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Elbenbiss /

Elbenbiss /

Titel: Elbenbiss /
Autoren: Tonja Züllig
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gut geht?«
    Er lächelte traurig. »Nein, Michael, es geht mir nicht gut, und das schon eine Weile. Aber jetzt hör schon auf, so zu tun, als ob du dich um mich sorgen würdest. Das ist zwar sehr rücksichtsvoll, aber absolut unnötig.«
    »Du kommst da schon wieder raus.« Das sagte man doch in so einer Situation, oder?
    Er warf mir einen bedeutsamen Blick zu. »Du hast es noch nicht begriffen, nicht wahr?«
    »Was denn?«
    »Was ich bin.«
    »Doch, klar«, entgegnete ich. »Du bist gewaltig depressiv. Der Professor hat mich informiert.«
    »Das meine ich nicht«, sagte Wladimir mit seiner sonoren Stimme. Ich kann mich deutlich an den Schauer erinnern, der mir bei seinen Worten über den Rücken lief.
    »Was dann?«, fragte ich, war mir jedoch nicht sicher, ob ich es wirklich wissen wollte.
    »Ich bin ein Vampir, Michael.«
    Ich gab mir große Mühe, ein Grinsen zu unterdrücken, aber es gelang mir nicht völlig. Das war auch zu absurd. Vampire gehörten ins Reich der Fantasie. Niemand wusste das besser als ich, der ich täglich mit ihnen zu tun gehabt hatte, jedenfalls vor meiner Schreibblockade.
    »Ach so, das.« Ich versuchte, meine Stimme neutral klingen zu lassen.
    »Du glaubst mir nicht«, sagte Wladimir leise.
    Da hatte er allerdings recht.
    »Weißt du Wladimir, Vampire haben selten Mühe damit, Blut zu sehen, und fürchten sich nicht im Dunkeln. Aber die Kleidung ist wirklich schick und das Make-up top. Und dass du einen tiefen Blutdruck und deswegen kalte Hände hast, passt natürlich gut. Aber da ist noch etwas ziemlich Auffälliges, das leider nicht stimmt.«
    »Was denn?«, fragte er matt.
    Ich klapperte mit meinen Zahnreihen.
    »Ach so, du meinst die Eckzähne. Die habe ich mir richten lassen«, erklärte er sanft.
    Ich hätte am liebsten losgeprustet. Der Typ war vielleicht eine Nummer. »Die wachsen doch nach, Wladimir«, sagte ich vorsichtig. Bemüht, jeglichen Spott aus meiner Stimme zu verbannen.
    »Mit der Zeit nicht mehr so schnell, wenn du es oft genug machen lässt.« Er zuckte müde mit den Schultern.
    Ich schloss die Augen. Dem war nicht mehr zu helfen.
    »Aber dass Wolf ein Werwolf ist, glaubst du, oder? Das sieht man ja«, meinte er dann mit einer kindlich wirkenden Spur Trotz in der Stimme.
    Das war zu viel. Ich lachte los und schlug mir mit den Händen auf die Oberschenkel. Erst als ich realisierte, dass er mich verwirrt musterte, nahm ich mich zusammen. »Wolf ist so wenig ein Werwolf wie du und ich, Wladimir. Er hat nur ein paar Haare mehr als wir zwei zusammen. Okay, und Muskeln ebenfalls. Aber hast du nicht mitgekriegt, dass er sich wegen der beiden Kätzchen vor Angst fast in die Hosen gemacht hat?«
    »Deswegen hat ihn sein Clan auch verstoßen. Ist schon sehr lange her. Hat er in der Gruppentherapie erzählt.«
    Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Was ging hier ab? Die Typen waren noch viel verrückter, als ich befürchtet hatte. »Und Elanor ist eine Elfe«, sagte ich erschöpft. Es war als Witz gemeint.
    »Uh, nein, sag das ja nicht, sonst kratzt sie dir die Augen aus«, meinte Wladimir beschwörend.
    Schön, da war ich beruhigt. Blieb also nur ihre Sexsucht. Damit würde ich zurechtkommen.
    »Sie ist eine Elbenfrau. Stammt in direkter Linie von Feanor ab. Er war der Größte unter den Kindern Ilúvatars und bekannt für das Geschick seiner Hände …«
    »… und seines Geistes. Leider waren sein Stolz, seine Eifersucht und sein Zorn genauso ungestüm wie seine Erfindungsgabe. Ich kenn das Buch, Wladimir. Sie hat euch reingelegt. Sie ist eine normale, wunderschöne Frau mit einer aus der Bahn geratenen Libido.« Mein Kopf fing wieder an zu schmerzen. Ich schloss die Augen, griff mir an die Nasenwurzel und drückte die beiden Punkte unmittelbar links und rechts davon. Manchmal half das.
    »Sie hat goldenes Haar und spitze Ohren«, entgegnete Wladimir schwach.
    »Solche Ohren hat Mr. Spock auch, und Leonard Nimoy ist deswegen trotzdem kein Vulkanier«, erwiderte ich ruppiger als beabsichtigt. Es tat mir sofort leid, denn Wladimir sah mich verwirrt an und hatte offensichtlich keine Ahnung, wovon ich sprach.
    »Vergiss es, mein Freund.« Ich klopfte ihm auf die Schulter. »Wenn ich nur wüsste, wo dieser Wolf steckt. Der Professor bringt mich um, wenn ich ohne ihn nach Hause komme.«
    »Hast du etwas zu essen? Es ist bald Vollmond, da hat er immer furchtbaren Hunger. Leg es auf die Kühlerhaube, so kannst du ihn anlocken.«
    Ich stöhnte entnervt auf, holte aber die Tüte mit den
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