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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn
Autoren: Susanne Gerdom
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verkündete Broneete überflüssigerweise. Die Gardisten zerrten den Gefangenen recht unsanft durch den Saal und vor den Obersten Tenttai, der seinen Enkelsohn behutsam auf den Teppich vor dem Thron stellte und sich dann dem Zwerg zuwandte.
    »Du wurdest vor unserem großen Archiv aufgegriffen«, sagte er. »Was hattest du vor?«
    Trurre blickte gefasst zu ihm auf. »Ich war auf dem Weg hinaus«, sagte er schließlich.
    »Vater, er hat nichts mit den Bränden zu tun«, rief Iviidis. »Lass ihn gehen.«
    Glautas hob gebieterisch die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen.
    Trurre hatte bei ihren Worten erstaunt die Brauen emporgezogen. »Du bist also Glautas«, sagte er. »Geehrter Tenttai – deine Tochter spricht die Wahrheit.«
    »Meine Tochter ist jetzt nicht wichtig«, gab Glautas zurück. »Ich sage, du bist ein Brandstifter. Du wolltest unser Archiv vernichten, das Gedächtnis unseres Volkes.«
    »Das ist doch kompletter …«, begann Iviidis, aber sie wurde davon unterbrochen, dass jemand ihr etwas Spitzes in die Seite drückte. Sie fuhr zurück und sah in Zinaavijas grimmiges Gesicht. Die Elbin stand seitlich hinter ihr und hielt ein schmales Messer in der Hand verborgen. Sie zeigte es Iviidis und flüsterte: »Ich würde an deiner Stelle den Mund halten. Denk daran, dass dein Kind hier ist. Es soll nicht mitansehen müssen, dass ich seiner Mutter wehtue. Oder noch Schlimmeres.«
    Iviidis sah sie sprachlos an. Dann blickte sie starr geradeaus und biss die Zähne zusammen. Die Messerspitze bohrte sich schmerzhaft in ihre Seite.
    Broneete warf ihr von der anderen Seite des Saales einen erstaunten Blick zu. Iviidis versuchte, ihr mit Blicken die Lage zu erklären, aber die Gardistin verstand ihre verzweifelten Zeichen nicht.
    Glautas setzte sein Verhör des Zwerges fort. Nach einigen fruchtlosen Versuchen, sich in aller Ruhe und Vernunft mit dem Obersten Tenttai zu verständigen, gab Trurre auf und schwieg nur noch verbissen zu den Fragen und Anschuldigungen.
    »Bringt ihn weg«, sagte Glautas schließlich. »Ich möchte, dass er unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen eingesperrt wird. Niemand außer mir darf zu ihm. Ja, was ist denn los?« Er blickte gereizt zur Tür, durch die jemand mit riesigen Schritten in den Saal gestürmt kam.
    Iviidis schrie erneut auf, als sie Olkodan erkannte, der wie ein gereizter Stier auf sie zustampfte. Sie hatte ihren sanften Mann noch nie zuvor zornig erlebt, aber jetzt raste er förmlich vor Wut. Zinaavija ächzte leise und wich zurück, als Olkodan sich ihnen näherte. Eine Wunde an seinem Kopf hatte offenbar stark geblutet, denn auf seinem Wangenknochen und seinem Hals war eine dunkle Spur von geronnenem Blut zu sehen, und auch seine Jacke war damit bespritzt.
    »Du verdammte …«, er stieß ein Schimpfwort aus, das Iviidis erbleichen ließ. Sie sprang beiseite, als er an ihr vorbei hinter Zinaavija hersetzte. Die Elbin floh hinter den Thron, und Iviidis hörte sie schreien: »Glautas, hilf mir. Er will mich umbringen!«
    Glautas, der wie erstarrt zugesehen hatte, bewegte sich wieder. »Soldaten, ergreift ihn«, brüllte er. »Und nehmt auch meine Tochter fest!«
    Die Gardisten blickten verwirrt zu ihrer Vorgesetzten und erwarteten ihre Bestätigung. Broneete stand blass und erschrocken da und sah dann Iviidis an. »Was?«, formten ihre Lippen.
    »Broneete«, schrie Glautas sie an. Inzwischen hatte Olkodan Zinaavija eingeholt und packte sie an der Hand, die das Messer hielt. Sie kreischte und wehrte sich mit Schlägen und Fußtritten, aber er hielt sie unnachgiebig fest und entwand ihr das Messer. Glautas fluchte und stürzte zum Thron. Er beugte sich zu Indrekin hinab, der sich verängstigt auf dem Boden zusammengekauert hatte, und riss ihn in seine Arme. »Lass sie los«, herrschte er Olkodan an.
    Für einen Moment standen alle starr da. Nur schweres Atmen und das Weinen des Kindes waren zu hören.
    »Broneete, ich befehle dir ein letztes Mal, meine Tochter und ihren Mann festzunehmen«, sagte Glautas langsam und überdeutlich.
    Broneete atmete zitternd ein. »Nein«, sagte sie heiser. Die Gardisten bewegten sich unsicher einen Schritt vor und blieben wieder stehen.
    Glautas blickte sie einen Moment lang wutentbrannt an, dann wurde seine Miene kalt und ruhig. »Gib Zinaavija frei und geh zu deiner Frau«, sagte er. Olkodan zögerte, dann gab er Zinaavija einen heftigen Stoß, dass sie ein paar Schritte nach vorne taumelte, und stellte sich neben Iviidis. Sie tastete
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