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Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Titel: Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)
Autoren: Mike Krzywik-Groß , Torsten Exter , Stefan Holzhauer , Henning Mützlitz , Christian Lange , Stefan Schweikert , Judith C. Vogt , André Wiesler , Ann-Kathrin Karschnick , Eevie Demirtel , Marcus Rauchfuß , Christian Vogt
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einen Gyro-Flügler hier. Ein Meisterwerk der Æronautik aus Aluminiumstangen und Rotoren, das aus eigenem Antrieb ohne Wasserstoffzellen in der Luft fliegen konnte. Wendig wie eine Libelle und angetrieben durch eine Erlenhofen-Brennstoffzelle. Derartige Flugapparate stammten ausschließlich aus Maschinen-Margarets Manufaktur auf Hochgotland. Eine Seltenheit und der versprochene Fluchtweg aus diesem kleinen Unternehmen. Damit würden sie sich zum Festland davonmachen und dort viel Geld ausgeben können.
    Jedoch drängte sich ein Zweifel durch die Begeisterung in Eikens Hirn. Der Apparat verfügte über nur einen Sitz!
    Eiken wandte sich um und blickte in den Lauf einer Radschlosspistole, die Johan aus seinem Gewand gezaubert hatte. Wo bei Þor hatte er das Teil in dem enganliegenden Aufzug verstecken können? In seinem Arsch?
    „Tut mir leid, keine Zeugen“, stellte der Gnostiker fest.
    „Du wusstest die ganze Zeit über, dass dieses Ding nur einen Sitz hat!“, brummte Eiken. „Mieser Hundsfott! Ich wusste doch, dass ein heimtückischer Kerl wie du kein meditierender Pfaffe sein kann. Aarem Knech, ich habe dir keinen Augenblick …“
    Johan drückte ab, die Feuerwaffe direkt auf Eikens Gesicht gerichtet. Der Rauch und der Blitz des entzündeten Pulvers nahmen dem Friesen die Sicht. Dann ging er auf den falschen Gnostiker los.
    Die Waffe war in Johans Hand explodiert. Eiken hatte noch auf der Salzsturm den Reisesack des Burschen durchsucht, die Waffe gefunden und den Lauf mit öligen Stofffetzen manipuliert.
    Eiken hätte sicher nicht so lange unter bösartigen Luftschiffpiraten überlebt, wenn er blindlings irgendwelchen dahergelaufenen Kerlen und ihren leeren Versprechungen vertraut hätte. Er sicherte sich gerne ab und wusste, wer seine Freunde waren.
    „Ich bin doch nicht blöd!“, spie Eiken Johan ins Gesicht, während sich die Pranken des Friesen um die Kehle des schmalen Manns schlossen.

    „Aber eine Gratifikation darf drin sein. Ich riskiere ja schließlich ‘ne Menge für die Mannschaft!“, versicherte sich der Stürzer selbst, als er die Bibel heimlich in einer Umhängetasche verstaute, kurz bevor seine Kameraden den Frachtraum betraten – Musketen und Pistolen, Schilde und Klingen in den Händen.
    „Da bist du! Das Schiff ist unser. Wo ist Heinrik?“, rief ihm Neele zu.
    „Tot“, brummelte Eiken.
    Die kleine Piratin mit der Zahnlücke wies mit ihrem Kurzschwert auf den Gyro-Flügler.
    „Lass uns das Ding von Bord schaffen, ehe das Schiff hier zu viel Gas verloren hat und ins Meer stürzt.“
    „Klar. Was meinst du, was ich hier gerade vorbereite? Ich bin doch nicht blöd!“

    Eiken genoss mit geschlossenen Augen die Wärme im Gesicht, als er sich einen Schluck Cognac aus der Flasche genehmigte. Die Bibel war ein Vermögen wert gewesen. Ein Sammler hatte ihn mit Reichsmark überschüttet. Sein Angebot hatte Eikens Vorstellung um ein Vielfaches überstiegen.
    „Aber was mache ich, ich Idiot?“, dachte er. „Ich nehme das Wort Gleichteiler ernst, kaum dass ich zu bechern anfange.“
    Der Kohleofen der Salzsturm strahlte eine wohlige Hitze aus, die Dampfmaschine lief gleichmäßig. Die Beute hatte durch die Bibel gereicht, die Gaszellen mit Helium zu füllen, was sich sonst nur die reichsten Handelsmagnaten und Spezialschiffe des Militärs leisten konnte. Helium war im Gegensatz zu Wasserstoff nicht brennbar – ein außerordentlich tröstlicher Gedanke, wenn man in ihrem Gewerbe unterwegs war. Sie konnten sogar den Gyro-Flügler behalten. So ausgestattet würden sie bald als gefürchtetste Friesen seit Störtebeker bekannt sein, der ein Vierteljahrhundert zuvor mit seinen Luftschiffen selbst der Lufthanse getrotzt hatte.
    Er fühlte Neeles Hand auf seiner Schulter.
    „Komm, Großer. Zur Steuerkanzel. Unsere Wache fängt an.“
    Er schloss noch einmal die Augen und stellte sich vor, in der Sonne Siziliens zu liegen, dann nahm er einen letzten Schluck aus der Flasche und grunzte zustimmend.
    „Mit Helium im Bauch fährt die Salzsturm majestätisch wie der friesische Adler. Nicht schlecht, du bist wirklich nicht blöd!“, lobte sie ihn mit einem Lächeln.

Totenliebe

    von Torsten Exter
    D ie Nacht brachte ihre Klänge mit sich. Pfeifender Wind, der verdrießlich um die Häuser strich. Die permanente Brandung eisiger Wellen. Detonationen tausender Wassertropfen.
    Rattenjunge kauerte in einer dunklen Gasse. Der dünne Knochen in seiner Hand war längst abgenagt, aber er schob ihn immer
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