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Eiskaltes Herz

Eiskaltes Herz

Titel: Eiskaltes Herz
Autoren: Ulrike Rylance
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Barbie-Campingwagen sehen? Der hat sogar einen Whirlpool.«
    »Klar.« Und schon war ich drin im Haus. »Bist du denn alleine?«
    »Die Oma ist eingeschlafen. Soll ich sie wecken?«
    »Nein, nein.« Mir kam eine Idee. »Weißt du was, Kim, ich warte oben in seinem Zimmer auf ihn, okay?«
    Das kleine Mädchen zog die Stirn kraus und überlegte. »Und der Campingwagen?«
    »Den schaue ich mir hinterher an.« Plötzlichbrannte ich darauf, in Leanders Zimmer zu kommen, mich auf sein Bett zu legen und mir vorzustellen, es wäre alles noch wie früher.
    »Na gut. Aber du musst es mir versprechen.«
    »Ich verspreche es dir.« Ich hob feierlich die Hand, dann flitzte ich die Treppe hoch in Leanders Zimmer und schloss die Tür hinter mir.
    Es sah anders aus hier drin. Er hatte aufgeräumt. Und ein neues Poster an die Wand gehängt, irgendeine Band mit bildschöner Geigerin in seltsam mittelalterlichen Klamotten. Eindeutig Vanessas Geschmack. Auf seinem Nachttisch lag ein weißes Buch. Gedichte. Auch Vanessas, da hätte ich wetten können. Ein Lippenstift stand auf dem Fensterbrett, und als ich auf den Boden sah, entdeckte ich noch etwas. Ein rosa Tank-Top, zusammengeknüllt. Ausgezogen und weggeschleudert? Ich hob es mit spitzen Fingern hoch. Ein leichter Geruch nach Karamell stieg auf und ich ließ es wieder fallen, als hätte ich mich verbrannt. Dann fiel mir etwas Besseres ein – ich nahm den Alleskleber von seinem Schreibtisch und quetschte den Inhalt in das Top. Sofort ging es mir besser. Jemand kam die Treppe hoch, ich hörte Kims quengelnde Stimme und auf einmal stand Leander in der Tür.
    »Was machst du denn hier?«, fuhr er mich an.
    »Leander«, stotterte ich erschrocken. Ich schielte hinter ihn. Er war alleine, Gott sei Dank.
    »Kimmy hat mich reingelassen, ich wollte nur meinen Pullover holen, den blauen, du weißt schon.«
    Er zog eine Schublade auf und reichte mir den Pulli. »Das hättest du mir doch einfach sagen können.«
    »Klar«, erwiderte ich. »Wir reden ja auch jeden Tag am Telefon. Wir sind ja jetzt supergute Freunde.«
    Seine unnahbare Fassade bekam einen Riss. »Hör mal, Lena, es tut mir echt leid, das hab ich dir schon gesagt. Es ist … doof gelaufen.«
    »Doof gelaufen? Du hast unsere Beziehung von einem Tag auf den anderen zerhackt wie ein Stück Holz!«
    Er sah auf einmal müde aus. »Gegen seine Gefühle ist man nun mal machtlos.«
    »Du sagst es.« Plötzlich konnte ich nicht anders, ich trat auf ihn zu und fiel ihm um den Hals. Eine Sekunde lang war alles so, wie es sein sollte. Ich presste meine Wange an seine, küsste seinen Hals, atmete seinen Geruch ein. Und für einen kurzen Moment gab er nach, drückte mich ebenfalls, lehnte seine Stirn an meine, wischte mir eine Träne weg. Dann war es vorbei.
    »Lieber nicht, Lena«, sagte er leise. »Es hat keinen Zweck. Ich bin jetzt mit Nessa zusammen. Sie ist …«
    »Vanessa interessiert mich nicht. Ich wünschte, es würde sie gar nicht geben«, fuhr ich ihn an.
    »Hey, hey«, machte er und hob abwehrend die Hände. »Immer schön ruhig bleiben.«
    »Leander?« Kim rief ihn von unten.
    Er öffnete die Tür und steckte den Kopf raus. »Was ist denn?«
    »Lena soll meinen Campingwagen ansehen.«
    »Jetzt nicht.«
    Während er mit seiner Schwester redete, griff ich mir wie ferngesteuert an den Hals, öffnete meine Kette und ließ sie blitzschnell in meine Hand und dann auf den Boden gleiten. Mit dem Fuß schob ich sie unter Leanders Bett.
    Jetzt hatte ich zwar keine Glückskette mehr, doch dafür einen Grund, noch mal hierherzukommen. Leander mochte unsere Beziehung mit dem Hackbeil amputiert haben. Aber ich hatte immer noch Phantomschmerzen.
    Draußen auf der Straße quollen mir die Tränen heraus und außerdem blendete mich die Sonne so sehr, dass ich einen Moment lang fast orientierungslos war. Wie betäubt ging ich nach links, dabei hätte ich doch rechts abbiegen müssen, um zur Bushaltestelle zu gelangen. Vor einem Gartentor kam ich zur Besinnung und hielt an.
    »Lena?«
    Wer rief mich da? Eine Mädchenstimme? Ich drehte mich erstaunt um. Sarah kam mir entgegen, eine Plastikdose und einen Fön in der Hand. »Was machst du denn hier?«, fragte ich sie, genau wie Leander mich vor wenigen Minuten gefragt hatte.
    »Na, ich wohne hier«, antwortete sie. »Also besser, hab gewohnt. Jetzt wohne ich ja bei Moritz. Das ist mein Elternhaus. Habe gerade meinen Fön geholt, Moritz hat nur so ein vorsintflutliches Ding, dasganz laut röhrt.« Sie
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