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Eis und Wasser, Wasser und Eis

Titel: Eis und Wasser, Wasser und Eis
Autoren: Majgull Axelsson
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über das Wetter, lässt ihn nicht erahnen, dass sie weiß, dass er gleich stehen bleiben und hinter ihr herstarren wird. Manchmal versucht er sie anzulächeln, doch das gelingt ihm nicht so gut. Das gelingt ihm eigentlich überhaupt nicht.
    Alles ist, wie es sein soll. In der Zeit des Wartens.

Am vierten Abend erklärt sie John, dass sie lieber allein schlafen möchte, und versucht ein Lächeln zu unterdrücken, als sie sieht, wie erleichtert er ist, wie er buchstäblich aufatmet.
    »Wir müssen mal richtig ausschlafen«, sagt sie und legt den Arm um ihn, als sie draußen an Deck stehen. »Alle beide.«
    »Ja«, sagt er und fährt sich müde mit der Hand über die Stirn. »Ja. Das stimmt wirklich.«
    »Aber wir können doch vorher noch in die Bar gehen, oder?«, fragt Susanne. »Und rasch ein Glas Wein trinken.«
    »Auf jeden Fall«, stimmt John zu. »Das machen wir.«
    Susanne weiß, dass Robert in der Bar sitzt, sie hat ihn hineingehen sehen, als sie sich die Jacke anzog, um an Deck zu gehen. Er hat mit schnellen Schritten den Treffpunkt der Oden überquert, nur einen hastigen Blick in ihre Richtung geworfen, aber weder gelächelt noch genickt, und ist hinter Vincent und Amanda hergeeilt, die gerade in den Korridor zur Bar hin einbogen. Noch hat er nicht aufgegeben. Er versucht immer noch, die unnahbare Amanda mit dem blonden Haar zu erobern, obwohl sie fünfundzwanzig Jahre jünger ist, obwohl sie wunderschön ist, obwohl sie ganz offensichtlich Vincent ihm vorzieht.
    Er steht am Tresen, als John und Susanne hereinkommen, steht dort zwischen all den anderen, die sich hier drängeln, unterhalten und lachen. Vincent und Amanda haben sich ein Stück zurückgezogen, aber Robert lässt nicht locker, er versucht sich näher heranzudrängen, will Amanda verführen und Vincent vernichten. Jetzt. Sofort. Augenblicklich. Alle Lust und Gehässigkeit sind seinem Gesicht anzusehen, sie liegen nackt und bloß da. Vollkommen offen, für jeden erkennbar.
    Susanne geht nicht an die Bar. Sie setzt sich an einen Tisch, an dem Ulrika und Anders bereits sitzen, und überlässt es John, sich durchzuzwängen. Sie beobachtet Robert aus den Augenwinkeln, sieht, wie er John entdeckt und sofort mit Blicken die Bar absucht, um sie selbst zu finden, sie findet und sich damit zufriedengibt. Selbst lässt sie den Blick scheinbar gleichgültig über ihn hinweggleiten, wendet sich dann Ulrika zu und fragt:
    »Alles in Ordnung?«
    »O ja«, sagt Ulrika lächelnd. Anders sitzt neben ihr und hat einen Arm um ihre Schulter gelegt. Auch er lächelt, sieht zufriedener aus, als sie ihn je erlebt hat. Entspannt. Glücklich.
    »Und du?«
    Susanne greift nach dem Glas, das John ihr in dem Moment reicht.
    »Aber ja. Auch alles bestens.«
    Dann sitzen sie eine Weile da, schweigend und vollkommen zufrieden mit der Stille. Sie ist freundlich und wohlwollend. Erwachsen. Keiner von den anderen dreien weiß etwas von Susannes Warten, sie hat zu niemandem ein Wort darüber gesagt, was sie tun will. Sie hat John von den Besuchen in ihrer Kabine berichtet, aber das in einem ganz entspannten Ton, nicht um zu lügen oder ihn auf eine falsche Spur zu locken, sondern weil sie sich momentan wirklich ziemlich entspannt fühlt. Anders und Ulrika haben sich auch entspannt, es scheint, als hätten sie ihre Besorgnis und ihr Unbehagen gegenüber dem, was Susanne zugestoßen ist, vergessen. Seit mehreren Tagen hat keiner von ihnen mehr eine Frage hinsichtlich des Besuchers gestellt. Susanne ist ja mit John zusammen, warum sollen sie sich also Sorgen machen?
    Ja, warum sollen sie sich Sorgen machen, denkt Susanne und schaut sie an, während sie ihr Glas hebt. Sie haben schließlich nichts mit der Sache zu tun. Es gibt nur zwei Personen, die mit dieser Sache etwas zu tun haben.
    Robert steht jetzt neben Amanda. Er legt seine bandagierte Hand dicht neben ihre. Sie macht eine leicht unwillige Bewegung, rutscht ein wenig näher an Vincent heran. Er legt den Arm um sie, wendet sich Robert zu und sagt etwas. Robert antwortet nicht, versucht nur überlegen auszusehen, was ihm jedoch nicht so recht gelingen will. Er verzieht das Gesicht und wendet sich ab, geht hinter den Bartresen und schenkt sich Rotwein in ein Glas ein – ein großes Bierglas! –, das er austrinkt. Er trinkt mit großen Zügen und während er trinkt, merkt er, dass er wieder einmal ein Publikum bekommen hat. Ein paar Seeleute und Forscher lehnen über dem Tresen, sie lachen begeistert. Robert senkt das Glas,
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