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Eiskalt Wie Die Suende

Eiskalt Wie Die Suende

Titel: Eiskalt Wie Die Suende
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gemeinsam angehört, und nun wollten ihr die Worte einfach nicht mehr aus dem Sinn. „Vertrauen auf das, was man erhofft“ war eine Abhandlung über das Wesen des Glaubens, und nie hatte sie es schöner und trefflicher benannt gehört. Martin schien seine wahre Berufung gefunden zu haben. Schon immer war er seinem Alter an Reife weit voraus gewesen, wortgewandt, mitfühlend … sehr einnehmende Eigenschaften für einen Geistlichen. Nell hatte seine Betrachtungen über das Leben und den Glauben nicht nur sehr erhellend und inspirierend, sondern zutiefst bewegend gefunden. Vieles von dem, was er sagte, schien ihr angesichts ihrer Lage direkt aus dem Herzen zu sprechen.
    Nach dem Gottesdienst hatten Nell und Will noch vor der Kirche ein wenig mit dem schmucken, frisch geweihten Pastor geplaudert. Obwohl dies seine erste Predigt gewesen war, trug Martin das geistliche Ornat mit einer Selbstverständlichkeit und einer Würde, die für gewöhnlich mit Jahren der Erfahrung einhergehen. Er hatte ihnen erzählt, dass er morgen für vier Wochen nach Cape Cod fahren würde, bevor er sich nach seiner Rückkehr ganz seinem seelsorgerischen Amt widmen wollte. Da er Zugfahrten nicht sonderlich mochte, würde er mit seinem kleinen Einspänner fahren. Will hatte daraufhin vorgeschlagen, dass Nell ihn bei der Gelegenheit doch gleich begleiten könne, damit sie nicht alleine ans Cape reisen müsse – eine Vorstellung, die ihm angesichts der jüngsten Ereignisse nur wenig behagte. Und so hatten sie sich darauf geeinigt, dass er Nell morgen früh um sieben Uhr abholen würde.
    Dann hatte Will seinen Bruder noch für eine kurze Unterredung unter vier Augen beiseitegenommen. Verstohlen hatte Nell die beiden beobachtet, als sie miteinander sprachen. Meist war es Will gewesen, der redete, und was immer es war, das er Martin zu sagen gehabt hatte, es schien diesen zutiefst zu beunruhigen. Er hatte Will bei den Schultern gepackt, und ihn mit ernster, eindringlicher Miene angesehen. Will hatte kurz zu Nell hinübergeschaut, dann den Kopf geschüttelt. Er holte etwas aus seiner Westentasche hervor – etwas, das zu klein war, als dass Nell es hätte erkennen können – und drückte es Martin in die Hand, zog seinen jüngeren Bruder dann fest an sich und umarmte ihn innig. Weil William Hewitt seine Gefühle nur selten so offen zeigte, kam Nell nicht umhin, sich zu fragen, was die beiden Brüder wohl Bedeutsames zu bereden gehabt hatten. Natürlich war es ganz und gar undenkbar, Will danach zu fragen.
    Nachdem sie im Parker House zu Mittag gegessen hatten, waren Nell und Will in die Hewittsche Familienresidenz zurückgekehrt. Dort hatten sie eine Nachricht der Cooks vorgefunden, die sie beide am Nachmittag zu sich einluden. Als sie sich kurz darauf in der Fayette Street einfanden, trafen sie nicht nur Chloes Freundin Lily Booth dort an, sondern auch Denny Delaney.
    Wie sich herausstellte, war Detective Cook auf der Suche nach Denny früh am Morgen ins Nabby’s gegangen, wo man ihm jedoch nur sagen konnte, dass der Junge seine spärlichen Habseligkeiten noch letzte Nacht gepackt hatte und verschwunden war, da er keinen Augenblick länger an einem Ort zubringen wollte, wo er unerwünscht war. Nach längerer Suche hatte Cook ihn schließlich in St. Stephen gefunden, wo Denny sich auf einer der hinteren Kirchenbänke zusammengerollt und fest geschlafen hatte. Nachdem der Detective ihm hoch und heilig versichert hatte, dass es doch lediglich eines Geste des Dankes dafür wäre, dass Denny mit seiner Aussage geholfen hätte, Cooks Unschuld zu beweisen, hatte der Junge widerstrebend eingewilligt, ihn nach Hause zu begleiten, um erst mal ein ordentliches Frühstück in den Bauch zu bekommen. Cooks abermalig vorgetragenes Angebot, dass er auch bei ihnen leben und die Boston College High School besuchen könne, hatte er indes wiederum abgelehnt. Das hätte nichts mehr mit Dankbarkeit zu tun, meinte er, sondern wäre ein Almosen, und Almosen nehme er keine an.
    Während sie nun alle beim Tee saßen, zu dem es frische Apfelkrapfen gab – die Lily gebacken hatte, da Chloe sich mittlerweile zwar schon in weitaus besserer Verfassung befand, aber sich dennoch kaum von ihrem Sofa zu rühren wagte –, kam auch noch Ebenezer Shute vorbei. Cook, dem Will die Zeitung mit den tausend Dollar anvertraut hatte, wollte Shute sein Geld
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