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Eiskalter Wahnsinn

Eiskalter Wahnsinn

Titel: Eiskalter Wahnsinn
Autoren: Alex Kava
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eine Spur dunkler. Aber das war nicht eindeutig zu klären, so verklebt und blutverschmiert, wie sie waren. Eine Menge Blut klebte da. Das war eindeutig die Verletzung, die zum Tod geführt hatte. Man brauchte keinen Gerichtsmediziner, um das zu erkennen.
    Er ließ die Plane fallen und fragte sich, ob die arme Frau von hier stammte. Ehe er sein Büro verlassen hatte, war er die Liste von Vermissten durchgegangen und hatte besonders auf die aus New Haven County geachtet. Doch auf keinen traf die vorläufige Beschreibung dieser Toten zu. Die Liste umfasste einen College-Studenten, der seit dem Frühling nicht mehr zu Vorlesungen erschienen war, einen Drogensüchtigen, der vermutlich von zu Hause abgehauen war, und eine ältere Frau, die angeblich morgens zum Milchholen ging und nicht mehr gesehen wurde. Eine gut Vierzigjährige mit langem Haar, teurer Seidenbluse und manikürten Fingernägeln war nicht darunter.
    Henry atmete tief durch, um seinen Kopf zu klären und besser denken zu können. Er blickte zum wolkenlosen Himmel hinauf und entdeckte einen zweiten Gänseschwarm. Glückliche Viecher. Vielleicht wurde er langsam alt und müde. Vielleicht war er aber auch einfach noch nicht so weit, seine Pensionsträume in die Tat umzusetzen: endlos lange Angeltage an den Ufern des Connecticut River mit einem Kühler voller Budweiser und Sandwiches mit geräucherter Pute, Salami und Provolone. Ja, Sandwiches, aber nicht irgendwelche, sondem die mit allem Drum und Dran aus Vinnys Delikatessengeschäft und ordentlich in dieses weiße Papier eingewickelt. Davon könnte er jetzt eins vetragen.
    Er warf einen letzten Blick auf das Fass. Die Fliegen krochen unter die Plane, und ihr Summen wurde stärker anstatt leiser. Verdammte Plagegeister. Sie würden die feuchten Körperregionen besiedeln und sich dort einnisten, noch ehe der Rechtsmediziner kam. Nichts als Fliegen und ihre verdammten madigen Nachkommen. Er hatte gesehen, welchen Schaden sie in wenigen Stunden anrichten konnten. Ekelhaft. Und er stand hier und dachte an Vinnys Sandwiches. Nun ja, da musste schon einiges mehr passieren, ehe er den Appetit verlor.
    Rosie, seine Frau, würde behaupten, seine mangelnde Anteilnahme sei Ausdruck seiner Erschöpfung. Herrgott, sie redete tatsächlich so geschwollen daher. Er erklärte lieber, er sei schlichtweg leer gepisst und ausgebrannt. Dieser kurze Einsatz als County Sheriff von New Haven hätte ihm helfen sollen, den Übergang von der unerträglichen Hektik New Yorks zur Gelassenheit Connecticuts zu finden, um schließlich in Ruhe und Frieden in Pension zu gehen.
    Aber das hier … nein, so hatten sie nicht gewettet. Er brauchte keinen ekelhaften, ungeklärten Mord, der ihm den Ruf ruinierte. Wie sollte er hier mit Rosie seinen Ruhestand verleben, wenn hinter seinem Rücken getuschelt und gelästert wurde?
    Er warf wieder einen Blick zu Arliss hinüber. Der gottverdammte Idiot hatte ein Stück Absperrband am Schuh kleben, das er hinter sich her zog wie Toilettenpapier, und der Dummkopf merkte es nicht mal.
    Nein, mit einer Pleite wollte er seine berufliche Laufbahn keinesfalls beenden.

5. KAPITEL
    Tully sah O’Dell einige auf ihrem Schreibtisch gestapelte Aktenordner durchgehen.
    „So viel zum Thema Urlaub“, sagte sie, und ihre gute Laune hatte einen leichten Dämpfer erhalten.
    Er hatte geglaubt, nach dem Telefonat mit Dr. Patterson sei ihr die Laune endgültig verdorben gewesen, doch Maggie ignorierte fröhlich das Faxgerät, das mehrere Seiten Details zu Pattersons vermisster Patientin ausspie. Anstatt sich die Blätter zu holen und zu lesen, suchte O’Dell etwas, das offenbar in dem Stapel verloren gegangen war. Vielleicht ein Fall, den sie mit nach Hause nehmen wollte, um ihn in den Pausen ihrer Gartenarbeit zu studieren. Was war schon einer mehr, wenn sie auch noch Dr. Pattersons übernahm?
    Tully sank in den Sessel, den sie zu seinem Erstaunen noch in ihr kleines, aber geordnetes Büro gequetscht hatte. Ihre Büros in BSU, der Behavioral Science Unit, der Abteilung für wissenschaftliche Verhaltensstudien, konnte man eher als Schachtel bezeichnen. Trotzdem fanden in O’Dells noch ordentlich sortierte Bücherregale Platz, in denen nicht ein Buch quer obenauf lag. Bei genauem Hinsehen bemerkte er, dass die Bücher außerdem nach Themen alphabetisch geordnet waren.
    Sein Büro hingegen sah wie ein Lagerschuppen aus, mit Bergen von Büchern, Akten und Magazinen – nicht zwangsläufig zu Stapeln geordnet – auf
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