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Eines Greifen Ei

Eines Greifen Ei

Titel: Eines Greifen Ei
Autoren: Michael Swanwick
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geschickt wurden. Gunther ging von Büro zu Büro und schlug in mehreren Räumen auf die Aus-Schalter von Flachbildschirmen, die bei der Katastrophe angelassen worden waren und seither flackerten.
    Es war gespenstisch, durch die normalerweise mit emsigem Treiben erfüllten Räume zu wandeln und niemanden anzutreffen. Die Schreibtische und die mit allerlei Zeug vollgepackten Werkbänke waren in systematischer Unordnung verlassen worden, als ob die daran Arbeitenden nur eben für eine kurze Pause hinausgegangen wären und jeden Augenblick zurückkommen würden. Gunther ertappte sich dabei, wie er sich erschreckt umdrehte und nur seinem eigenen Schatten begegnete, und bei unerwarteten Geräuschen zusammenzuckte. Mit jedem Apparat, den er ausschaltete, wuchs die Stille in seinem Rücken. Die Einsamkeit wurde ihm doppelt so deutlich wie draußen auf der Oberfläche.
    Er löschte ein letztes Licht und trat hinaus in den düsteren Gang. Zwei Anzuggestalten mit eingewebten H-und-A-Schriftzeichen auf der Brust tauchten aus dem Schatten auf. Er machte vor Schreck einen Satz. Die Anzuggestalten bewegten sich nicht. Er lachte kläglich über sich selbst und schob sich an ihnen vorbei. Sie waren natürlich leer - es gab keine Komponenten von Hyundai Aerospace unter den Nichtbetroffenen. Jemand hatte einfach vor dem Ausbruch des Wahnsinns diese Anzüge zur vorübergehenden Aufbewahrung hier zurückgelassen.
    Die Anzuggestalten griffen nach ihm.
    »He!« Er schrie entsetzt auf, als sie ihn an den Armen packten und von den Füßen hoben. Einer von ihnen hakte den PeCe von seinem Geschirr los und ließ ihn zuschnappen. Bevor er wußte, wie ihm geschah, wurde er eine kurze Treppe hinunter und durch eine Tür gestoßen.
    »Mr. Weil.«
    Er befand sich in einem hohen in den Felsen gehauenen Raum, der der Unterbringung von Luftdosiersystemen dienen sollte, die noch gar nicht konstruiert waren. Ein hoch oben angebrachtes Band provisorischer Arbeitslampen spendete fahles Licht. Auf der anderen Seite des Raums saß eine Anzuggestalt hinter einem Schreibtisch, und zu seinen beiden Seiten standen zwei weitere. Sie alle trugen Anzüge mit dem Schriftzeichen von Hyundai Aerospace. Er hatte keine Möglichkeit, sie zu identifizieren.
    Die Anzuggestalten, die ihn hereingebracht hatten, verschränkten die Arme.
    »Was geht hier vor?« fragte Gunther. »Wer sind Sie?«
    »Sie sind die letzte Person, der wir das verraten würden.« Er konnte nicht erkennen, welcher von ihnen gesprochen hatte. Die Stimme kam über seine Sprechanlage, durch einen elektronischen Filter geschlechtslos und unpersönlich gemacht. »Mr. Weil, Sie werden beschuldigt, Verbrechen gegen Ihre Mitbürger begangen zu haben. Haben Sie etwas zu Ihrer Verteidigung anzuführen?«
    »Wie bitte?« Gunther sah die Anzuggestalten vor sich und zu beiden Seiten an. Sie waren vollkommen identisch, nicht voneinander zu unterscheiden, und plötzlich hatte er Angst, zu welchen Handlungen sich die Leute darin die Freiheit nehmen könnten, in ihrer Rüstung der Anonymität. »Hören Sie, Sie haben kein Recht zu so etwas. Es gibt eine für solche Fälle zuständige Regierungseinrichtung, wenn Sie Beschwerden gegen mich vorzubringen haben.«
    »Nicht alle sind mit der Regierung der Ismailowa zufrieden«, entgegnete der Richter.
    »Aber sie hat nun mal das KMP unter sich, und wir könnten Bootstrap nicht in Betrieb halten, wenn das KMP nicht die Irren steuern würde«, fügte ein zweiter hinzu.
    »Wir müssen sie mit unseren Aktionen einfach umgehen.« Vielleicht war das der Richter gewesen, vielleicht eine noch andere Anzuggestalt. Gunther hätte es nicht zu sagen vermocht.
    »Möchten Sie sich in eigener Sache äußern?«
    »Was genau wird mir vorgeworfen?« fragte Gunther verzweifelt. »Nun gut, vielleicht habe ich etwas Falsches getan; ich möchte diese Möglichkeit nicht vollkommen ausschließen. Aber vielleicht begreifen Sie meine Situation einfach nicht. Haben Sie das in Betracht gezogen?«
    Schweigen.
    »Ich meine, was erzürnt Sie denn? Ist es wegen Posner? Da mir das nicht leid tut, werde ich mich deshalb nicht entschuldigen. Man darf Menschen nicht einfach mißhandeln, nur weil sie krank sind. Sie sind immer noch Menschen, wie alle anderen auch. Sie haben ihre Rechte.«
    Schweigen.
    »Wenn Sie mich jedoch für einen Spion oder so etwas halten, der herumläuft und Leute an Ek ... an die Ismailowa verrät, dann ist das schlichtweg nicht wahr. Ich meine, ich spreche natürlich mit ihr; ich
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