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Eisberg

Titel: Eisberg
Autoren: Clive Cussler
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schaltete das Mikrophon ein. »Immer mit der Ruhe, Hadley. Was meinen Sie mit seltsam? Beobachten Sie einen Eisberg oder empfangen Sie auf Ihrem Gerät einen alten Draculafilm?«
    »Vielleicht hat er ebenfalls Ihre Horrorgeschichte gelesen«, grunzte Rapp.
    Hadley meldete sich wieder: »Wenn man nach Aussehen und Größe urteilt, ist es ein Eisberg, aber für gewöhnliches Eis ist das Signal viel zu stark.«
    »Na gut«, seufzte Neth. »Wir werden uns die Sache einmal ansehen.« Er wandte sich mißmutig an Rapp: »Seien Sie so nett und bringen Sie uns auf Kurs drei-vier-sieben.«
    Rapp nickte, zog das Steuer herum und brachte die Maschine auf den neuen Kurs. Das Flugzeug, das vom ständigen Dröhnen der vier Pratt-Whitney-Motoren vibrierte, ging sanft in die Kurve, dem neuen Ziel entgegen.
    Neth nahm das Fernglas und richtete es auf die unendliche Wasserfläche. Er stellte die Brennweite ein und hielt das Glas so ruhig, wie es ihm das Vibrieren der Maschine erlaubte.
    Dann erblickte er ihn – ein weißer unbewegter Fleck inmitten einer türkis schimmernden See.
    Langsam wuchs der Eisberg in seinem Fernglas an, als das Flugzeug sich ihm näherte. Neth ergriff das Mikrophon: »Was meinen Sie dazu, Sloan?«
    Lieutenant Jonis Sloan, an Bord zuständig für Eisberge und ihre Beobachtung, musterte den Berg durch die halbgeöffnete Tür des Laderaums hinter der Kontrollkabine.
    »Nichts Besonderes, normaler Durchschnitt«, hörte man Sloans Stimme im Kopfhörer. »Ein Tafelberg mit ebener Spitze. Ich schätze: Sechzig Meter hoch und vielleicht eine Million Tonnen schwer.«
    »Durchschnitt?« Neth schien ziemlich überrascht. »Nichts Besonderes? Ich bedanke mich für Ihre äußerst aufschlußreichen Bemerkungen, Sloan. Ich kann es kaum erwarten, bis ich ihn zu Gesicht kriege.« Er wandte sich an Rapp: »Wie hoch sind wir?«
    Rapp schaute starr geradeaus. »Dreihundertfünfzig Meter. Dieselbe Höhe, in der wir schon den ganzen Tag fliegen … und gestern auch … und vorgestern …«
    »Ich wollte mich bloß vergewissern. Danke«, unterbrach ihn Neth sarkastisch. »Sie werden es nie erfahren, Rapp, wie sehr Ihre enormen Talente an den Kontrollgeräten mir in meinem Alter ein Gefühl der Sicherheit vermitteln.« Er setzte eine verbeulte Fliegerbrille auf, schützte so seine Augen gegen den eisigen Wind und öffnete das Seitenfenster, um den Eisberg genauer zu beobachten. »Da ist er!« schrie er Rapp zu. »Fliegen Sie ein paarmal über ihn weg, dann werden wir schon entdecken, was es zu entdecken gibt!«
    Es dauerte nur ein paar Sekunden, und Neth hatte das Gefühl, sein Gesicht wäre so zerstochen wie ein Nadelkissen. Die eisige Luft riß an seiner Haut, bis sie völlig taub war. Er biß die Zähne zusammen und richtete seinen Blick fest auf den Berg.
    Die riesige Eismasse sah aus wie ein aufgetakeltes Geisterschiff, als sie majestätisch unter dem Fenster des Cockpits dahintrieb. Rapp nahm das Gas zurück, zog vorsichtig den Steuerknüppel nach links und sanft kurvte die Maschine nach Backbord ein. Er ignorierte den Richtungsanzeiger und riskierte einen Blick über Neths Schulter auf die glitzernde Eismasse.
    Er umkreiste den Berg dreimal und wartete auf das Zeichen Neths, wieder auf Geradeausflug zu gehen. Schließlich zog Neth den Kopf in die Kabine zurück und nahm das Mikrophon zur Hand: »Hadley! Der Berg ist so blank wie der Hintern eines Neugeborenen!«
    »Es muß etwas dort sein, Lieutenant«, war Hadleys Stimme zu vernehmen. »Ich habe ein wundervolles Echozeichen auf meinem …«
    »Ich glaube, ich habe ein dunkles Objekt ausgemacht, Käpt'n«, schaltete Sloan sich ein. »Knapp über der Wasserlinie auf der Westseite.«
    Neth wandte sich Rapp zu: »Gehen Sie auf sechzig bis siebzig Meter runter!«
    Rapp reagierte wie befohlen. Er umkreiste den Berg noch einmal einige Minuten lang, wobei er die Geschwindigkeit nur knapp dreißig Stundenkilometer über dem Punkt hielt, wo die Maschine abschmieren würde.
    »Näher«, murmelte Neth gespannt. »Noch mal dreißig Meter.«
    »Warum landen wir eigentlich nicht auf dem verdammten Ding?« bot Rapp beiläufig an.
    Wenn seine Nerven auch aufs äußerste angespannt waren, so ließ er sich doch nichts anmerken. Er sah aus, als wollte er gleich in tiefen Schlaf fallen. Nur die winzigen Schweißperlen über seinen Augenbrauen verrieten die totale Konzentration, die für diesen riskanten handgesteuerten Flug nötig war. Die blauen Wellen schienen so nah, daß er das Gefühl
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