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Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Titel: Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt
Autoren: Alexander Moszkowski
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meinte Einstein, lagen nicht auf meinem Wege. Das mußte ja stimmen! Es handelte sich nur darum, das Ergebnissauber hinzustellen. Daß es sich mit den Beobachtungen decken würde, war mir auch nicht eine Sekunde zweifelhaft. Und es hat keinen Sinn, sich über Selbstverständliches aufzuregen.
    Betrachten wir nun abseits jenes Gespräches, aber im Zusammenhange damit einige Daten der Naturkunde, über die sich zwar nicht Einstein, dafür aber die Welt desto stärker aufgeregt hat; und verknüpfen wir sie erläuternd mit dem Ergebnis eines Vorgängers, der, wie Einstein, auf dem Papier feststellte, was sich am Firmament zu ereignen hatte.
    Wenn man ehedem einen besonders kräftigen Trumpf der Forschung ausspielen wollte, so nannte man wohl die Tat des französischen Forschers Leverrier , der einen bis dahin völlig unbekannten, nie gesehenen Wandelstern mit der Feder in der Hand dingfest machte. Aus gewissen Störungen im Lauf des damals äußersten Planeten Uranus war ihm die Gewißheit von der Existenz eines noch entfernteren Planeten aufgestiegen, und lediglich mit den Hilfsmitteln der theoretischen Himmelsmechanik, auf Grund des Drei-Körper-Problems, gelang es ihm, aus dem Sichtbaren das Verborgene zu erschließen. Das Resultat seiner Berechnungen meldete er vor nunmehr einem dreiviertel Jahrhundert der Berliner Sternwarte, die damals über vergleichsweise überlegene Instrumente verfügte; und hier begab sich das Erstaunliche: noch am nämlichen Abend fand der Berliner Beobachter, Gottfried Galle , den angesagten neuen Stern fast genau an der angesagten Himmelsstelle, nur um eine halbe Mondbreite abstehend von dem vorbestimmten Punkt. Der neue Planet Neptun , der äußerste körperliche Vorposten unseres Sonnensystems, saß gefangen im Teleskop, das scheinbar Unerforschliche kapitulierte vor der Gedankenarbeit eines rechnenden Gelehrten, der sinnend im stillen Gemach seine Zirkel entworfen hatte.
    Das war nun freilich verblüffend genug. Aber immerhin: das fabelhafte, die Phantasie so mächtig erregende Ergebnis wurzelte in der Wirklichkeit, lag in der geraden Linie der Forschung, floß mit zwingender Notwendigkeit aus den damals bekannten Bewegungsgesetzen und offenbarte sich als ein neuer Beweis für die längst anerkannten und souverän gültigen astronomischen Grundlehren. Diese hatte Leverrier nicht geschaffen, sondern vorgefunden und freilich in höchst genialer Weise angewandt. Wenn einer heute bei genügender Vorbildung die extrem verwickelte Rechnung Leverriers vornimmt, so hat er alle Ursache, eine durchaus mathematische Arbeit zu bestaunen.
    Wir haben in unseren Tagen Bedeutsameres erlebt. Es traten in den Beobachtungen am Himmelsdom Unregelmäßigkeiten undUnerklärbarkeiten auf, denen in keiner Weise nach den gültigen Methoden der klassischen Mechanik beizukommen war. Zu ihrer Erklärung waren grundstürzende Denkakte notwendig. Bis ins tiefste Fundament hinein mußte die menschliche Anschauung von der Magna Charta des Weltgebäudes umgeformt werden, um die Probleme zu erfassen, die gleichzeitig im Größten wie im Kleinsten auftraten, in den Umläufen der Sterne, wie in den Bewegungen der letzten, aller direkten Wahrnehmbarkeit entrückten Atom-Bestandteile der Körperwelt. Es galt, durch tiefste Ergründung des Weltsystems jene Lehren zu vollenden, die in den Geistestaten von Kopernikus, Galilei, Kepler, Newton die Wahrheit in ihren Grundzügen verkündet, aber nicht erschöpft hatten. Hier tritt Einstein hervor.
    Hatte sich der äußerste Planet, Neptun , durch seine bloße Nachweisbarkeit den vorhandenen Gesetzen gefügt, so erwies sich der innerste, Merkur , als störrisch gegenüber den feinsten Errechnungsformeln. Es verblieb ein unlösbarer Rest, eine Unstimmigkeit, die in Zahlen und Worte gefaßt, recht winzig erschien und doch ein tiefes Geheimnis umschloß. Worin lag diese Unstimmigkeit? In einer Bogendifferenz, die gleichfalls von Leverrier entdeckt, allen Erklärungsversuchen trotzte. Es handelte sich um etwa 45 unmerklich kleine Größenwerte, – Bogensekunden – , die fast zu verschwinden schienen, da sich die Abweichung nicht etwa auf einen Monat oder auf ein Jahr erstreckte, sondern, alles in allem, auf ein volles Jahrhundert bezogen werden sollte. Um so viel, so wenig, differierte die Drehung der Merkurbahn im Sinne der Bahnbewegung von dem sozusagen erlaubten astronomischen Werte. Die Beobachtung war exakt, die Berechnung war exakt, folglich –?
    Folglich mußte in den
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