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Elbenbiss /

Elbenbiss /

Titel: Elbenbiss /
Autoren: Tonja Züllig
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Stunden dermaßen überlastet, dass ich mich nicht mit solchen Nebensächlichkeiten abgeben konnte. Nicht jetzt. Sonst würde ich noch wie Wladimir in eine Depression getrieben. Wladimir. Wo war der überhaupt? Ich schob das soeben Gehörte beiseite und schaute mich suchend um. Er war nirgends zu sehen. Schulterzuckend holte ich meinen Schlafsack, stopfte ihn in die Hülle und wollte gerade den Kofferraum öffnen, als Elanor wieder mal geräuschlos neben mir auftauchte.
    »Bist du verrückt? Lass den Kofferraumdeckel zu!«, zischte sie.
    »Was ist denn? Ich will nur meinen Schlafsack verstauen.« Ich sah sie genauer an. Sie erschien mir tatsächlich noch zarter als gestern, noch feenhafter.
    »Und Wladimir? Wir brauchen ihn, um Rose zu befreien.«
    »Wieso? Wo ist er überhaupt?«
    »Mann, du begreifst aber auch gar nichts. Dabei hat der Professor gesagt, du wüsstest über uns Bescheid und könntest damit umgehen.«
    Ihr vorwurfsvoller Blick aus Augen wie Himmel und Erde machte mich verlegen. Sie hatte recht. Ich musste mehr Rücksicht auf diese durchgeknallten Typen nehmen.
    »Lass mich raten«, sagte ich, bemüht, meiner Stimme einen beruhigenden Klang zu geben. »Wladimir ist im Kofferraum. Er versteckt sich vor der Sonne, weil er ein Vampir ist.«
    Elanor nickte. Aber anders, als ich es erwartet hatte – mit viel zu viel Ernst.
    »Okay, vielleicht wäre es an der Zeit, dass du mir mal die ganze Geschichte erzählst, von Anfang an.«
    Wir setzten uns zu den beiden Kätzchen auf die Rückbank des Wagens.
    »Die Elben sind die Erstgeborenen, die Älteren Kinder Ilúvatars, erdacht im dritten Thema der Ainulindale, die ältesten und edelsten sprechenden Wesen von Mittelerde.« Dann brach sie ob meines entsetzten Blicks in helles Gelächter aus. »Okay, das war ein Witz. Ich weiß, dass du nicht diesen Anfang gemeint hast, entschuldige.« Sie legte ihre schlanke, zarte Hand auf meinen Oberschenkel, was meiner Konzentration nicht gerade förderlich war. Sie musterte mich aus ihren Sternenaugen, als ob sie abschätzte, wie viel sie mir zumuten konnte. Dann zog sie ihre Hand seufzend wieder weg.
    »Komm her, Manwe«, schnurrte sie stattdessen und fischte das schwarze Knäulchen aus dem Raum zwischen Vorder- und Rücksitz. »Varda wartet auf dich.«
    Ich schloss die Augen. Sie hatte die Kätzchen nach dem höchsten Fürst und der höchsten Fürstin der sieben Mächte benannt. Zärtlich streichelte sie die beiden auf ihrem Schoß, was gut für mich war, weil so ihre Hände beschäftigt waren.
    »Ich versuche, mich kurzzufassen. Meine Ahnen, vermutlich ist Feanor ihr Anführer, bestrafen mich für mein Verhalten. Sie wollen mir aber gleichzeitig helfen, gesund zu werden. Deshalb haben sie Rose entführen lassen, nachdem sie erfahren haben, dass ihr Silima anvertraut worden war. Es sollte mir nicht zu einfach gemacht werden. Wolf und Wladimir haben eigentlich nichts damit zu tun. Sie hatten Pech, mit mir in derselben Kochgruppe eingeteilt worden zu sein. Jetzt kommen die beiden auch in den Genuss von Feanors Hilfe.« Sie rollte missmutig mit den Augen.
    »Aber …« Ihr Blick ließ mich verstummen.
    »Ich lebe bereits sehr lange … zügellos. Die Ahnen dulden es nicht länger. Sie ließen mir mehrere Warnungen zukommen, aber ich ignorierte sie. Also nahmen sie mir meine ureigensten Fähigkeiten. Das, was mich zu dem macht, was ich bin – jedes Mal, wenn ich … meinem Verlangen nachgab. Meine telepathischen Fähigkeiten, meine Heilkräfte, alles. Das da …«, sie deutete auf den Verband um meinen Kopf, »… ist für eine Elbenfrau normalerweise ein Klacks. Normalerweise. Als ich endlich einsah, dass ich nicht mehr so weitermachen konnte, beschloss ich, eine Therapie zu machen. Der Professor war ein Glücksfall. Ich bin sicher, dass mich meine Ahnen zu ihm geführt haben. Rafael empfahl die Kochtherapie bei Rose. Sie ist eine von uns, eine Halbelbenfrau, hast du das gewusst?«
    Ich schüttelte betreten den Kopf und unterdrückte ein Stöhnen. Noch so eine.
    »Ihre Gruppenkochtherapie fördert das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und in diejenigen der Partner. Dank der speziellen Speisen, die die Patienten unter ihrer Leitung herstellen, gesunden sie schneller und leichter. Für die letzte Sitzung hat sie uns etwas Spezielles angekündigt. Silimantia.«
    »Noch nie gehört«, entfuhr es mir ungnädig. »Was soll das denn sein?«
    Sie lächelte mich nachsichtig an. »Ja, das kannst du natürlich nicht wissen. Das hat
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