslie. Danke.«
    »Bis morgen, Süße.«
    Ich legte Bambi ein. Mir war nicht ganz klar, wieso der Typ von
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