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Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)

Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)

Titel: Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
Autoren: Nicci French
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Geräusch, einen pulsierenden, elektronisch klingenden Ton. Im Näherkommen sah sie, dass das kleine Mattglasfenster gleich neben der Tür zerbrochen war. Die Scheibe hatte ein Loch und hing nach innen. Als Dora wegen des ungewohnten Anblicks stehen blieb, spürte sie etwas an ihrem Bein und blickte nach unten. Die Katze schmiegte sich dagegen. Dora fiel auf, dass dabei ein rostbrauner Fleck auf ihrer neuen Jeans zurückblieb. Verwirrt trat sie ins Haus und ließ die Taschen zu Boden gleiten. Auf den Holzdielen lagen die Scherben des Fensters. Das musste gerichtet werden. Wenigstens war nicht sie daran schuld, sondern höchstwahrscheinlich ihr Bruder Ted. Er machte die ganze Zeit etwas kaputt: Teetassen, Gläser, Fensterscheiben – alles, was zerbrechlich war. Ein beißender Geruch stieg Dora in die Nase. Irgendetwas war gerade am Verbrennen.
    »Mum, ich bin da!«, rief sie.
    Auf dem Boden lag noch mehr: das große Familienfoto, die Tasche ihrer Mutter, rundherum verstreuter Kleinkram. Es war, als wäre ein Sturm durchs Haus gefegt und hätte alles durcheinandergewirbelt. Einen Augenblick sah Dora in dem Spiegel über dem kleinen Tisch ihr eigenes Spiegelbild: ein kleines bleiches Gesicht, eingerahmt von dünnen braunen Zöpfen. Sie ging hinüber in die Küche, wo der Brandgeruch am stärksten war. Als sie die Ofentür aufzog, schlug ihr der Qualm entgegen wie heißer Atem. Hustend griff sie nach einem Topfhandschuh, nahm rasch das in der höchsten Schiene eingehängte Backblech heraus und stellte es auf den Herd. Vor ihr lagen sechs völlig verkohlte und geschrumpfte Küchlein, nicht mehr zu retten. Ihre Mutter überraschte sie nach der Schule manchmal mit frisch gebackenen Keksen. Dora schloss die Ofentür und drehte das Gas aus. Nun war ihr alles klar: Der Ofen war nicht abgeschaltet worden und das Gebäck daher verbrannt. Der Alarm und der Rauch hatten Mimi erschreckt, so dass sie durch die Wohnung gerannt war und alles Mögliche zerbrochen hatte. Aber warum waren die Kekse verbrannt?
    Sie rief noch einmal nach ihrer Mutter. Ihr Blick fiel auf die etwas offen stehende Verbindungstür zum Wohnzimmer, wo auf dem Boden eine Hand mit leicht gekrümmten Fingern zu sehen war. Für einen Moment rührte Dora sich trotzdem nicht von der Stelle, sondern rief noch einmal: »Mum, ich bin da!«
    Dann ging sie wie in Trance zurück in die Diele, während sie weiter nach ihrer Mutter rief. Die Tür, die von der Diele ins Wohnzimmer führte, stand ebenfalls einen Spalt breit offen. Dora sah drinnen etwas liegen, schob die Tür auf, so weit es ging, und zwängte sich in den Raum.
    »Mum?«
    Zuerst hielt sie die roten Flecken an der hinteren Wand irrtümlicherweise für Farbe. Auf dem Sofa und dem Boden waren ebenfalls große Kleckse von diesem Rot. Plötzlich fuhr ihre Hand wie von selbst an ihren Mund, und sie hörte, wie ein kleines Stöhnen durch ihren Hals nach oben drängte und in diesem schrecklichen Raum zu einem lauten Kreischen anschwoll, das nicht enden wollte. Sie hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu, um das Geräusch nicht mehr hören zu müssen, doch es war bereits in ihrem Kopf. Bei dem Rot handelte es sich nicht um Farbe, sondern Blut, Ströme von Blut, und dann wurde daraus ein dunkler, dunkler See, gleich neben dem Ding, das zu ihren Füßen lag. Ein ausgestreckter Arm, am Handgelenk eine Uhr, die immer noch die Zeit anzeigte, ein Körper in einer bequemen blauen Bluse und einer schwarzen Hose, ein halb abgestreifter Schuh. All das kannte Dora. Das Gesicht aber war kein Gesicht mehr, weil ein Auge fehlte und der zerschmetterte Mund sie durch eine breiige Masse aus zerborstenen Zähnen lautlos anschrie. Eine ganze Seite des Kopfes war eingedrückt und voller Blut, Knorpeln und Knochen, als hätte jemand versucht, möglichst viel davon zu zerstören.

U m drei Uhr fünfundzwanzig morgens, als es nicht mehr Nacht, aber auch noch nicht Tag war, wachte Frieda Klein auf. Ihr Herz raste, und ihr Mund fühlte sich trocken an. Schweißperlen standen ihr auf der Stirn. Es fiel ihr schwer zu schlucken, ja sogar zu atmen. Alles tat ihr weh: die Beine, die Schultern, die Rippen, das Gesicht. Alte Blutergüsse pochten wieder. Ein paar Sekunden lang war sie unfähig, die Augen zu öffnen. Als sie es schließlich doch schaffte, drückte die Dunkelheit sie nieder und breitete sich in alle Richtungen aus. Frieda wandte den Kopf zum Fenster. Sie wartete auf den Mittwoch – auf das Tageslicht, das die Träume verblassen
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