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Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Titel: Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt
Autoren: Alexander Moszkowski
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den Eltern, die selbst in beengten Verhältnissen lebten, hatte er materielle Hilfe nicht zu erwarten, und so finden wir ihn bald darauf in Schaffhausen und Bern, wo er sich als Privatlehrer kümmerlich genug durchschlug.
    Ihm verblieb als Trost die Wahrung einer gewissen Selbständigkeit, wie ihn ja sein Freiheitsinstinkt durchweg dazu anhielt, das Wesentliche in sich selbst zu suchen. So hatte er auch zuvor während seiner Züricher Studien die theoretische Physik fast durchweg nicht im Anschluß an die Vorlesungen im Polytechnikum, sondern in häuslicher Arbeit betrieben, mit Versenkung in die Werke von Kirchhoff, Helmholtz, Hertz, Boltzmann und Drude. Außerhalb der chronologischen Ordnung erwähnen wir, daß er für diese Studien eine in gleicher Linie strebende Partnerin fand, eine südslawische Studentin, die er im Jahre 1903 heiratete. Diese Ehe wurde nach einer Reihe von Jahren getrennt. Er fand später an der Seite seiner ebenso anmutigen wie intelligenten Kusine Else Einstein, mit der er sich in Berlin vermählte, das Ideal häuslichen Glückes.
    Im Jahre 1901 erwarb er nach fünfjährigem Aufenthalt in der Schweiz das Bürgerrecht der Stadt Zürich, und damit öffnete sich ihm endlich die Aussicht, aus der materiellen Misere herauszukommen. Sein Universitätsfreund Marcel Grossmann reichte ihm hilfreiche Hand durch Empfehlung an das Schweizer Patentamt, dessen Direktor Haller ihm nahestand. Dort betätigte sich Einstein von 1902 bis 1909 als technischer Experte, das heißt als Vorprüfer für Patentgesuche, und diese Stellung verschaffte ihm die Möglichkeit, sich im weitesten Maße auf den Gebieten der Technik zu tummeln. Wer sich einseitig auf den Begriff der »Entdeckung« versteift, den wird es vielleicht befremden, Einstein solange im Bereich der »Erfindungen« anzutreffen. BeideGebiete aber vereinigen sich in der Gemeinsamkeit der Denkschärfe, und Einstein selbst hält es für wichtig, darauf mit allem Nachdruck hinzuweisen. Für ihn besteht ein sicherer Zusammenhang zwischen den Kenntnissen, die er sich am Patentamt erwarb, und den theoretischen Ergebnissen, die in nämlicher Zeit als Proben seiner Denkschärfe ans Tageslicht traten.
    Mitten in seiner Praxis, 1905, brach es in ihm hervor, in Sturm und Drang, geradezu blitzartig. In dichter Folge entband sich sein Geist von einer in mehrjähriger Vorarbeit aufgespeicherten Gedankenfülle, die uns mehr zu bedeuten hat, als nur ein bestimmtes Stadium in der Entwicklung eines Einzelnen. In ihm war reif geworden, was sich der physikalischen Welt weiterhin als Vervollkommnung der Erbschaft Galileis und Newtons darstellte. Hier seien nur etliche Titel seiner Abhandlungen genannt, sämtlich von 1905, in den Annalen der Physik veröffentlicht: »Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt«; »Über die Trägheit der Energie«; »Das Gesetz der Brownschen Bewegung«; und als die bedeutsamste: »Zur Elektrodynamik bewegter Körper«, welche als Abhandlung die grundstürzende und grundlegende Theorie der speziellen Relativität in sich trug; Dazu trat, immer noch vom nämlichen Jahresdatum, die Doktordissertation: »Eine neue Bestimmung der Moleküldimensionen«.
    Alles in allem: ein Lebenswerk, das der Geschichte der Wissenschaften angehört. Es währte freilich noch geraume Zeit, ehe es seinen offenkundigen Eroberungszug antrat, und man dürfte hinzufügen, daß sich in jenen Abhandlungen Einzelschätze eingelagert befinden, die lange Jahre unverstanden blieben. Allein es fehlte dem jugendlichen Forscher auch nicht an Zeichen freundlicher und verständisvoller Beachtung: er erhielt von dem berühmten Physiker Max Planck – der ihm persönlich damals noch ganz fernstand – einen außerordentlich herzlichen Brief, als beglückendes Echo seines Aufsatzes »Zur Elektrodynamik bewegter Körper«. Dieses Schreiben war das erste Diplom, der Vorläufer aller Ehrungen, die später wie eine Brandung auf ihn einstürmten.
    Es lag in seiner Absicht, eine Universitätsdozentur zu erlangen. Der Habilitation in Bern stellten sich zuerst wiederum Schwierigkeiten entgegen, die vielleicht nicht aufgetaucht wären, wenn er seine Sache energischer betrieben hätte. Und als ihm schließlich dennoch in Bern ein Lehrstuhl bereitgestellt wurde, – er hat ihn nur ganz kurze Zeit geziert – streckte ihm Zürichbereits verlangende Arme entgegen. Dorthin wurde er 1909 als Professor extraordinarius berufen für theoretische
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