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Eisige Umarmung (German Edition)

Eisige Umarmung (German Edition)

Titel: Eisige Umarmung (German Edition)
Autoren: Nalini Singh
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wollte.
    „Sehen Sie sich nur um.“
    Trotzig rührte sie sich nicht. Eher würde die Hölle zufrieren, als dass sie einem Befehl von ihm folgte.
    „Die halbe Höhle schnüffelt hier rum“, sagte er. Mitleidlos. Ganz Medialer. „Wollen alle dabei sein, wenn Sie zusammenbrechen.“
    „Ich breche nicht zusammen.“ Die Röte schoss ihr ins Gesicht, als ihr klar wurde, wie viele Augen sie anstarrten. „Gehen Sie mir aus dem Weg.“ Sie wollte den Toten gar nicht mehr sehen, der mit derselben unheimlichen Präzision zugerichtet worden war, die Enrique bei allen seinen Opfern angewandt hatte – aber ihr Stolz ließ es nicht zu, dass sie sich jetzt zurückzog.
    „Sie sind irrational.“ Judd bewegte sich nicht vom Fleck. „Dieser Ort hat offenbar einen negativen Einfluss auf Ihre emotionale Stabilität. Ziehen Sie sich zurück.“ Das war ein klarer Befehl, er klang so sehr wie ein Alphatier, dass es sie auf die Palme brachte.
    „Und wenn nicht?“ Glücklich spürte sie die Wut, die er entfacht hatte – das lenkte sie ab, vertrieb die albtraumhaften Erinnerungen, die dieser Raum in ihr hervorgerufen hatte.
    Kalte Medialenaugen sahen sie an, die männliche Arroganz nahm ihr den Atem. „Dann werde ich Sie hochheben und von hier forttragen.“
    Bei dieser Antwort rauschte das Blut in ihren Adern und vertrieb den letzten scharfen Beigeschmack der Angst. Monate voller Rückschläge und Hoffnungslosigkeit, in denen sie erleben musste, wie ihre Unabhängigkeit Stück für Stück hinter einer Mauer des Behütetseins verloren ging, in denen ihr gesagt worden war, was das Beste für sie sei, in denen man andauernd an ihrem Verstand gezweifelt hatte – all das schlug jetzt wie eine Woge über ihr zusammen. „Versuchen Sie es doch!“, forderte sie ihn heraus.
    Er machte einen Schritt auf sie zu, und in ihren Fingerspitzen kribbelte es, die Krallen wollten ausfahren. O ja, sie war mehr als bereit, mit Judd Lauren aneinanderzugeraten, dem Mann aus Eis und gleichzeitig der schönste Mann, den sie je zu Gesicht bekommen hatte.

 
    2
    „Was hast du hier zu suchen, Brenna?“, fragte beißend scharf eine vertraute Stimme. Lara wartete die Antwort gar nicht erst ab. „Geh zur Seite, du blockierst den Eingang.“
    Überrascht gehorchte Brenna. Die Heilerin und einer ihrer Helfer drängten sich mit der medizinischen Ausrüstung an ihr vorbei.
    Judd hatte gleichzeitig mit Brenna die Stellung gewechselt, nahm ihr weiterhin die Sicht auf den Toten. „Es wird zu eng hier. Lara braucht Platz zum Arbeiten.“
    „Er ist doch tot.“ Brenna war klar, dass sie sich irrational verhielt, aber sie hatte es satt, immer herumgeschubst zu werden. „Sie kann ihm wohl kaum noch helfen.“
    „Und was wollen Sie mit Ihrem Hierbleiben erreichen?“ Die einfache, mit kalter medialer Präzision gestellte Frage hob die Lächerlichkeit ihres Verhaltens hervor.
    Brenna ballte die Fäuste, unterdrückte das Bedürfnis, diesen Mann zu schlagen, der immer ihre Schwachstellen fand. Sie drehte sich um und ging hinaus. Ihre Rudelgefährten folgten ihr neugierig mit den Augen. In mehr als einem Blick sah sie das vernichtende Urteil: Die arme Brenna ist noch immer übergeschnappt. Die Versuchung war groß, einfach die Augen niederzuschlagen, doch sie zwang sich, es nicht zu tun. Ihre Selbstachtung war ihr schon einmal genommen worden. Sie würde sie nie wieder preisgeben.
    Einige blickten zur Seite, als Brenna sie ansah, andere starrten sie weiter an, ohne zu blinzeln. Unter anderen Umständen hätte sie diese Unnachgiebigkeit als Herausforderung angesehen, aber jetzt wollte sie nur noch dem überwältigenden Leichengeruch entfliehen. Dennoch bemerkte sie, dass selbst die Unverschämtesten den Blick senkten, sobald ihre Augen auf den Mann hinter ihr fielen.
    „Ich kann meine Kämpfe auch ohne Ihre Hilfe austragen“, sagte sie, als sie die Menge hinter sich gelassen hatten.
    Judd folgte ihr nicht mehr wie ein Schatten, sondern ging neben ihr. „Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich etwas getan habe.“
    Wahrscheinlich stimmte das sogar, ganz sicher war sie sich nicht – die meisten Leute fürchteten sich so sehr vor Judd Lauren, dass sie unter keinen Umständen seine Aufmerksamkeit erregen wollten. „Haben Sie die Schnitte gesehen?“ Sie hatte immer noch den Geruch des Todes, des getrockneten Blutes in der Nase. „Es war genauso wie bei ihm.“ In ihrem Kopf blitzte das Bild eines glitzernden Skalpells auf. Blut spritzte. Schreie wurden von
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